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Der Nazi & der Friseur

Der Nazi & der Friseur

Titel: Der Nazi & der Friseur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Hilsenrath
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her.
    Teiresias Pappas kennst du? Klar, den kennst du. Unterhält sich gern mit mir: »Herr Finkelstein. Sehen Sie, dort! Das ist die griechische Küste! Und dort oben am Himmel, das sind keine Engel, das sind englische Flugzeuge, RAF ... Royal Air Force! Jawohl, wir haben die mexikanische Flagge gehißt! Ob die den Schwindel gemerkt haben? Noch nicht. Das sind auch nur Pünktchen, die Flugzeuge, nur Pünktchen. Aber passen Sie mal auf, Herr Finkelstein, wenn wir erst mal in die palä stinensischen Hoheitsgewässer einfahren ... dann werden die Pünktchen zu riesigen Vögeln ... und werden über uns kreisen ... aber keine Angst ... keine Angst, Herr Finkelstein ... der Teiresias Pappas hat sich einen großen Plan ausgedacht, um die Engländer zu täuschen ... den großartigsten illegalen Landungsplan aller Zeiten.«
    Und den Haganahkommandanten David Schapiro. Der hat rote Haare, einen roten Schnurrbart. Ließ sich bei mir den Schnurrbart stutzen. Kamen ins Gespräch: »Stimmt das, Herr Finkelstein ... daß Sie ... den Massenmörder Max Schulz gekannt haben? Man erzählt sich das hier auf der ›Exitus‹!«
    »Das stimmt, Herr Haganahkommandant!«
    »Was war das für ein Kerl?«
    Ich sagte: »Ein Rattenfänger mit Dachschaden.«
    David Shapiro nickte, sagte dann: »Den fangen wir eines Tages. Jüdische Agenten! Eines Tages! Und den bringen wir nach Jerusalem! Und den hängen wir an den höchsten Baum!«
    Ich fragte: »Gibt es dort hohe Bäume?«
    »Klar gibt es dort hohe Bäume«, sagte David Schapiro .
    Ja. Das ist David Schapiro. Ein Riesenkerl, Brustkorb wie ein Gorilla, Hände wie ein Fleischer, behaart mit roten Härchen bis zu den Fingernägeln, zwei Augen stahlhart und blau wie der Himmel. Läuft hier an Deck mit vier Revolvern herum, zwei links, zwei rechts ... die baumeln kurz überm Knie ... geladen ... der Schrecken der Mannschaft.
    Einmal sagte er zu mir: »Herr Finkelstein. Wenn der Max Schulz in meine Hände fallen sollte, dann zerfleisch' ich ihn persönlich. Bei lebendigem Leibe. Den hack' ich in tausend Stücke ... für die Schakale zum Fraß.«
    Ich habe ihn gefragt: »Gibt's dort Schakale?«
    »Klar gibt's dort Schakale«, sagte David Schapiro.
    »Und was wird aus den hohen Bäumen? Oder dem hohen Baum? In Jerusalem? Dort, wo der Max Schulz hängen soll ... ich meine ... wenn Sie ihn vorher persönlich zerfleischen?«
    »Dann zum Teufel mit dem hohen Baum«, sagte David Schapiro.
    Das ist David Schapiro. Und der hat mich auch in sein Herz geschlossen.
    Amtsgerichtsrat Wolfgang Richter ist jeden Morgen mein erster Kunde. Ein kleiner Amtsrichter.
    Amtsgerichtsrat Wolfgang Richter ist Jude. Alteinge sessener deutscher Jude. Sieht allerdings wie Churchill aus: fetter Schädel, Kahlkopf ... ebenfalls Raucher .... Zigarrenraucher. Er spricht allerdings nur deutsch. Ein Deutscher durch und durch, obwohl er Jude ist und wie Churchill aussieht. Sein Seelengeruch ist anders als mei ner und der der anderen Juden hier auf der ›Exitus‹. Die Seele des Amtsgerichtsrats Wolfgang Richter riecht nach Bier. Ja, lieber Itzig: Bier, Stammtisch, Kartoffelklöße und Sauerkraut.
    Ich hab dir doch erzählt, lieber Itzig, daß ich hier, auf der ›Exitus‹, prinzipiell nicht rasiere. Aus Zeitmangel. Nur Schädel rasier' ich. Aber Schädelrasur gehört ja ins Gebiet des Haarschnitts. Nun ja, lieber Itzig. Beim Amtsgerichtsrat Wolf gang Richter mach ich 'ne Ausnah me. Dem rasier' ich nicht nur den Flaum auf der Glatze, dem rasier' ich auch die Bartstoppeln weg. Warum ich bei dem 'ne Ausnahme mache? Ich weiß nicht warum.
    Wie gesagt: immer mein erster Kunde. Der ist pünkt lich wie 'ne Uhr. Den rasier' ich sogar vor dem Frühstück. Will das so haben. Ja, lieber Itzig. Der Richter wird von mir frühmorgens bei Sonnenaufgang eingeseift. Wenn sich der Himmel erhellt, wenn die Fische Purzelbäume schlagen im ersten Licht, wenn der Mund der Morgenstunde sich mit Gold anfüllt, dann seif ich den Richter ein, kümmere mich nicht drum, daß er, der Richter, ein Nickerchen macht - denn das macht er immer, wenn ich ihn einseife - kümmere mich gar nicht drum, sondern mache meine Arbeit, unverdrossen und zufrieden.
    Der Richter wacht dann gewöhnlich erst auf, wenn ich mit dem Einseifen fertig bin und mit dem Rasiermesser zu kratzen anfange ... wacht auf, der Richter, blinzelt, guckt aufs Meer, das sich mittlerweile blutrot gefärbt hat, und sagt:»Schön ... was ... Herr Finkelstein?«
    »Ja«, sage ich dann, »Herr

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