Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
Rau­chen auf­zu­trei­ben. Er hoff­te, daß die Welt bald wie­der nor­mal funk­tio­nie­ren wür­de, aber das schi­en mit je­dem Tag un­wahr­schein­li­cher. Was ge­sch­ah au­ßer­halb der Stadt? Ein paar Ra­dio­sta­tio­nen, kom­mer­zi­el­le und von Ama­teu­ren be­trie­be­ne, hiel­ten ein grob­ma­schi­ges Nach­rich­ten­netz über West­eu­ro­pa, den bei­den Ame­ri­kas und dem Pa­zi­fik auf­recht, aber der Rest des Pla­ne­ten schi­en von Dun­kel­heit ver­schlun­gen – hin und wie­der ein Be­richt über Aus­brü­che von Ge­walt, wie ein Blitz in der Nacht, und dann nichts mehr.
    Man­del­baum hat­te ihm ges­tern ge­ra­ten, auf der Hut zu sein. Missio­na­re des Drit­ten Baal wa­ren trotz al­ler Vor­keh­run­gen in die Stadt ein­ge­drun­gen und fan­den über­all An­hän­ger. Tau­sen­de ström­ten ih­nen zu. Die neue Re­li­gi­on war rein or­gas­tisch-ek­sta­tisch und pfleg­te einen mör­de­ri­schen Haß ge­gen Lo­gik, Wis­sen­schaft und jeg­li­che Ra­tio­na­li­tät – man muß­te mit Är­ger rech­nen.
    Co­rinth schritt durch Kor­ri­do­re, die düs­te­re Tun­nel wa­ren. Elek­tri­zi­tät muß­te streng ra­tio­niert wer­den; nur ein paar Kraft­wer­ke, von Frei­wil­li­gen be­trie­ben, ar­bei­te­ten noch. Der Lift­be­trieb wur­de bei Son­nen­un­ter­gang ein­ge­stellt, und er ging die sie­ben Stock­wer­ke bis zum Erd­ge­schoß zu Fuß. Die Ein­sam­keit be­drück­te ihn, und als er Licht in Hel­gas Bü­ro sah, blieb er ver­blüfft ste­hen und klopf­te dann.
    „Her­ein!“
    Er öff­ne­te die Tür. Sie saß hin­ter ei­nem mit Pa­pie­ren über­sä­ten Tisch und schrieb an ei­ner Art Lis­te. Die Sym­bo­le, die sie ver­wen­de­te, wa­ren ihm fremd, wahr­schein­lich von ihr selbst er­fun­den und ef­fi­zi­en­ter als die üb­li­chen. Sie sah noch im­mer hübsch aus, aber ei­ne tie­fe Mü­dig­keit trüb­te ih­re Au­gen.
    „Hal­lo, Pe­te“, sag­te sie. Ihr Lä­cheln war mü­de, aber warm. „Wie geht es dir?“
    Co­rinth sag­te zwei Wor­te und mach­te drei Ges­ten; sie er­setz­te den Rest durch Lo­gik und ih­re Kennt­nis sei­ner al­ten Re­de­ge­wohn­hei­ten: (Oh, ganz gut. Aber du … ich dach­te, Fe­lix hat dich ko­op­tiert, da­mit du ihm da­bei hilfst, daß sei­ne neue Re­gie­rung schnell in Gang kommt.)
    (Das stimmt) deu­te­te sie an. (Aber ich füh­le mich hier mehr zu Hau­se, und ich kann einen Teil mei­ner Ar­beit ge­nau­so­gut hier er­le­di­gen. Üb­ri­gens, wer macht jetzt mei­ne frü­he­re Ar­beit?)
    (Bil­ly Saun­ders – zehn Jah­re alt, aber ein pfif­fi­ger Bur­sche. Trotz­dem soll­ten wir uns viel­leicht um einen Schwach­sin­ni­gen be­mü­hen. Die kör­per­li­che An­stren­gung könn­te für ein Kind zu groß sein.)
    (Das be­zweifle ich. Es gibt ei­gent­lich nicht viel zu tun. Ihr Jun­gens ar­bei­tet seit der Ver­än­de­rung präch­tig zu­sam­men – ganz im Ge­gen­satz zum Rest der Welt!)
    „Ich weiß nicht, ob es si­cher ist, wenn du dich so weit von dei­ner Woh­nung ent­f­ernst.“ Co­rinth wech­sel­te un­ru­hig von ei­nem Fuß auf den an­de­ren. „Weißt du was, ich bring dich nach Hau­se.“
    „Un­nö­tig.“ Sie sprach mit ei­ner ge­wis­sen Schär­fe in der Stim­me, und Co­rinth er­kann­te, daß sie ihn lieb­te.
    Und all un­se­re Ge­füh­le ha­ben sich in­ten­si­viert. Mir war nie zu­vor so klar, wie stark das Ge­fühls­le­ben des Men­schen von sei­nem Ge­hirn ab­hän­gig ist, wie­viel prä­zi­ser er­fühlt als ir­gend­ein an­de­res Tier.
    „Setz dich doch“, lud sie ihn ein und lehn­te sich in ih­rem Sitz zu­rück. „Ruh dich ei­ne Mi­nu­te aus.“
    Er lä­chel­te mü­de und ließ sich in den an­ge­bo­te­nen Ses­sel fal­len. „Jetzt fehlt nur noch ein Bier“, mur­mel­te er. (Es wä­re so wie in den al­ten Zei­ten.)
    „Die al­ten Zei­ten … die ver­lo­re­ne Un­schuld. Wir wer­den ih­nen im­mer nach­trau­ern, nicht? In un­se­rer Blind­heit wer­den wir mit ei­ner Sehn­sucht auf sie zu­rück­bli­cken, die die neue Ge­ne­ra­ti­on ein­fach nicht be­grei­fen wird.“ Sanft schlug sie mit der Faust auf den Tisch. Das Licht schim­mer­te gol­den in ih­rem Haar.
    „Wie geht es mit dei­ner Ar­beit vor­an?“ er­kun­dig­te sie sich nach ei­nem

Weitere Kostenlose Bücher