Der Nebel weicht
uns zu nehmen? Wenn wir uns zu Hütern von Planeten machen, sind wir dann besser als Grunewald – blinde Kausalität, gleichgültige Grausamkeit des Zufalls, das wilde Mahlen in seinem armen, verrückten Kopf?)
„Auf diese Weise würden wir unserem Schicksal nicht gerecht“, erklärte er ihr. „Wir wären vielmehr vorsichtige Lenker, unbekannt und unsichtbar, Hüter der Freiheit, anstatt selbstherrlich unseren Willen durchzusetzen. Wahrscheinlich ist das die einzige Aufgabe, wert, von unserer neuen Zivilisation nach ihrem Aufbau geleistet zu werden.“
O wunderbare Bestimmung, glorreiche Zukunft! Warum bin ich dann so traurig? Und da sind immer noch die ungeweinten Tränen.
Sie sagte, was gesagt werden mußte. „Sheila wurde vor ein paar Tagen entlassen.“ Ich weine für dich, mein armer Liebling.
„Ja“, nickte er. „Ich habe es gesehen.“ (Sie rannte hinaus wie ein kleines Mädchen und streckte ihre Hände lachend der Sonne entgegen.)
„Sie hat ihre Antwort gefunden. Du mußt deine noch finden.“
Seine Gedanken wanderten zurück. „Sie wußte nicht, daß ich sie beobachtete.“ Es war ein kalter, heller Morgen. Ein rotes Ahornblatt verfing sich in ihrem Haar. Früher hat sie oft für mich Blumen im Haar getragen. „Sie fängt schon an, mich zu vergessen.“
„Du hast Kearnes gebeten, ihr dabei zu helfen“, erwiderte sie. „Das war das Tapferste, was du je getan hast. Man braucht Mut, um freundlich zu sein. Aber bist du jetzt stark genug, freundlich zu dir selbst zu sein?“
„Nein“, antwortete er. „Ich will nicht aufhören, sie zu lieben. Es tut mir leid, Helga.“
„Man wird Sheila überwachen“, sagte Helga. „Sie wird es nicht bemerken, aber die Beobachter werden ihre Wanderung leiten. Es gibt da eine vielversprechende Schwachsinnigenkolonie – Qual – im Norden der Stadt. Wir helfen ihnen seit kurzem, ohne daß sie es ahnen. Ihr Führer ist ein guter Mann, stark und freundlich. Sheilas Blut wird der Sauerteig ihrer Rasse sein. Corinth schwieg.
„Pete, jetzt mußt du dir selbst helfen“, sagte sie drängend. „Nein“, sagte er. „Aber auch du kannst dich verändern, wenn du willst, Helga. Du kannst dich von mir lösen.“
„Nicht, wenn du mich brauchst, es weißt und dich immer noch an ein totes Symbol klammerst“, entgegnete sie. „Pete, jetzt bist du es, der sich dem Leben nicht stellt.“
Ein langes Schweigen folgte, nur das Meer und der Wind sprachen. Der Mond näherte sich dem Horizont, sein Schein fiel ihnen in die Augen, und Corinth wandte sein Gesicht ab. Dann erschauerte er und straffte die Schultern.
„Hilf mir!“ sagte er und ergriff ihre Hände. „Ich schaffe es nicht allein. Hilf mir, Helga.“
Es gibt keine Worte dafür. Es wird nie Worte dafür geben.
Ihr Geist, ihr Denken, traf sich, floß zusammen, unterstützte sich gegenseitig, und auf eine völlig neue, nie gekannte Weise hatte der eine an der Kraft und Stärke des anderen teil, und so kämpften sie und befreiten sich von dem, was vorgegangen war.
Zu lieben, zu ehren und zu sorgen, bis daß der Tod uns scheidet.
Es war eine alte Geschichte, dachte Helga, während der Ozean rauschte. Es war die älteste und schönste Geschichte der Welt, deshalb hatte sie auch das Recht auf eine alte Sprache. Das Meer und die Sterne und – ja, sogar ein voller, strahlender Mond.
21
Wieder Herbst – und Winter in der Luft. Die herabgefallenen Blätter lagen in Haufen unter den kahlen, dunklen Bäumen und fuhren mit jedem Windstoß raschelnd über den Boden. Im Wald hatten sich nur ein paar Farbtupfer gehalten: Gelb, Bronze oder Violett vor einem grauen Hintergrund. Am Himmel zogen die Wildgänse in großen Schwärmen nach Süden. Es war mehr Leben im Himmel, dieses Jahr – weniger Jäger, überlegte Brock.
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