Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
wringen. Durchs Küchenfenster konnte er sehen, wie sie draußen bei den drei Polizisten stand, die Rath ebenfalls
     auf den Hof beordert hatte, um dort den ED abzupassen, und sich lebhaft gestikulierend mit ihnen unterhielt. Wahrscheinlich
     ließ sie kein gutes Haar an dem arroganten Schnösel von Kriminalkommissar, der die Ruhe und Ordnung ihres Mietshauses durcheinander
     gebracht hatte.
    Hermann Schäffner wackelte auf seinem Stuhl hin und her. Der Mann fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Rath sagte erst mal
     nichts und zündete sich eine Zigarette an.
    »Sie kannten Herrn Selenskij also schon länger?«, fragte er unvermittelt.
    Schäffner druckste herum. Er wusste nicht, wohin mit seinen Händen.
    »Herr Schäffner, wenn Sie nichts zu verbergen haben, dannreden Sie besser. Andernfalls machen Sie sich nur des Mordes verdächtig!«
    »Des Mordes?«
    »Herr Selenskij alias Müller ist ermordet worden.«
    »Wat reden Sie denn da?«
    Dass es kein Unfall gewesen sein konnte, war Rath klar gewesen, als er den Haartrockner erkannt hatte. Eine Protos-Heißluft-Dusche.
     Dasselbe Modell, das er eine gute Woche vorher ein paar Etagen weiter oben gesehen hatte. In der Dachwohnung der Gräfin.
    »Der Haartrockner, der da in die Badewanne gefallen ist, gehörte Herrn Selenskij nicht, und das wissen Sie.«
    »Det heeßt ja wohl noch lange nich, det icke ’n Mörder bin, wa! Wo ick ihm doch selbst die Wohnung verschafft hab! Wieso soll
     ick ihn da umbringen?«
    »Was weiß ich? Sie wären nicht der erste Hauswart, der mit einem Mieter aneinander geraten ist.«
    Schäffner hätte eine Möglichkeit gehabt, an den Haartrockner heranzukommen, er besaß Schlüssel für jede Wohnung. Allerdings
     war die Wohnung der Gräfin seit einer Woche versiegelt, und das Polizeisiegel war noch in Ordnung, davon hatte Rath sich überzeugt,
     bevor sie in die Schäffner’sche Wohnung gegangen waren. Dennoch: Es war ein Mord, den der Mörder wie einen Unfall aussehen
     lassen wollte, und aus irgendeinem Grund schien Schäffner und seinen Schupo-Freunden daran gelegen, das nicht in Zweifel zu
     ziehen. Vielleicht wollten sie einfach keinen Ärger haben in ihrer Gegend. Auch so etwas kam vor.
    Raths Anschuldigung zeigte jedenfalls Wirkung: Schäffner regte sich auf. Genau das sollte er auch.
    »Ach, Quatsch mit Soße!«, schimpfte der Hauswart. »Wenn ick einen raushaben will, dann fliegt der eben auf die Straße, wie
     der Brückner, die rote Sau. Da bring ick doch keenen um für!«
    »Sie haben Herrn Selenskij also die Wohnung besorgt?«
    »Saach ick doch.«
    »Also kennen Sie ihn doch schon länger.«
    »Ick hab ihn hier ins Haus jeholt, schon. Aber jekannt hab ick ihn trotzdem nich.«
    »Und warum dann?«
    »Wat meenense denn nu schon wieder, Meester?«
    »Warum haben Sie ihm eine Wohnung verschafft, wo Sie ihn gar nicht kennen?«
    Schäffner stutzte. Das Gespräch hatte eine Richtung eingeschlagen, die ihm nicht passte. Und er hatte es zu spät bemerkt.
    »Nu reden Sie schon! Ich kann Sie auch mit aufs Präsidium nehmen!«
    »Wat weeß ick? Bin halt ’n Menschenfreund.«
    »Erzählen Sie mir keinen Bockmist! Warum?«
    »Also, wennse’t so jenau wissen wollen: Mir hat’n Freund darum jebeten, deshalb.«
    »Ein Freund? Aus der SA?«
    Schäffner nickte.
    »Wer?«
    »Kennense nich.«
    »Wer?«
    »Sturmhauptführer Röllecke.«
    Der Name sagte Rath tatsächlich nichts. Ebenso wenig der Dienstgrad. Sturmhauptführer? So was gab es weder bei der Polizei
     noch bei der Reichswehr. Nur in der Privatarmee der Völkischen. Hörte sich aber an wie ein ziemlich hohes Tier. Rölleckes
     Adresse kannte Schäffner angeblich nicht. Na, da würde ranzukommen sein.
    »Und warum?«, fragte Rath weiter, nachdem er den Namen notiert hatte.
    »Watten jetz schon wieder?«
    »Warum sollte Selenskij hier einziehen? Hat Röllecke Ihnen den Grund verraten?«
    »Nee, hatter nich. Aber ’nem Kameraden schlag ick keenen Wunsch aus! Wahrscheinlich wollte er einfach ’nem Freund ’nen Jefallen
     tun.«
    Rath nickte. Gennats Versprechen von gestern Abend fiel ihmwieder ein. Der Kriminalrat wollte ihm bei der Wohnungssuche helfen. Vielleicht musste er das nicht mehr.
    Ein Wagen rollte durch die Toreinfahrt auf den Hof und parkte vor dem Hinterhaus. Zwei Männer von der Spurensicherung stiegen
     aus, einer der Schupos zeigte auf das Küchenfenster.
    »So, Herr Schäffner. Das wär’s erst mal. Vielen Dank. Ich darf Sie aber bitten, sich der Polizei weiterhin zur

Weitere Kostenlose Bücher