Der Narr

nie im Leben mit dem gerechnet, was dann passierte: »Es kommt kaum jemand für die Rolle des Gehörnten in Betracht. Du bist perfekt geeignet. Ich habe in meinem Leben noch nie um etwas gebettelt, aber jetzt flehe ich dich an. Egal, was du dafür willst, du bekommst es.«
    Und dann geschah es, sie ging vor ihm auf die Knie.
    Phil aber lachte nur: »Such dir jemand anderen, Häschen! Viel Erfolg!«
    Der Schönling drehte sich weg und ging zu den anderen. Gebrochen ging Nimue schweren Schrittes in den Wald. Sam machte sich auf, um ihr zu folgen.

    *

    Konnten diese Autofabrikanten überhaupt noch etwas herstellen, bei dem man noch selbst fuhr? Start per Knopfdruck statt mit einem Schlüssel. Wer brauchte diesen Scheiß? Irgendwann würden die Autofahrer einen Pilotenschein benötigen, um eines dieser Monstren überhaupt fahren zu können. Beim kleinsten Fehler erklang ein Piep-Konzert, als würde man dem Fahrer damit sagen wollen, er wäre zu dumm, um mit dem Auto zu fahren.
    Es hatte Monate gebraucht, bis Joe sich an all das Tam-Tam der Luxuslimousine gewöhnt hatte. Und jedes Mal war es ihm peinlich, wenn sein Fahrgast aufseufzte, wenn er die Geräuschkulisse nicht sofort unter Kontrolle bringen konnte. Wehmütig erinnerte er sich an seinen alten Fiat. Mit dem kleinen, roten Flitzer war er auch ohne Extras überall hingekommen. Ein Lackschaden bei diesem Gefährt hier kostete manchmal mehr als er in einem Monat verdiente. Dieses Auto würde ihm unheimlich bleiben, egal wie lange er damit auch fahren würde.
    Reiche Arschlöcher! Aber bald würde er selbst dazugehören. Mit der Fahrt über die Stadtautobahn kam wieder Zuversicht in ihm auf. Endlich war er wieder einmal der Jäger! Vorbei war es mit all dem Bitten und Betteln. Drei Leute für eine Million Euro umnieten. Er war viel zu bescheiden! Drei sollten es sein – eine pro Kopf.
    Im ›Häf’n‹ kapierten selbst die Dümmsten die Spielregeln. Leute wie Heisenstein putzten sich immer ab. Dass die Nummer des Bankiers in diesem Wertkarten-Handy gespeichert war, reichte nicht aus, um eine Mittäterschaft zu beweisen. Solange keine eingegangenen Anrufe protokolliert waren, hatte sein Auftraggeber nichts zu befürchten. Eine Million war zu wenig! Da musste noch einmal nachverhandelt werden.
    Joe blickte auf das Foto auf der Innenseite der Windschutzscheibe. Angelika! Ihre Geburt war das Schönste in seinem Leben gewesen. Ein Blick in die strahlend blauen Augen seiner neugeborenen Tochter hatte damals ausgereicht. Sie hatte ihn verzaubert. Sein dunkles Herz wurde mit Licht durchflutet, der harte Kern wurde in Bruchteilen einer Sekunde butterweich. Sie war der Teil von ihm, der wirklich etwas wert war. Sie durfte nicht so enden wie ihre Mutter. Für sie würde er alles tun!
    Seine Gedanken sprangen zu seiner Ex, Nellie. Nein, natürlich würde sie nicht schwanger werden. Wie denn auch? Sie hatten schon tausend Mal ohne Gummi gevögelt und nie war etwas passiert. Verdammte Lügnerin!
    Nellies Jugend war mittlerweile lange verblüht. Sie musste auf die Straße gehen und es dauerte mittlerweile eine halbe Ewigkeit, bis sie wieder jemanden fand, der sie dafür bezahlte, dass sie mit ihm ein paar Nächte vögelte. Aber dieses Weib würde sich eher in einen Folterkeller legen, als acht Stunden am Tag zu arbeiten. Irgendwie schaffte sie es, dass ihr das Jugendamt nie auf die Schliche kam, woher das Geld kam, das die Zahlungen der Sozialhilfe überstieg. Das lag mitunter auch daran, dass die Kleine mittlerweile fast ausschließlich bei Nellies Eltern lebte.
    Sie wollte von Anfang an alles – und davon nur das Beste. Irgendwo neu anfangen, teure Kleider und natürlich das Auto. Aber von nichts kam nichts.
    Natürlich wäre jemand wie er auch so früher oder später in den Bau gewandert. In keiner Phase seines Lebens war er je ein Engel gewesen, aber acht Jahre wegen eines hirnrissigen Bankraubs! Das hatte er ihr zu verdanken! Es war eine Kurzschlusshandlung. Hätte sie ihn doch nicht des Geldes wegen so unter Druck gesetzt!
    Heisensteins Auftrag führte er nur für seine kleine Angelika aus und für sonst niemanden. Drei Mal abdrücken, mit ihr ein neues Leben beginnen und die Vergangenheit vergessen. Die Waffe, die der Bankier ihm in die Hand gedrückt hatte, hatte allerdings sechs Schuss – drei mehr als notwendig … es war nur ein kleiner Umweg. Die Kleine war bei den Großeltern in Wien, sie würde gar nichts mitbekommen.
    Ob er nun drei oder vier umnietete, machte