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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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gebracht zu werden, wie zum Beispiel BCCI oder Banca de Tebaldi.«
    »Sie waren in die BCCI- und Tebaldi-Geschichte verwickelt?«
    »Auch in andere fragwürdige Geschäfte. Einige unserer besten italienischen Kunden wollten die italienischen Steuergesetze umgehen, weshalb der Baron und ich fingierte Firmen gründeten, um die wahren Besitzverhältnisse ihrer Vermögenswerte zu verschleiern, und dann machten wir den italienischen Gerichten gegenüber falsche Angaben. Darauf bin ich keineswegs stolz, aber von einem rein geschäftlichen Standpunkt gesehen, war die Sache einfach zu verlockend.«
    »Darauf läuft es doch letztlich immer hinaus«, sagte Simon mit kaum verhohlener Verachtung. Er nahm einen Schluck Tee und stellte seine Tasse ab. »Ist das der Grund, warum Sie Angst haben?«
    »Wenn es nur das wäre. Sagt Ihnen der Name Giovanni de Tebaldi etwas?«
    »Der Bankier, der 1982 erhängt unter der Blackfriars Bridge gefunden wurde?«
    Leaming zog ein Seidentaschentuch aus der Tasche und wischte sich damit übers Gesicht. An seinem Daumen blitzte ein Diamantring von mindestens zwei Karat. »Ja. Er war ein Krimineller. Ein Gangster, der sich weigerte, mit der europäischen Hochfinanz zu kooperieren. Als der Baron beschloss, ihn aus dem Weg räumen zu lassen, händigte ich einem Auftragskiller einen Koffer mit einer halben Million Dollar aus. Jetzt haben die italienischen Steuerbehörden die Ermittlungen wieder aufgenommen, und diesmal wollen sie Blut sehen. Der Baron fürchtet, die Hintergründe von Tebaldis Ermordung könnten ans Licht kommen, und will deshalb, glaube ich, mich zum Sündenbock machen.« Sein gehetzter Blick blieb jetzt auf Simon ruhen. »Außerdem werde ich wegen Tebaldis Ermordung erpresst, genau wie vor fünf Jahren Ihr Vater.«
    Das also war der Grund, warum Leaming in der Bank einem Herzinfarkt nahe gewesen war – er wurde erpresst. »Haben Sie etwa beide denselben Killer angeheuert?«, sagte Simon.
    »Ja. Ich erzählte Ihrem Vater, dass ich mich in einer ähnlichen Situation befände wie er, worauf er mich mit diesem Mann bekannt machte, der sich Carnivore nannte. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich mich auf so etwas eingelassen habe.«
    Der Carnivore. Simon hatte sich gut im Griff. Ihm war nicht anzumerken, wie er innerlich zusammenzuckte. Sein Vater hatte seinen Schwager für den Mord angeheuert. Er fragte sich, ob Sir Robert sich dessen bewusst gewesen war.
    In Leamings Augen blitzte verbitterte Wut auf. »Aber so lasse ich nicht mit mir umspringen. Ich werde alles gestehen und den Baron, die Bank – alle –mit mir ins Verderben reißen.« Wie es schien, spielten moralische Erwägungen bei seiner Entscheidung keine Rolle. Was ihn antrieb, waren ausschließlich Angst und Rachsucht.
    »Ich habe schon mal von diesem Carnivore gehört«, sagte Simon vorsichtig. Leaming schien nichts von der Beziehung zwischen dem Carnivore und seiner Familie zu wissen. »Soweit ich mich erinnere, genoss er einen geradezu legendären Ruf. Aber da er inzwischen tot ist, kann er nicht der Mann sein, der Sie erpresst.«
    »Das ist richtig. Aber Ihr Vater war fest davon überzeugt, dass er sich Aufzeichnungen gemacht hat, die sich mittlerweile im Besitz des Erpressers befinden. Wie sonst hätte jemand auch herausfinden können, was Sir Robert getan hatte.«
    »Und was Sie getan haben.« Simon schaltete schnell, zog rasch seine Schlüsse. Nicht auszudenken! Der Carnivore hatte sich Aufzeichnungen gemacht. Das hieß, Namen sowie Zeit- und Ortsangaben von höchster Brisanz. Und möglicherweise nicht nur die Auftraggeber, sondern auch die Personen im Umfeld der Zielpersonen – Unschuldige ebenso wie Personen, die sich peinliche Kavaliersdelikte, die nicht publik werden sollten, oder schwerwiegende Straftaten bis hin zu Mord hatten zuschulden kommen lassen.
    In sachlichem Ton fuhr Simon fort: »Der Erpresser muss also im Besitz dieser Aufzeichnungen sein. Hatte mein Vater irgendwelche Vermutungen, wer das sein könnte?«
    Leaming schüttelte den Kopf. »Nein. Aber er glaubte zu wissen, wie dieser Dreckskerl sie sich beschafft hat.«
    Simon zog die Augenbrauen hoch. »Wie?«
    »Er bekam sie von der Frau des Carnivore. Anscheinend wusste Ihr Vater, wer sie war. Sie kam sechs Monate, bevor der Erpresser an ihn herantrat, bei einem Unfall ums Leben.«
    Tante Melanie. »Mein Vater dachte, sie hätte die Aufzeichnungen jemandem gegeben?«
    »Nein, jemand anderer aus ihrer Familie könnte sie an sich gebracht haben.

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