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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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und stopf­te sei­ne Pfei­fe.
    „Wenn ei­ne Welt um mich her­um aus­ein­an­der­bricht? Sieh mal, Pe­te, das tut sie schon, so­lan­ge ich mich er­in­nern kann. In die­ser Ge­schich­te ha­ben die Waf­fen bis­her ge­schwie­gen.“
    „Viel­leicht än­dert sich das bald.“ Co­rinth er­hob sich und blick­te zum Fens­ter hin­aus, die Hän­de auf dem Rücken ver­schränkt und die Schul­tern ge­senkt. „Ist dir nicht klar, Fe­lix, daß die­ser neue Fak­tor – falls wir ihn über­le­ben – die Grund­la­gen des mensch­li­chen Le­bens völ­lig ver­än­dert? Un­se­re Ge­sell­schaft ist von und für ei­ne Art von Men­schen ge­baut wor­den. Jetzt be­ginnt der Mensch selbst sich zu än­dern.“
    „Das be­zweifle ich.“ Das Ge­räusch des Streich­hol­zes, das Man­del­baum an sei­ner Schuh­soh­le ent­zün­de­te, stand laut im Raum. „Wir blei­ben noch im­mer das glei­che al­te Tier.“
    „Wie groß war dein In­tel­li­genz­quo­ti­ent vor der Än­de­rung?“
    „Kei­ne Ah­nung.“
    „Hast du dich nie ei­nem In­tel­li­genz­test un­ter­zo­gen?“
    „Doch, ich ha­be ei­ni­ge mit­ma­chen müs­sen, wenn ich mich um Jobs be­wor­ben ha­be, aber ich war nie neu­gie­rig ge­nug, mich nach dem Er­geb­nis zu er­kun­di­gen. Was ist ein IQ schon mehr als ei­ne be­lie­bi­ge Zahl?“
    „Selbst­ver­ständ­lich be­deu­tet er mehr. Er kenn­zeich­net die Fä­hig­keit, In­for­ma­tio­nen zu ver­ar­bei­ten, Ab­strak­tio­nen zu er­fas­sen und …“
    „Rich­tig, aber nur un­ter der Vor­aus­set­zung, daß man selbst An­ge­hö­ri­ger der kau­ka­si­schen Ras­se und der west­eu­ro­pä­isch­ame­ri­ka­ni­schen Zi­vi­li­sa­ti­on ist und so wei­ter. Das sind näm­lich die Leu­te, für die die­ser Test ent­wor­fen wur­de, Pe­te. Ein Busch­mann aus der Ka­la­ha­ri wür­de la­chen, wenn er wüß­te, daß die Fä­hig­keit, über­all Was­ser zu fin­den, nicht be­rück­sich­tigt wird. Für ihn ist das wich­ti­ger als die Fä­hig­keit, mit Zah­len zu jonglie­ren. Ich un­ter­schät­ze den lo­gi­schen und vi­su­el­len Aspekt ei­ner Per­sön­lich­keit kei­nes­wegs, aber an­de­rer­seits tei­le ich Ih­ren rüh­ren­den Wun­der­glau­ben durch­aus nicht. Der Wert ei­nes Men­schen hängt nicht nur da­von ab, und ein Au­to­me­cha­ni­ker ist viel­leicht ein bes­se­rer Über­le­bens­typ als ein Ma­the­ma­ti­ker.“
    „Über­le­ben – un­ter wel­chen Be­din­gun­gen?“
    „Un­ter al­len, die du dir vor­stel­len kannst. An­pas­sungs­fä­hig­keit, ra­sches Re­ak­ti­ons­ver­mö­gen und Zä­hig­keit – das sind die Ei­gen­schaf­ten, die am meis­ten zäh­len.“
    „Freund­lich­keit be­deu­tet auch et­was“, warf Sa­rah schüch­tern ein.
    „Das ist rei­ner Lu­xus, furchte ich, ob­wohl uns na­tür­lich erst die­se Ei­gen­schaf­ten, die im Grun­de ge­nom­men über­flüs­sig sind, zu Men­schen ma­chen“, ant­wor­te­te Man­del­baum. „Freund­lich­keit wem ge­gen­über? Manch­mal muß man ein­fach um sich schla­gen. Es gibt Krie­ge, die not­wen­dig sind.“
    „Sie müß­ten es aber nicht sein, wenn die Men­schen in­tel­li­gen­ter wä­ren“, warf Co­rinth ein. „Wir hät­ten den Zwei­ten Welt­krieg nicht zu füh­ren brau­chen, wenn Hit­ler an der Be­set­zung des Rhein­lan­des ge­hin­dert wor­den wä­re. Da­mals hät­te ei­ne Di­vi­si­on ge­nügt, um ihn in Schach zu hal­ten. Aber die Po­li­ti­ker wa­ren ein­fach zu dumm, um vor­aus­zu­se­hen, daß er …“
    „Nein“, un­ter­brach Man­del­baum ihn. „Es gab nur ei­ni­ge Grün­de, aus de­nen es nicht an­ge­bracht er­schi­en, die­se Di­vi­si­on wirk­lich zu schi­cken. Und neun­und­neun­zig Pro­zent al­ler Men­schen wäh­len not­falls nicht die rich­ti­ge, son­dern die be­quems­te Lö­sung – selbst wenn sie durch­aus in­tel­li­gent sind – und re­den sich an­schlie­ßend ein, sie brauch­ten die Kon­se­quen­zen ir­gend­wie nicht selbst er­tra­gen. Das ist ein­fach ein ty­pisch mensch­li­cher Zug. Die Welt wird so sehr von Haß und Aber­glau­ben be­herrscht, wäh­rend zur glei­chen Zeit so vie­le Men­schen die­sen Er­schei­nun­gen ‚to­le­rant’ oder ‚groß­zü­gig’ ge­gen­über­ste­hen, daß es wirk­lich ein Wun­der

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