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Der Narr

Der Narr

Titel: Der Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Papp
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Eroberung, die überall entweder Neid oder Bewunderung hervorrufen würde. Die Vorstellung des Koitus mit ihr wird zur fixen Idee. Ihre Verehrer fangen an, sie zu vergöttern. Sie stellen sich genau vor, wie es sein würde, wenn sie sich auszieht und wie es sich anfühlt, wenn ...« Remmel lief rot an und winkte dann ab. Gleich darauf hob er wieder an: »Was also macht der verstoßene ›Don Quijote‹? Er schützt seine Investition. Er redet sich ein, dass alles nicht umsonst war und er immer noch die Chance hat, der Erste zu werden.«
    Remmel öffnete ein Säckchen Gummibären und fuhr weiter fort, wie Dr. Freud zu analysieren. Hanni bekam es mit der Angst zu tun. Es fehlte nicht viel und er würde mit seinen ausufernden Handbewegungen wieder einmal versehentlich den Rückspiegel herunterreißen.
    »Ab diesem Zeitpunkt existieren zwei Personen: Die idealisierte Alice im Kopf des Verehrers – das weibliche Ebenbild des weißen Prinzen – und die echte Alice, die neben ihren Vorzügen auch ihre Makel und Schönheitsfehler hat. Die Umworbene aber weiß um die Macht ihres ›Nein‹. Mit jedem ›Nein‹ wird sie noch härter umworben. Gleichzeitig bringt sie sich mit jeder Ablehnung auch in eine Misere. Mit jedem neuen Werber tritt ein neuer Mann in ihr Leben, den sie mit den Vorherigen vergleichen kann. Nach dem Motto: ›Da hätte ich doch jemand anderen auch nehmen können‹, schafft niemand es, die Spitze der Leiter, die sie selbst an ihre Burg gelehnt hat, zu erklimmen.«
    »Was hat das jetzt mit einer doppelten Eselei zu tun?«
    »Ihre Verehrer sind wie die Esel – sie trotten stur einer Karotte hinterher, die für sie immer außer Reichweite bleibt. Dafür ist Alice der Esel, der zwischen zwei Heuhaufen steht und sich nicht entscheiden kann, welchen er fressen soll und deswegen verhungert.«
    Hanni war froh, als Remmel seine Ausführungen beendet hatte. Nun blieb nur noch die Frage offen, wie ihr ›unvorstellbar weiser Kollege‹ gemerkt hatte, dass die Remmel’sche doppelte Eselei-Theorie zutreffend sei.
    »Frau Loidl hat auf meine Frage, ob Alice nicht bei einem Mann übernachtet haben könnte, vehement mit ›Nein‹ geantwortet! Du hättest hören müssen, wie überzeugt sie ›Nein, das ist unmöglich‹ betont hat.«
    Hanni schlug sich auf die Stirn und trat auf die Bremse, sodass es Remmel fast gegen das Handschuhfach schleuderte.
    »Was ist?«, fragte er. Ohne auf seinen üblichen Protest zur Einhaltung der Straßenverkehrsordnung einzugehen, griff sie nach dem Smartphone. Mit zwei kurzen Klicks hatte sie die Telefonnummer, die sie suchte.
    »Remmel, manchmal übersiehst selbst du das Offensichtlichste.«
    »Wieso?«
    »Mann sucht Frau, Frau sucht Mann. In welchem Jahrhundert lebst du eigentlich?«
    Schnell wählte sie die Nummer, erreichte aber nur die Sprachbox. Ob ihr Kollege vielleicht auch noch Jungfrau war? Nur wie ein Esel, der zwischen zwei Heuhaufen verhungern würde, kam ihr Remmel nicht vor.

    *

    Ceallach in ein Gespräch zu verwickeln, war leicht gewesen. Einmal nur das Thema ›Kelten‹ erwähnt, und sein Redeschwall wäre nur mit einer Keule zu stoppen gewesen. Phil hingegen glich einem dieser keltischen Wälle aus Ceallachs Ausführungen: Sobald Sam sich dem Schönling näherte, musterte dieser ihn durchdringend von oben bis unten, bevor er sich mit einer abwertenden Geste wegdrehte.
    Überall, wo Phil war, war auch Marion. Wie ein kleines Hündchen folgte sie ihm auf Schritt und Tritt. Während des Gesprächs mit Gisi hatte er diese Symbiose aus den Augen verloren. Willi hatte die beiden gemeinsam in den Wald gehen sehen, allerdings kam Phil etwas später alleine wieder zurück. Er spazierte zu seinem Lagerplatz und legte seinen Wanderrucksack ab.
    Der Schönling hatte als Einziger alle Regeln gebrochen, möglichst authentisch aufzutreten: Seine robusten Bergschuhe vor seinem modernen Zelt stachen neben den selbstgemachten, abgetretenen Lederschuhen der anderen hervor. Dass während der ›keltischen Reise‹ Bierflaschen in seinem Rucksack geklimpert hatten, war der große Aufreger des Abends gewesen.
    Nimue ging direkt auf ihn zu, als er sich ein Bier genehmigen wollte.
    »Müssen reden, jetzt! Alleine!«
    Sie deutete Phil mitzukommen.
    »Ohne einem Bier geht gar nichts«, gab er gelassen zurück und ging in sein Zelt, um nach einem Flaschenöffner zu suchen. Sam konnte hören, wie Phil mit sich selbst redete: »Seit wann hat die Kleine … egal.« Es folgte das bekannte

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