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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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halten Sie von ihr?“
    „Sie dürfte auf jeden Fall einzigartig sein“, sagte ich.
    Cindy und Dennis lachten. Luke war nicht im Zimmer. Karl goss sich gerade eine Tasse Kaffee ein, und Martin kam die Treppe herab. Hayden war nicht im Kindersitz, Martin hatte ihn wohl gerade zu Bett gebracht.
    Wo blieb Rory mit seinen Sachen?
    Was hatten Karl und Martin in der Küche diskutiert?
    Vor allem: Woher kam Dennis’ und Cindys Übereifer? Sie hatten versprochen, Rory auszurichten, dass wir mit ihm reden wollten; das war eine Sache. Ihn gleich einzufangen und praktisch zu verschleppen war eine ganz andere. Hätten Dylan oder Karl ihn herausgebracht, wäre das nicht weiter erstaunlich gewesen, aber Cindy und Dennis?
    Sofort ging mein Kopf seiner eigenen Wege. Es gab kaum etwas Inspirierenderes, als allein in einer Gruppe von Menschen zu sein, die sich lebhaft unterhielten und einem keine Beachtung schenkten. Ich fragte mich, wie die Corinther bei solchem Schnee Gräber aushoben. Gefror der Boden hier wie in der Tundra? Würde ich einen Schneepflug zu Gesicht kriegen? Waren Schneepflüge auch für Auffahrten zuständig?
    „Roe? Roe?“
    „Ja?“, keuchte ich aufgeschreckt.
    „Tut mir leid.“ Margaret klang besorgt. „Aber ich sagte gerade, wir wollen jetzt aufbrechen. Sie schienen etwas weggetreten zu sein.“
    „Ich muss wohl geträumt haben. Entschuldigen Sie.“ Ich versuchte, das möglichst beiläufig klingen zu lassen. „Danke, dass Sie zu meiner Rettung geeilt sind.“
    „Ich glaube, ich habe meine Handtasche in der Küche liegen lassen.“
    „Ja, warten Sie, ich hole Sie.“ Ich eilte in die Küche. An der Wand neben der Hintertür zur Küchenveranda lehnte eine Flinte, was ich mit einem flächendeckenden Blick erfasste. Dann griff ich schnell nach Margarets Handtasche, eilte zurück ins Wohnzimmer und gab sie ihr.
    „Karls Auto steht ja gar nicht mehr draußen.“ Margaret sah mich fragend an. Ich zuckte die Achseln.
    „Was fragen Sie mich? Männer sind bizarre Wesen“, sagte ich aufgeräumt.
    So etwas wie Belustigung huschte über das bleiche Gesicht. „Kommen Sie mich besuchen“, bat Margaret herzlich, ehe sie den anderen zum Abschied zuwinkte, um sich dann mit ihrem Mann vorsichtig einen Weg durch den aufgewühlten Schnee zu den Autos zu bahnen.
    Jetzt blockierten zwei Autos weniger den Blick auf das kleine Wäldchen. Ich belud das Tablett mit leeren Bechern, als ich ein seltsames Rascheln hörte, das, noch seltsamer, aus meinem Blinddarm zu kommen schien.
    Während ich das Tablett in die Küche trug und behutsam auf dem Tresen abstellte, dachte ich über dieses Geräusch nach. Ich sah sogar besorgt an mir herunter, was ich nur ungern zugebe, denn gleich darauf verstand ich, dass nicht mein Körper, sondern das Babyphon seltsame Töne von sich gab, und ich kam mir vor wie der letzte Volltrottel. Höchstwahrscheinlich hatte sich Hayden in seinem Bettchen bewegt.
    Aber ... Rascheln? In diesem Augenblick betrat Karl den Raum, ein leeres Paket Zucker in der Hand. Er sah sich um, fand den Mülleimer und ließ die Packung hineinfallen. Da er ein höflicher, ordentlicher Mensch war, fragte er mich nicht, warum ich dastand und ein Babyphon anstarrte, als würde es mit mir kommunizieren. Aber er war nicht nur ein höflicher, ordentlicher Mensch, er war auch der Mann, der gerade draußen mit einem Gewehr umhergegangen war, und daher kam er nicht umhin, meine Konzentration zu bemerken. Er sah mich an und deutete fragend auf das Gerät in meiner Hand.
    „Pst, hören Sie!“, flüsterte ich, als würde das Empfangsgerät meine Worte laut übertragen. Ich hielt ihm das Babyphon ans Ohr. Karl schien konsterniert; aus dem Rascheln, das ich gehört hatte, war eine Reihe anderer und ebenso unverständlicher Geräusche geworden. Wir hörten einen leisen Knall, gefolgt von leisem Rasseln und den unverwechselbaren, leisen Lauten eines Kindes, das sich im Schlaf bewegt. Dann erklangen Schritte, die langsam leiser wurden.
    „Eh!“, ertönte Haydens Stimme, daher wusste ich, dass mit ihm alles in Ordnung war. Ich folgte dem Geräusch der Schritte und sah durch die offene Küchentür und das Wohnzimmer, wie Rory Brown die Treppe herunterkam, seinen Rucksack in der einen, eine mit Kleidung vollgestopfte braune Papiertüte in der anderen Hand.
    „Er hat etwas aus Haydens Zimmer geholt“, rief ich Karl zu. Noch bevor ich wusste, was ich tat, war ich bereits die Treppe hoch gelaufen. Ich lief an Rory vorbei, ohne ihn auch

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