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Der Narr

Der Narr

Titel: Der Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Papp
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Ordnung, aber bei ›offenkundig schwachsinnigem Gelabere‹ sollte ein Bußgeld verhängt werden. So mancher Landsmann würde dann zwar ins Armenhaus kommen, aber wenigstens hätte der Staat bald seine Schulden los.
    »Oh ja, Remmel!«, sagte er sich zitternd, als er vor dem drohenden Ende stand. »Dieses Mal hättest du selbst Deppensteuer bezahlen müssen.«
    Er war wieder einmal ›besonders schlau‹ gewesen! Kaum hatte die Kollegin Romana, eine passionierte Dramaqueen und für ihren Faible für Klatsch bekannt, den Mund aufgemacht, war es um den Kämpfer wider hirnlose Aussagen geschehen. Rein gar nichts wissen, aber altklug dahin palavern. Felsenfest von sich überzeugt, forderte die Kollegin, Kopfgeld für den Bären auszusetzen. Als sie von Grenzkontrollen für Bären zu sprechen begann, war es um ihn geschehen.
    Das Monster war nur mehr einen Meter entfernt.
    »Armer, armer Remmel! Wieso hast du nicht einfach weiter in Ruhe deine Leberkassemmel gegessen?«
    In seiner Erinnerung klangen seine Worte, als hätte er sie erst fünf Minuten zuvor gebrüllt. »Es ist eher wahrscheinlich, dass ich an einer Rauchgasvergiftung bei all dem Schaß, den Sie von sich geben, sterbe, als bei einer Bärenattacke.«
    Aber da stand er nun: Aug in Aug mit einem Bären. Als sich das Monstrum aufrichtete, fiel dem Chefinspektor wieder ein, dass er der Kollegin Romana auch seinen dicken Hintern gezeigt hatte, um sie weiter zu verhöhnen.
    Remmel hätte durchaus auch fragen können, aber er musste unbedingt seinen Kopf in das hintere Zirkuszelt stecken, weil er unbedingt herausfinden wollte, was es darin zu sehen gab.
    Der Bär kam allmählich in seine Reichweite. Remmel überlegte sich, ob er schreien sollte. Zu spät, der Bär begann bereits damit, ihn zu beschnuppern. Er fing bei den Schuhen an, richtete sich langsam auf und verharrte mit seiner Schnauze über Remmels Hemd, genauer seiner Brusttasche.
    In diesem Moment hatte Remmel verstanden. Das sanfte Grollen von Meister Petz war eine Art Botschaft. Plötzlich war er eins mit dem Bären. Der Schokoriegel in der Brusttasche des Hemdes, er holte ihn langsam hervor und reichte ihm den braunen Riesen. Schmatzend verzehrte Meister Petz den Snack. Selten wirkte ein Tier so zufrieden, stellte Remmel fest, als der Bär sich gemächlich zu Füßen des Ermittlers niederließ. Natürlich war Remmel schon vorab klar gewesen, dass es sich bei seinem neuen Freund nicht um einen wilden Bären handelte. Ein österreichischer Bär. Was konnte der sonst im Sinn haben, außer zu fressen?
    In diesem Moment steckte ein älterer Mann seinen Kopf in das Zelt. Mit leicht slawischen Akzent meinte er nur: »Ah! Ich sehe, Sie haben mit Viktor Freundschaft geschlossen. Sie haben aber auch viel von einem Bären in sich. Kein Wunder, dass er sie mag.«
    »So ein Blödsinn«, brummte Remmel und wandte sich dem Herrn zu.

    *

    Vor dem Zelt ging seine Kollegin unruhig auf und ab.
    »Musst du deine Nase überall hineinstecken?«, fuhr sie ihn erbost an. Remmel war verzückt, am liebsten hätte er gejubelt: Sein Schicksal war ihr also nicht ganz egal.
    »Das ist Professor Minsk«, grummelte sie.
    Der Chefinspektor reichte Minsk die Hand. Er schätzte den komischen Kauz in weinrotem Jackett zu weißem Hemd und grauer Stoffhose auf etwa sechzig Jahre. Das Modernste an ihm war die runde schwarze Sonnenbrille, die sein markantes, kantiges Gesicht mit grauem Pferdeschwanz noch mysteriöser wirken ließ.
    Obwohl er kein Aushängeschild der Medien war, wurde Minsk im Polizeiakt als gefährlicher Okkultist eingestuft. Kirchenvertreter betrachteten ihn als ernste Gefahr für das Seelenheil ihrer Schäfchen, seit er vor dreißig Jahren das erste Mal durch das Land gezogen war. Es soll vorgekommen sein, dass die Artisten nach Beschwerden auf höchster Ebene verfrüht weiterzuziehen hatten.
    Man sah dem Zirkus sein Alter allerdings nicht an. Die Wägen waren blitzblank gewienert und sorgfältig gewartet worden. Es handelte sich eindeutig nicht um rostige Karren, bei denen der Lack abblättert und die Autos sahen nicht aus, als würden sie nur mithilfe eines Fußtrittes anspringen. Der Inhaber wirkte auf Remmel mit seinem altmodischen Frack eher wie ein Manager als ein Direktor der alten Schule. Weder gab es eine Freakshow, noch war der Platz von Verrückten oder verkrachten Existenzen bevölkert. Alles war perfekt aufeinander abgestimmt.
    Allein Minsk schien das letzte Relikt der alten Zeit zu sein. Sein Showwagen, der

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