Der Narr

Titel: Der Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Papp

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wie die Kelten lebten, ging dabei aber auch auf wissenschaftliche Quellen ein und betonte immer wieder, dass vieles nur Theorie war, weil wissenschaftliche Beweise für viele Vermutungen fehlten. Sam war zu betrunken, um ihr folgen zu können. Er driftete langsam weg, als sie mehr und mehr damit begann, Fachtermini zu verwenden.
    Es war an der Zeit, die letzten beiden zu befragen, mit denen er noch nicht gesprochen hatte, nämlich mit Phil und seiner Freundin Marion.

    *

    »Das ist ein Telefon und kein Navigationssystem!«, brüllte der Chefinspektor. Ein Remmel mit hochrotem Kopf war in etwa so gefährlich wie ein hungriger Remmel, nur dass er sich nicht jederzeit mit einer Leberkässemmel besänftigen ließ.
    Ihr Kollege war zur Höchstform aufgelaufen. Der Zielort war in Reichweite, aber er beschwerte sich immer noch, dass sie bald auf Tschechisch angesprochen werden würden. Auch die Vergleiche mit Hänsel und Gretel hatte Hanni allmählich satt.
    »Bitte links abbiegen!«, wiederholte der Chefinspektor genervt und imitierte dabei die Stimme des Navis. »Da ist ein Kartoffelacker, kein Weg.«
    »Beruhige dich! Sind eh gleich da!«
    Als Hannis Smartphone auch noch klingelte, schien Remmel kurz vor einem kompletten Tobsuchtsanfall zu stehen. Der Kollege war perfekt darauf konditioniert, loszuschnauben, wenn ein technisches Gerät auch nur das leiseste Geräusch von sich gab. Ausgenommen davon war natürlich das ›Ping!‹, wenn sein ›Happi‹ fertig war. Doch die Geräusche einer Mikrowelle als Klingelton zu wählen, würde nur dazu führen, dass Remmel bei jedem Würstelstand einen Zwischenstopp einlegen wollen würde.
    Endlich war es einmal nicht der Chef, der am anderen Ende war. Die ewigen Kontrollanrufe hatten auch sie schon fast in den Wahnsinn getrieben. Sie konnte kaum glauben, was sie erfuhr. Mit einem kurzen »Ja« beendete sie den Anruf und ein flüchtiger Blick zu Remmel reichte aus: Er machte Augen wie ein kleines Kind, das wissen wollte, was das Christkind bringen würde.
    »Was ist?«, brummte er, als Hanni grinsend schwieg.
    »Ach, nichts Besonderes.«
    »Jetzt sag schon!«
    »Es war nur Pühringer, der Gerichtsmediziner.«
    »Und?«
    »Wie konntest du das wissen?«
    »Was wissen? Sag endlich!«
    Hanni hätte ihren Kollegen gerne noch weiter hingehalten. Doch ein weiterer Faustschlag auf das Handschuhfach hätte womöglich schlimme Konsequenzen gehabt und sie hatte kein Verlangen danach, ihren fluchenden Kollegen aus dem Airbag befreien zu müssen.
    »Auf der Burg hast du behauptet, Alice Heisenstein wäre alles andere als promiskuitiv gewesen.«
    »Das lag doch auf der Hand!«
    »Nicht für den gewöhnlichen Beobachter«, gab sie zurück. Es war dieser Moment, den sie am liebsten eingefroren hätte, um ihn bei Remmel auf Knopfdruck immer wieder auslösen zu können: Das stolze Grinsen, die leuchtenden Augen und das ›Sich-stolz durch-die-letzten-Reste-der-Haare-Fahren‹!
    »Alice Heisenstein war noch Jungfrau«, fuhr sie fort. »Wie bist du darauf gekommen?«
    Er richtete sich auf. Sie gönnte ihm sein berühmtes, allwissendes ›Ich hab’s ja gewusst‹-Siegesgrinsen.
    »Es war alles so offensichtlich.« Könnte man ein Selbstwertgefühl in Metern messen, es würde in diesem Moment vom Waldviertel bis in Remmels Wiener Stammlokal reichen. »Als wir Frau Loidl in Reichenstein vernommen haben, hat sie zu Protokoll gegeben, Alices Vater forderte nur das Beste vom Besten von seiner Tochter.«
    »Das heißt noch gar nichts.«
    »Hanni, lass dir einmal etwas von einem reifen Junggesellen erklären«, widersprach ihr Remmel. »Während ihr ferngesteuerten Hormonschleudern einem Abenteuer nach dem anderen nachlauft, sieht ein Wahlsingle dieses verrückte Treiben glücklicherweise aus sicherer Distanz. Mann sucht Frau, Frau sucht Mann: Angebot und Nachfrage!«
    »Was ist denn das für eine Erklärung, bitte schön?«
    Hanni fragte sich, warum sich oft diejenigen als die größten Sextherapeuten aufspielten, die augenscheinlich am wenigsten Erfahrung hatten.
    »Ich erkläre dir jetzt einmal die Remmel’sche doppelte Eselei-Theorie«, fuhr der Chefinspektor fort. »Unser Opfer will den ›weißen Ritter‹ und lehnt jeden dahergelaufenen Knappen mit Graustich ab. Was aber geschieht mit den verstoßenen Verehrern? Sehen sie ihre Ausweglosigkeit wie vernunftbegabte Lebewesen ein? Nein! Alice wird zur Festung, die unbedingt eingenommen werden muss, wie die Erstürmung von ›Krak‹ des Chevaliers. Eine