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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Lynds
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Durcheinander war zu groß, um ihn aufzuhalten – zu viele Menschen, zu viele Straßenbahnen, zu viel Angst in den wenigen Händen, die nach ihm griffen.
    Der Mann mit dem Stock, der auf den ersten Ruf genauso hätte reagieren sollen wie der Rest der Menge, machte einen zweiten Fehler. Er blickte sich um. Sobald er sah, dass er verfolgt wurde, begann er zu laufen.
    Vor ihnen ragte der hohe Turm des Frauenmünsters in den blauen Alpenhimmel empor. An der dicht befahrenen Straße entlang rannte Simon auf die Limmat und die Münsterbrücke zu. Begleitet von einem wütenden Hupkonzert, flitzte der Killer plötzlich, Kotflügel streifend und reaktionsschnell wie ein Slalomfahrer, zwischen den Autos hindurch.
    Simon versuchte ihm zu folgen, aber zwei Radfahrer waren ihm im Weg. Er fiel ein Stück zurück, während der Killer bereits die andere Straßenseite erreicht hatte. Jetzt kannte Simon kein Halten mehr. Wild gegen Kotflügel schlagend, um die Autofahrer zu einem langsameren Tempo zu bewegen, sprintete er in einem hektischen Zickzackkurs über die Straße. Als er auf der anderen Straßenseite die Verfolgung wieder aufnahm, stieß er jeden, der ihm in die Quere kam, rücksichtslos beiseite und fiel fast über eine niedrige Steinmauer, als er in eine schmale Gasse bog und schwitzend in nördlicher Richtung weiterrannte.
    Der Killer war in hervorragender Verfassung. Er lief scheinbar völlig mühelos, mit langen Schritten. Aber auch Simon war kein schlechter Läufer. Er holte auf, und seine Lungen pumpten wie große Blasebälge. Er folgte dem Killer durch ein Gewirr enger Gassen, gesäumt von jahrhundertealten Häusern. Als der Mann um eine Ecke bog, folgte ihm Simon, doch plötzlich war der Kerl verschwunden.
    Er befand sich an einer Stelle, wo vier Gassen aufeinander trafen. Schwer atmend sah sich Simon um. In der offenen Tür eines Hauses lag eine Katze und leckte sich die Pfoten. Daneben saß ein alter Mann und rauchte Pfeife. Simon rannte auf ihn zu, riss seine Brieftasche heraus, zückte ein paar Euroscheine. Der Mann sah ihn ernst an. Dann streckte er langsam einen Finger aus und zeigte in eine Gasse, die eine starke Biegung machte.
    Simon warf dem Alten das Geld in den Schoß und lief weiter. Hinter der Biegung entdeckte er den Killer endlich wieder. Inzwischen hatte er jedoch einen deutlichen Vorsprung und rannte eine idyllische, von Erkern gesäumte Straße hinauf. Wegen der starken Steigung kam er jedoch inzwischen wesentlich langsamer voran. Aber wenigstens wusste Simon jetzt, wohin der Mann unterwegs war – zum Lindenhof. Das gefiel ihm gar nicht.
    Als der Killer oben ankam, blickte er sich erneut um. Überrascht zuckten seine Augenbrauen über den Rand seiner Sonnenbrille hoch. Dann zog er die Stirn in Falten. Mit frischen Kräften lief er federnd weiter und verschwand hinter der Kuppe.
    Jetzt endlich hatte Simon sein Gesicht zu sehen bekommen: lang gezogen, glatt rasiert, mit hängenden Backen und halblangem braunem Haar, das Ganze dominiert von einer Pilotenbrille.
    Mit schmerzenden Muskeln rannte Simon den Hügel hinauf, und auch ihn verließen die Kräfte, als er die Kuppe erreichte. Keuchend fiel er in einen langsamen Trab, um sich umzublicken. Vor ihm lag der baumbestandene grüne Park, aber der Killer war nirgendwo zu sehen. Auf einer Seite von alten Häusern gesäumt, lag hoch über der Stadt der Lindenhof mit seinem bei Spaziergängern und Liebespaaren gleichermaßen beliebten Panoramablick. Es handelte sich hier um den ältesten Teil Zürichs, das ursprünglich eine römische Grenzstation gewesen war.
    Weil es ein normaler Werktag war, waren nur wenige Leute da. Hinter einem Springbrunnen spielten zwei ältere Frauen auf einem mehrere Quadratmeter großen Feld Schach. Die Hände in die Seiten gestemmt, blickten sie auf die hüfthohen Figuren hinab, und streiften, alles um sich herum vergessend, um das Spielfeld.
    Simon wollte sich gerade an sie wenden, als er sah, wie sich etwas bewegte. Auf der anderen Seite der weiten Rasenfläche stand eine Gruppe von Linden, in deren Schatten eine dunkle Gestalt verschwand. Als in der Ferne Polizeisirenen ertönten, rannte Simon wieder los.
    Doch als er die Baumgruppe erreichte, war der Mann verschwunden. Währenddessen kamen die Sirenen näher und wurden lauter. Unten auf dem Paradeplatz mussten hunderte von Menschen Simon gesehen haben. Unter normalen Umständen wäre er zur Polizei gegangen und hätte sich ausgewiesen, damit sie mit Whitehall alles

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