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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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erfahren hatte. Dass er den Haartrockner der Gräfin in Selenskijs Wohnung
     wiedererkannt hatte, erzählte er dem Buddha nicht. Er wusste selber nicht warum, aber er hatte kein gutes Gefühl dabei. Zu
     oft schon hatte er in diesem Fall das Gefühl gehabt, irgendjemand wolle die Polizei auf eine falsche Fährte locken.
    Als Rath kurz in seinem Büro vorbeischaute, schien Erika Voss ihn schon sehnsüchtig zu erwarten.
    »Da sind Sie ja endlich, Herr Kommissar! Kriminalrat Gennat hat mindestens hundertmal angerufen, und …«
    »Hat sich erledigt.«
    »… und die Verwaltung möchte Sie sprechen«, fuhr sie fort,»ein Herr Roßberg, Abteilung Finanzen. Den hatte ich auch schon mindestens zwanzigmal an der Strippe. Ich habe seine Nummer
     notiert.«
    Rath wunderte sich. Was war das? Sollte er sich etwa wegen der überflüssigen Fahndung nach Kardakow verantworten? Da sollten
     sich die Finanzheinis lieber an den Polizeipräsidenten wenden. Die Fahndung war schließlich Zörgiebels Idee gewesen.
    »Gut, Fräulein Voss. Dann verbinden Sie mich bitte mal.«
    Am anderen Ende meldete sich ein Mann, der sofort und unmissverständlich klarmachte, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen
     war.
    »Guten Tag, Herr Kommissar! Können Sie mir bitte mal erklären, warum Ihre Telefonrechnung plötzlich in astronomische Höhen
     schnellt?«
    Rath konnte nicht. Nutzte Erika Voss seine ständige Abwesenheit für Privatgespräche aller Art? Und wenn schon – das ging die
     Finanzheinis nichts an!
    »Meine Telefonrechnung? Entschuldigen Sie! Wenn in meinem Büro telefoniert wird, muss ich mich dafür doch wohl nicht rechtfert…«
    »Ich spreche nicht von Ihrem Büroanschluss. Ihr Privatanschluss. Wenn Sie es vergessen haben sollten: Auch diese Kosten übernimmt
     der Freistaat Preußen für Sie!«
    »Ich weiß gar nicht, was Sie wollen! Seit über einer Woche besitze ich gar kein privates Telefon mehr!«
    »Mir liegt keine Abmeldung vor, der Reichspost offensichtlich ebenfalls nicht.«
    »Ich bin ausgezogen! Zurzeit wohne ich im Hotel. Die Abmeldung habe ich vergessen. Aber das ist ja auch wohl unwichtig, wenn
     das Telefon nicht mehr benutzt wird.«
    »Nicht mehr benutzt? Wie erklären Sie sich dann die vielen Anrufe? Ihre Telefonrechnung ist allein in der vergangenen Woche
     um das Dreifache angestiegen. Netterweise hat uns die Reichspost frühzeitig auf diese Entwicklung aufmerksam gemacht. Die
     preußische Polizei muss sparen, Herr Rath, so geht das nicht! Wir werdenIhnen den Anteil der Telefonkosten, der das normale Maß überschreitet, in Rechnung stellen. Und von Ihrem Gehalt abziehen!«
    Auf seinem Weg in den Westen fuhr Rath einen kleinen Schlenker über die Yorckstraße. Vergeblich. Nikita Fallin war nicht zu
     Hause.
    Auch die Aktion im Delphi stand unter keinem guten Stern. Die Schupos in der Kantstraße zerrissen sich nicht gerade vor Eifer, um einem Bullen vom
     Alex zu helfen. Bevor sie sich auf den Weg machten, informierte Rath den Hausherrn. Er bekam nur dessen Sekretär an den Apparat.
     Felten. Rath erinnerte sich an ihre erste Begegnung. Ein aalglatter Typ.
    »In unserem Hause? Eine Verbrecherin? Wie kommen Sie darauf?«
    »Von Verbrecherin habe ich nichts gesagt«, verbesserte Rath. »Es handelt sich um eine wichtige Zeugin.«
    »Verstehe. Deswegen wollen Sie auch heimlich vorgehen.«
    »Überlassen Sie es mir, wie ich vorgehe. Können Sie uns mit Schlüsseln weiterhelfen, oder sollen wir die Tür lieber eintreten?«
    »Selbstverständlich werde ich die Polizei unterstützen, Herr Kommissar.«
    Er wartete bereits an der Fasanenstraße, als die Polizisten kamen. Rath postierte einen Beamten an jedem Ausgang des Gebäudes,
     dann ging er mit Felten und zwei Schupos hinein. Der Sekretär führte sie durch eine unscheinbare Tür und zu einer Eisentreppe.
    »Hier geht’s runter«, flüsterte er.
    »Sind Sie sicher, dass sie sich hier unten versteckt?«
    »Ich wüsste nicht, wo sonst. In dem Keller stehen nur Requisiten und Gerümpel. Da unten war seit Wochen niemand mehr. Und
     hier oben wird gearbeitet. Wir bauen gerade um.«
    Sie fanden tatsächlich nur Requisiten und Gerümpel. Keine Gräfin weit und breit. Nichts wies darauf hin, dass sich hier jemand
     versteckt haben könnte. Ein einziges Trümmerfeld. Neben allem möglichen Krimskrams aus bemaltem Gips, Holz und Pappe, fast
     alles zerbrochen, standen die Überreste eines Kanapees, aus dessenPolster die Federn sprangen, daneben ein verbogenes Bettgestell und eine

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