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Der Narr

Der Narr

Titel: Der Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Papp
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Kratochvil. »Gefährdung nennen sie es. Ich frage Sie, wenn die Mutter tagein, tagaus säuft, ist das etwa keine Gefährdung?«
    Heisenstein sah seinen Gast fragend an. In diesem Moment fiel der Ex-Knacki, der sich die ganze Zeit bemüht hatte, hochdeutsch zu sprechen, in den Dialekt: »I muaß da Klanen des Meer zagn. Oba die Oide …«
    »Können Sie mit einer 44er umgehen?«, unterbrach ihn Heisenstein.
    Kratochvil nickte.
    »Meine Freind sogn Joe zu mia!«
    »Komm heute Abend bei mir vorbei, Joe. Du bekommst alles, was du brauchst.«
    »Danke Dr. Heistenstein!«

    *

    Lange war die Fahrt für Remmel eine Qual gewesen. Alles war für ihn eine Bedrohung! Ständig diese Raser – und Hanni war die Schlimmste von ihnen. Furchtbar, diese riskanten Überholmanöver. Ständig musste er den Tacho des Golfs überwachen! Kaum wandte er die Augen ab, fuhr Hanni wie eine Wilde, anstatt als Ordnungshüterin mit gutem Beispiel voranzugehen. Und dann auch noch während des Fahrens immer wieder aus dieser verdammten Thermoskanne einen Yogi-Tee in den Becher leeren. Am liebsten hätte er dieses verdammte Ding aus dem Fenster geworfen.
    Eigentlich hätte er sie anzeigen müssen. Vielleicht hätte er das auch getan, wenn da nicht etwas in sein Sichtfeld gelangt wäre, das seine Laune erheblich besserte. Was für einen Wallfahrer das sich in der Sonne spiegelnde Kreuz einer Kathedrale war, war für Remmel das künstlich beleuchtete, goldene M. Schon aus weiter Ferne verkündete es eine baldige Labung und Erlösung der Hungernden. Was für den einen Pilger die spirituelle Erfüllung, war für einen Jünger des Schnitzels die Völlerei.
    Remmel konnte es kaum erwarten, bis Hanni in der Marktgemeinde Mauthausen das Auto am Parkplatz des Fastfood-Tempels abstellte. Seine Kollegin wollte gerade zu einer kurzen Ansprache über die Geschichte des Ortes ansetzen, da war er auch schon durch den Eingang ins Innere des Restaurants verschwunden. Die beiden Riesenburger der Themenwoche. Von einem alleine wurde man ja nicht satt! Dazu ordentlich fettige Pommes und ein halber Liter Cola. Alles ›Supersize‹, wie es sich gehörte. Abgerundet wurde das Fresspaket noch mit Hühner-Nuggets und einem kleinen, aber feinen Cheeseburger mit extra viel Käse ›zum Dessert‹ .
    Jeder Ärger war schon nach dem ersten Bissen vergessen. Während Hanni tankte, war er, wie es sich als Beifahrer gehörte, auch noch in den Shop der Tankstelle gewatschelt, um Proviant für die Weiterfahrt aufzustocken.
    Man hätte meinen können, er hätte den Shop geplündert, als er mit seiner Beute zufrieden zum Auto zurückstolzierte, obwohl er, wie sich später herausstellen sollte, Hannis Äpfel, um die sie ihn gebeten hatte, vergessen hatte. Schon bald war der Innenraum des Autos übersät mit den geöffneten Verpackungen der erbeuteten Süßigkeiten. Hier und da landete auch einmal ein ›saures Stangerl‹ auf dem Boden und für den Schokoladefleck am Beifahrersitz hätte sich Remmel früher einmal vielleicht sogar geschämt.
    Nur Hanni war etwas bleich, während er sich Stück um Stück von dem ungesunden Zeug in den Rachen schob. Ob nun der Salat des Fastfood-Lokals oder die Gummibärchen, von denen sie gekostet hatte, Schuld hatten, würde ewig ungeklärt bleiben. Fest stand: Ihr war schlecht und ihre Laune wurde auch dadurch nicht besser, dass sie ab dem Ortsende von Mauthausen auf den massiven Rücken eines hiesigen Bauern starren musste. »Über den Fahrstil erfährt man auch viel über die Leute einer Gegend«, hatte irgendjemand einmal gesagt. Obwohl der stoische Traktorfahrer vor ihnen mehrfach die Chance dazu gehabt hätte, er hatte keine Sekunde lang auch nur einen Millimeter Platz gemacht, um zumindest einen kleinen Teil der stetig anwachsenden Kolonne hinter ihm vorbeizulassen. Er blieb seelenruhig und ließ sich von dem Hupkonzert hinter sich nicht aus der Ruhe bringen.
    Remmel blickte auf saubere Häuser, die sich neben der Landstraße aneinanderreihten. Sie waren schön säuberlich mit Thujen voneinander getrennt, so als wären klardefinierte Grenzen das A und O einer guten Nachbarschaft. Da und dort ein zünftiges Wirtshaus, immer mit dem Wappen einer Biermarke ausgestattet, das dort augenscheinlich schon vor mehreren Jahrzehnten angebracht worden war.
    Hin und wieder passierten sie eine hölzerne Storchfigur, der ein Gratulant ein Bündel mit einer Babypuppe in den Schnabel gehängt hatte. Dann und wann fielen dem Chefinspektor auch Schilder mit

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