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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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seine Tränen ankämpfend, riss er den Zettel in Fetzen und ließ sie auf den Tisch fallen. Während er sie wie die Asche eines erloschenen Feuers zu einem kleinen Haufen zusammenschob, las er noch einmal seine Anweisungen. Nett von Ada, ihn nach Florenz zu schicken. Faszinierende Stadt, voller Sehenswürdigkeiten und weit vom Schuss. Allerdings hatte er nicht die Absicht, dorthin zu fahren. Er riss auch diese Nachricht in Fetzen.
    Inzwischen war es drei Uhr Nachmittags, und er wartete auf den Stufen der exklusiven Darmond Bank. Seine Reisetasche befand sich in einem Schließfach, seine Pistole steckte unter seinem braunen Sportsakko in einem Rückenholster. Dank seines MI6-Ausweises hatte er sie in die Schweiz mitnehmen können.
    Es wurde Zeit, Viera und jegliche Fehler, die er bei ihr gemacht hatte, zu vergessen, auch wenn er nicht wusste, wie er das anstellen sollte. Noch während er das dachte, gab das Walkie-Talkie des Wachmanns ein leises Piepen von sich.
    Der Mann hob es an sein Ohr. »Ja?« Er lauschte mit unveränderter Miene und drehte sich auf ein leises Klicken der mächtigen Eingangstür hin um. Das Geräusch wies daraufhin, dass die Tür von innen elektronisch entriegelt worden war.
    Der Wachmann hielt die Tür auf, und Simon betrat das Foyer. Er verkniff sich einen anerkennenden Pfiff. Die von römischen Säulen aus weißem Marmor eingefasste Halle war drei Stockwerke hoch und so groß wie zwei Kricketfelder und selbst einem Empfang für die englische Königin angemessen. Mehr als fünf Meter vor ihm saß eine Empfangsdame an einem protzigen Schreibtisch. Über ihm huschten Banker und Angestellte auf offenen Verbindungsgängen, gesäumt von filigranen schmiedeeisernen Gittern, lautlos zwischen den Büros hin und her. Er vermutete, dass sich ein Maharadscha hier bestens aufgehoben fühlte, wenn er nach Zürich kam, um seine Juwelen und sein ungemünztes Gold zu hinterlegen.
    »Simon?« Rechts von ihm ging eine filigrane Lifttür auf. Heraus trat Terrill Leaming, etwas grauer und gebeugter, als er ihn in Erinnerung hatte, aber ansonsten so glatt wie ein übergewichtiger Otter. Ein besorgter übergewichtiger Otter.
    Sie schüttelten sich die Hand. »Schön, Sie wieder mal zu sehen, Terrill.«
    »Hätte Sie nicht mehr erkannt, Simon. Wie lange ist es her?«
    »Fünf Jahre. Bei Dads Begräbnis.«
    »Ach ja, natürlich.« Er schien kaum zuzuhören, so, als wäre er in Gedanken ganz woanders. »Was kann ich für Sie tun?« Keine Einladung, mit ihm in sein Büro zu kommen, wo sie sich ungestört hätten unterhalten können.
    Simon sprach bewusst leise. »Ich muss über Dads Tod mit Ihnen sprechen.«
    Leaming blickte sich nervös um, so, als erwartete er den Angriff eines Rudels Wölfe.
    »Möglicherweise war es kein gewöhnlicher Selbstmord, Terrill«, fügte Simon hinzu. »Jemand hat mir gesagt, dass er wegen eines Auftragsmords erpresst wurde und dass Sie mir mehr über diese Geschichte erzählen können.«
    Leaming schien weiche Knie zu bekommen. Um ihn zu stützen, packte Simon ihn am Arm.
    Leaming räusperte sich. »Heute … heute Nachmittag habe ich leider keinen Termin mehr frei. Aber morgen. Ja, morgen! Kommen Sie morgen noch mal vorbei!«
    Simon beugte sich vor. »Vor irgendetwas haben Sie doch Angst. Und das noch mehr, seit ich Dads Selbstmord erwähnt habe. Rücken Sie schon heraus mit der Sprache, Terrill. Wo, ist mir egal. Sonst mache ich Ihnen hier eine Riesenszene.«
    Stirnrunzelnd hatte die Empfangsdame den Blick auf Simons Hand gerichtet, mit der er Leamings Arm hielt. Wahrscheinlich sprach sie nicht nur, wie in der Schweiz üblich, Deutsch und Französisch, sondern auch Englisch und verschiedene andere Sprachen.
    Mit einem munteren Lächeln schlug Simon vor: »Wie wär’s mit einem kleinen Spaziergang, Terrill? Ist das keine gute Idee? Ein bisschen frische Luft schnappen. Das ist auf jeden Fall besser als in Ihrem stickigen Büro, oder nicht?«
    Endlich blickte ihm Leaming in die Augen. Simon sah darin die Angst, die er erwartet hatte, aber auch eine seltsame Art von Anerkennung und noch etwas anderes – Hoffnung.
    Der Banker nickte eifrig. »Ja, ja. Dort oben fällt einem das Dach auf den Kopf, das stimmt. Am Paradeplatz gibt es eine Teestube, die Ihnen bestimmt gefallen wird.«
    Zwei Minuten später gingen sie rasch die Straße hinunter. Blitzende Citroëns, BMWs und Rolls-Royces mit getönten Scheiben glitten an ihnen vorbei. Unter den Bäumen waren zahlreiche Passanten unterwegs, die

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