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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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Er hatte einen ihrer Brüder im Verdacht, aber weil er keine Beweise hatte, wollte er mir nicht sagen, welcher es seiner Meinung nach war. Er meinte, es würde nichts an der Sache ändern und es würden nur Unschuldige zu Schaden kommen. Wie gesagt, er war ein Mann mit Prinzipien.«
    »Wie kommuniziert der Erpresser mit Ihnen?«
    »Beim ersten Mal war es eine flüsternde Stimme, die mich auf meinem Handy anrief. Natürlich nicht identifizierbar. Beim zweiten Mal, erst heute Morgen, war es eine E-Mail auf meinem Computer zu Hause. Dieser Dreckskerl hat mir die entsprechenden Einträge aus den Unterlagen des Carnivore zugeschickt. Sie enthielten jedes Detail, angefangen von dem Moment, in dem ich ihm den Auftrag erteilte, bis hin zu dem Punkt, an dem er Tebaldi unter der Brücke erhängte.«
    »Haben Sie die E-Mail gespeichert?«
    »Sind Sie wahnsinnig? Natürlich nicht!«
    »Was wollte der Erpresser?«
    Leaming seufzte schwer. »Dass ich nach Italien fahre und mich dort den Behörden stelle und die volle Verantwortung für die illegalen Geschäfte der Bank übernehme. Er meinte, das hätte wesentlich weniger schwere Konsequenzen für mich, als wenn herauskäme, dass ich der Mann war, der den Auftrag zu Tebaldis Ermordung erteilt hatte. Außerdem dürfte ich als Gegenleistung dafür das Geld, das ich dabei verdient hatte, behalten, und meine Beteiligung an Tebaldis Ermordung würde nicht aufgedeckt.«
    »Wenn das alles stimmt, könnte der Baron der Erpresser sein.«
    Leamings Stimme war fast leblos. »Ja, oder zumindest steckt er mit dem Erpresser unter einer Decke. Ich sagte ja bereits, dass sie mich zum Sündenbock machen wollen. Wenn mich nicht alles täuscht, wollen sie es so hinstellen, als wäre ich für beides allein verantwortlich.« Er sah auf die Uhr. »Würden Sie mich jetzt zur Polizei bringen?«
    Am liebsten wäre Simon einfach weggegangen und hätte diesen egoistischen Feigling seinem Schicksal überlassen. Stattdessen sagte er: »Natürlich.« Außerdem würde Leamings Geständnis Baron de Darmond und den Erpresser verstärkt unter Druck setzen.
    Sie ließen Geld auf dem Tisch liegen und reihten sich in den Strom der Passanten ein. Leaming fuhr damit fort, den Baron, den Erpresser, Tebaldi und jeden anderen außer sich selbst zu verurteilen.
    »Ich werde der Polizei alles erzählen!«, schimpfte er. »Es wird dem Baron noch Leid tun, dass er …«
    Sie zwängten sich gerade durch eine Gruppe von Touristen, die aus einer blau-weißen Straßenbahn gestiegen waren, als sich Leamings Gesicht verkrampfte. Er blieb stehen und begann am ganzen Körper heftig zu zittern. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und schnappte nach Luft … hustete heiser – Simon blieb ebenfalls stehen. »Was haben Sie, Terrill? Ist Ihnen nicht gut?«
    Aber Leaming sagte nichts, sondern schlug sich nur mit weit aufgerissenen Augen einmal an die Brust.
    Simon packte ihn von der Seite, um ihn zu stützen. Doch Leaming fühlte sich so seltsam schwer an, dass Simon da, wo die Halsschlagader war, zwei Finger an den Hals des Bankers hielt.
    Er spürte keinen Puls mehr. Leaming war tot. Binnen weniger Sekunden, ohne Vorwarnung, ohne ein Anzeichen, dass er sich krank oder schwach oder auch nur unwohl fühlte. Terrill Leaming hatte lediglich gehustet und gegen seine Brust geklopft und war gestorben.
    Sofort sah sich Simon in der Menschenmenge um. Sein Blick glitt über Erwachsene und Kinder, Touristen und Einheimische, Geschäftsleute und Flaneure, und blieb plötzlich auf dem Rücken eines Mannes in einem konservativen dunklen Anzug haften. Er entfernte sich ohne Eile. Mit festem Schritt. Ohne sich umzublicken.
    Was jedoch Simons Aufmerksamkeit erregte, war ein schwarzer Gehstock mit silbernem Griff, den der Mann mit der rechten Hand vor seinem Körper hielt. Erst nachdem Simon ihm schon eine Weile hinterhergesehen hatte, ließ er den Gehstock durch seine Finger nach unten gleiten, bis seine Spitze den Boden berührte. Und erst jetzt begann er, den Stock richtig zu benutzen und beim Gehen rhythmisch auf das Pflaster aufzusetzen.
    Simon ließ den Toten los und rannte dem Mann hinterher. Hinter sich hörte er ein entsetztes Atemholen, dann erschrockene Stimmen.
    »Was ist passiert?«, rief jemand auf Deutsch.
    »Ist er verletzt?«, ertönte eine zweite Stimme.
    Es folgten weitere Rufe in verschiedenen Sprachen. Die aufgeregten Schreie pflanzten sich über den ganzen Platz fort.
    »Haltet ihn!«, rief jemand Simon hinterher.
    Aber das

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