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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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schnei­den­den Ton: „Das Pro­blem mit euch, mit euch al­len ist, daß ihr auf die ei­ne oder an­de­re Wei­se Angst da­vor habt, euch dem Le­ben zu stel­len. An­statt zu ver­su­chen, die Zu­kunft zu ge­stal­ten, woll­tet ihr zu­rück in ei­ne Ver­gan­gen­heit, die be­reits mehr als ei­ne Mil­li­on Jah­re hin­ter uns liegt. Ihr habt eu­re al­ten Il­lu­sio­nen ver­lo­ren und seid un­fä­hig, euch et­was Neu­es und Bes­se­res auf­zu­bau­en.“
    „Ein­schließ­lich des ame­ri­ka­ni­schen Fort­schritts­wahns“, schnapp­te der Chi­ne­se.
    „Wer hat ir­gend et­was da­von ge­sagt? Auch das ist ver­ges­sen, über­hol­ter Ge­schichts­müll – ein wei­te­res Schlag­wort, das sei­ne Wur­zeln in Dumm­heit, Gier und Selbst­ge­fäl­lig­keit hat. Si­cher, un­se­re Ver­gan­gen­heit wur­de uns voll­stän­dig ge­nom­men. Si­cher, es ist schreck­lich, so nackt, bloß und ein­sam zu sein. Aber glaubt ihr denn, daß es dem Men­schen un­mög­lich ist, ei­ne neue Ba­lan­ce zu er­rei­chen? Glaubt ihr, daß wir kei­ne neue Kul­tur auf­bau­en kön­nen, mit ei­ge­ner Schön­heit, ei­ge­nen Freu­den und Träu­men, jetzt, nach­dem wir aus dem al­ten Ko­kon ge­bro­chen sind? Und glaubt ihr wirk­lich, daß Men­schen – Men­schen, mit Kraft und Hoff­nung in sich, al­le Völ­ker über­all auf der Welt – zu­rück wol­len? Ich sa­ge euch, sie wol­len es nicht. Al­lein der Um­stand, daß ihr das hier im ge­hei­men ver­sucht habt, zeigt, daß auch ihr das wißt.
    Was hat­te die al­te Welt neun­zig Pro­zent der mensch­li­chen Ras­se zu bie­ten? Müh­sal, Igno­ranz, Krank­heit, Krieg, Un­ter­drückung, Not, Furcht – von der schmut­zi­gen Ge­burt bis zum er­bärm­li­chen Grab. Falls man in ei­nem glück­li­chen Land ge­bo­ren wur­de, konn­te man sich täg­lich den Bauch fül­len und hat­te ein paar glit­zern­de Spiel­zeu­ge, aber kei­ne Hoff­nun­gen, kei­ne Vi­sio­nen, kei­nen Le­bens­zweck und kei­ne Zie­le. Die Tat­sa­che, daß ei­ne Zi­vi­li­sa­ti­on nach der an­de­ren zer­fiel, zeigt, daß wir nicht für sie ge­schaf­fen wa­ren; von Na­tur aus wa­ren wir Wil­de. Jetzt ha­ben wir die Chan­ce, die­sen Kreis­lauf hin­ter uns zu las­sen und wo­an­ders hin zu ge­hen. Nie­mand weiß, wo, kann es nicht ein­mal erah­nen – aber uns wur­den die Au­gen ge­öff­net, und ihr woll­tet sie wie­der schlie­ßen!“
    Man­del­baum brach ab, seufz­te und wand­te sich an sei­ne Hel­fer. „Bringt sie weg“, sag­te er.
    Die Ver­schwö­rer­grup­pe wur­de auf das Floß ge­führt – sanft und freund­lich, es gab kei­nen Grund für Här­te oder Bos­heit. Man­del­baum be­ob­ach­te­te, wie das Floß lang­sam in das Ster­nen­schiff em­por­schweb­te. Dann wand­te er sich dem läng­li­chen Me­tall­ge­bil­de auf dem Bo­den zu.
    „Was für ei­ne he­ro­i­sche Tat“, mur­mel­te er und schüt­tel­te den Kopf. „Ver­geb­lich, aber he­ro­isch. Es sind gu­te Män­ner. Ich hof­fe, es dau­ert nicht all­zu­lan­ge, sie zu hei­len.“
    Co­rinth grins­te schief. „Na­tür­lich sind wir ab­so­lut im Recht“, sag­te er.
    Man­del­baum ki­cher­te. „Tut mir leid, daß ich einen Vor­trag ge­hal­ten ha­be“, er­wi­der­te er. „Die al­ten Ge­wohn­hei­ten sind noch zu stark – die Fak­ten müs­sen mo­ra­lisch be­wer­tet wer­den … Na ja, wir, die Men­schen, soll­ten das bald über­wun­den ha­ben.“
    Der Phy­si­ker wur­de ernst. „Man muß ir­gend­ei­ne Mo­ral ha­ben“, mein­te er.
    „Si­cher, in der Wei­se, daß man letzt­lich ein Mo­tiv für al­les ha­ben muß, was man tut. Trotz­dem glau­be ich, daß wir die Art von bla­sier­tem, heuch­le­ri­schem Co­de hin­ter uns ge­las­sen ha­ben, der zu Kreuz­zü­gen, ver­brann­ten Ket­zern und Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern führ­te. Wir brau­chen mehr per­sön­li­che und we­ni­ger öf­fent­li­che Eh­re.“
    Man­del­baum gähn­te und streck­te sei­ne drah­ti­ge Ge­stalt, bis die Kno­chen zu knacken schie­nen. „Ein lan­ger Ritt und nicht ein­mal ei­ne rich­ti­ge Schie­ße­rei am En­de“, sag­te er. Das Floß sank au­to­ma­tisch wie­der auf den Bo­den zu­rück. „Ich ge­he schla­fen. Wir kön­nen uns den Schrott­hau­fen mor­gen früh an­se­hen. Kommst du

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