Der nasse Fisch
Kaffee und zählte sein
Kleingeld. Dann suchte er den nächsten öffentlichen Fernsprecher und hängte sich ans Telefon.
Die Nummer stimmte tatsächlich. Es war das erste Mal, dass er sie ausprobierte, er hatte sie erst seit ein paar Tagen.
»Ja«, meldete sich eine Stimme am anderen Ende, die unverkennbar Johann Marlow gehörte. So einfach also konnte es sein, den
großen Dr. M. zu erreichen.
»Ich glaube, ich habe eine Möglichkeit gefunden, wie Sie an das Gold kommen können«, sagte Rath.
Mehr brauchte es nicht, um aus Johann Marlow einen geduldigen Zuhörer zu machen.
Der Zug benötigte gut zwei Stunden bis Berlin. Am Potsdamer Bahnhof holte Rath erst einmal die Pistole aus dem Schließfach
und steckte sie ein. Er passte auf, dass niemand etwas davon bemerkte. Auf dem Bahnhofsvorplatz stieg er in eine der vielen
Taxen, die dort warteten, und fuhr zurück nach Zehlendorf. Es musste geregnet haben in Berlin, während er unterwegs war, die
Straßen glänzten noch nass. Der Opel stand unversehrt vor Zörgiebels Gartentor. Die Wachen hatte man abgezogen. Rath ließ
den Wagen an. In Schöneberg bog er von der Hauptstraße ab in die Kolonnenstraße. Vor dem Zentralflughafen Tempelhof staute
sich auch um diese Zeit der Verkehr. Rath schlängelte sich an dem Gewimmel vorbei und fuhr weiter nach Neukölln. In der Leykestraße
parkte er den Wagen.
Krajewski war nicht zu Hause. Gut so, ein paar Vorbereitungen machten die Sache glaubwürdiger. Die Tür hatte Rath schnell
geöffnet. Er tastete sich durch das Halbdunkel in die Küche. Die Zuckerdose? Warum nicht. Die kleine Pistole passte genau hinein. Obwohl schon ein Kokainbeutel drin war. Krajewski hatte nichts
dazugelernt. Als Rath die Wohnung wieder verließ, gab er sich keine große Mühe, die Einbruchsspuren zu vertuschen. Niemand
hatte ihn gesehen, als er wieder auf die Straße trat. Er setzte sich ins Auto und machte es sich gemütlich. Von hier hatte
er Krajewskis Haustür prächtig im Blick. Und genügend Zeit, den Plan noch einmal zu durchdenken, den er im Zug ausgetüftelt
hatte.
Es war drei Uhr morgens, als Krajewski endlich nach Hause kam. Rath war froh, dass er die vergangene Nacht so gut geschlafen
hatte. Sonst wäre er vermutlich eingenickt, trotz aller Zigaretten, die er rauchte. Als der Mann im Haus verschwunden war,
stieg Rath aus dem Wagen. Oben klingelte er Sturm. Der falsche Kaiser guckte überrascht, als er dem Kommissar gegenüberstand.
»Kommense jetz schon mitten inner Nacht? Unsereener muss ooch schlafen!«
»Aber nicht jetzt. Lass mich rein. Ich muss mit dir reden.«
Krajewski öffnete die Tür bereitwilliger, als sein Gemaule vermuten ließ.
»Wat issen los?«
»Ich will dich warnen. Du bist in Gefahr.«
»Det is ja janz wat Neuet! Die Polente warnt eenen! Endlich kriejen wer mal wat für unsre Steuajelda!«
»In diese Wohnung ist eingebrochen worden.«
»Wat soll denn hier zu holen sein?«
»Man hat dir was gebracht.«
»Netter Einbrecher.«
»Weniger. Er will dich reinlegen.«
»Wie?«
»Hast du eigentlich eine Pistole?«
»Det wissen Sie doch am besten, wo die is! Die hat mir Ihr sauberer Kolleje abjenommen!«
»Dann schau mal genau nach. Wenn du wirklich keine Pistole hast, dann kann ich wieder gehen, dann war das falscher Alarm.«
»Det jloobe ick ooch«, sagte Krajewski. Dennoch fing er an, einige Schubladen zu öffnen. Misstrauisch zur Seite blickend. Wahrscheinlich sollte Rath seine Kokainverstecke nicht finden.
Als er aus der Küche zurückkam, hielt er die Lignose in der Hand.
»Det fass ick nich! Meen kleener Liebling is wieder da! Wie komm ick denn zu die Ehre?«
»Ich hab mir so was schon gedacht«, meinte Rath. »Das war mein Kollege.«
»Wat sollen det? Willer mir die diskret wieder zurückjeben, oder wat?«
»Kaum. Oberkommissar Wolter ist ein Drecksack. Er hat einen abgeknallt mit deiner Lignose, und jetzt will er es dir in die
Schuhe schieben.«
»Wen abgeknallt?«
»Einen Polizisten.«
»Und det soll ick Ihnen jlooben?«
»Ich ermittle in diesem Fall. Ganz diskret natürlich. Der Mord ist dem Oberkommissar schwer nachzuweisen. Wir hatten gehofft,
die Mordwaffe bei ihm zu finden. Doch wir sind zu spät gekommen. Er hat sie noch rechtzeitig hier verstecken können. Und glaub
nicht, dass er sie wieder abholt. Wahrscheinlicher ist, dass er dir schon bald einen Trupp Schupos auf den Hals schickt. Alles,
was nicht ganz legal ist, würde ich an deiner Stelle
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