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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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einen Einkaufsbummel machten. Leaming schaute sich ängstlich um. Er wirkte wie ein verängstigtes Reh, das vor den Wölfen auf der Hut war.
    »Folgt Ihnen jemand? Werden Sie beschattet? Ist das der Grund für Ihr eigenartiges Verhalten?«
    Leaming nickte stumm, als fürchtete er sich, zu sprechen.
    Im Spiegel eines Schaufensters beobachtete Simon Bürgersteig und Straße. »Ich sehe niemand Verdächtigen.«
    »Sie sind aber hier.« Leamings Stimme hatte etwas Schicksalsergebenes. Er schien sich zu einem Entschluss durchzuringen. »Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, dass Sie für den MI6 arbeiten, Simon. Stimmt das?«
    Simon sah den beunruhigten Banker forschend an. Eine Grundregel beim Geheimdienst lautete, dass man niemandem, der nicht selbst beim Geheimdienst war, erzählte, dass man dazugehörte, allenfalls seinem Partner, und nicht einmal dem immer. Aber Simon fand auch, dass man manchmal gegen die Regeln verstoßen musste.
    »Ja, das stimmt. Aber mehr sage ich dazu nicht.«
    Leaming nickte nervös. »Natürlich.«
    »Also, was haben Sie für Probleme?«
    Sie näherten sich dem Paradeplatz mit den blau-weißen Zürcher Straßenbahnen, Kinderwagen schiebenden Kindermädchen, fotografierenden Touristen und mit Einkaufstüten bepackten Liebespaaren, die in der Sonne begeisterte, vom Einkaufen stimulierte Küsse austauschten. Die von Leaming vorgeschlagene Teestube war eine Oase der Ruhe. Sie nahmen an einem Tisch im Freien Platz, bestellten Tee – zarten Formosa Oolong für Leaming und kräftigen Lapsang Souchong für Simon – und warteten, bis sich die Bedienung entfernte.
    »Ich … ich habe gerade die erforderlichen Schritte eingeleitet, mein gesamtes Vermögen in Verwahrung zu geben«, gestand ihm Leaming. Seine Augen waren rot gerändert, müde. »Ich wollte eigentlich heute Nachmittag zur Polizei gehen, aber jetzt sind Sie aufgetaucht. Ich glaube, meine Bank will mir da etwas anhängen, und ich kann jeden Moment verhaftet werden. Oder Schlimmeres.«
    »Oder Schlimmeres?« Trotz allen Mitgefühls konnte Simon seine Ungeduld nur mühsam im Zaum halten. »Kein Wunder, dass Sie so beunruhigt sind. Wissen Sie was? Ich helfe Ihnen, sicher zur Polizei zu kommen, wenn Sie mir sagen, was Sie über den Tod meines Vaters wissen.«
    Leaming senkte den Blick auf die spitzenverzierte Tischdecke und nickte. »Danke. Vielen Dank. Was wollen Sie wissen?«
    »Beging er Selbstmord, weil er einmal einen Killer engagiert hat und deswegen erpresst wurde?«
    »So ist es leider.« Leaming blickte auf. »Sie können sich sicher denken, dass das nichts war, worauf er stolz war, aber er glaubte, keine andere Wahl zu haben. Er sagte mir einmal, er würde die Konsequenzen für diesen Schritt in dieser Welt und in der nächsten tragen. Und genau das tat er dann auch, als ihn die Vergangenheit schließlich einholte … als er damit erpresst wurde. Ein beeindruckender Mann, Ihr Vater.«
    Simons Brust schnürte sich zusammen. Er hatte keine andere Wahl gehabt? Unsinn. Einen Killer anzuheuern war eine Verlegenheitslösung für behördliche Missstände in Form von Vetternwirtschaft, Verantwortungslosigkeit und Korruption, die zu derart abscheulichen Verbrechen geradezu einluden.
    »Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem, was mein Vater getan hat, und Ihren Problemen?«
    Sie verstummten, als die Bedienung ihren Tee brachte.
    Sobald sie sich wieder entfernt hatte, rutschte Leaming auf seinem Stuhl nach vorn, probierte seinen Tee und ließ den Blick über den Paradeplatz wandern. »Was wissen Sie über die Darmond Bank?«
    »Altes Geld, alte gesellschaftliche Stellung, stiller Einfluss. Unglaublich exklusiv. Ich habe mal gelesen, dass ein potentieller Kunde mit weniger als einer Million Franken Kapital ein Konto eröffnen wollte. Er wurde von Ihrem Direktor abgewiesen und in einem Rolls-Royce zu einem Konkurrenzinstitut chauffiert.«
    Fast hätte Leaming gelächelt. »Diese Geschichte stimmt tatsächlich. Die Darmond Bank stellt sehr hohe finanzielle Anforderungen an ihre Kunden. Ich habe dreißig Jahre lang mit unserem Chef, Baron de Darmond, zusammengearbeitet und die Geldangelegenheiten der prominentesten Persönlichkeiten Europas geregelt.« Er ließ die Schultern hängen und fuhr flüsternd fort: »Was übrigens die Geschäfte angeht, die wir mit diesen Kunden abgewickelt haben … der Baron, die Bank und ich konnten nur mit knapper Not vermeiden, mit einigen der hässlichsten Finanzskandale der jüngsten Vergangenheit in Verbindung

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