Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
Bes­se­res ein­fiel.
    „Mir ist kalt.“ Ih­re Lip­pen zit­ter­ten.
    Sein Mund wur­de zu ei­ner har­ten Li­nie, er setz­te sich in sei­nen Lehn­stuhl und zog sie auf sei­nen Schoß. Sie leg­te die Ar­me um ihn und zog ihn an sich; er spür­te, wie sie in­ner­lich beb­te.
    „Das ist schlimm“, sag­te er, „der schlimms­te An­fall, den du bis­her hat­test.“
    „Ich weiß nicht, was ich ge­tan hät­te, wenn du nicht bald ge­kom­men wärst“, sag­te sie ton­los.
    Dann fin­gen sie an, in der neu­en Ver­men­gung von Wort und Ges­te, Be­to­nung und Schwei­gen auf der Grund­la­ge der nur ih­nen ge­mein­sa­men Er­in­ne­run­gen zu re­den.
    „Ich ha­be zu­viel ge­dacht“, er­klär­te sie. „Wir den­ken mo­men­tan al­le zu­viel.“ (Hilf mir, Lieb­ling! Ich ver­sin­ke in Dun­kel­heit, und nur du kannst mich ret­ten.)
    „Du mußt dich dar­an ge­wöh­nen“, er­wi­der­te er. (Wie kann ich dir nur hel­fen? Ich grei­fe nach dir und fas­se ins Lee­re.)
    „Du bist stark …“ schrie sie auf. „Gib mir von dei­ner Kraft!“ (Alp­träu­me, je­des­mal, wenn ich ver­su­che zu schla­fen. Wenn ich auf­wa­che, er­schei­nen mir die Welt und die Men­schen als er­bärm­li­ches Fla­ckern in ei­nem kal­ten Nichts, das leer ist, bis zum Rand der Un­end­lich­keit. Ich kann die­se Vor­stel­lung nicht er­tra­gen.)
    Mü­dig­keit, Hoff­nungs­lo­sig­keit: „Ich bin nicht stark“, sag­te er. „Ich ma­che ein­fach nur ir­gend­wie wei­ter. Das glei­che mußt du auch ver­su­chen.“
    „Halt mich fest, Pe­te“ – Va­ter­bild – „halt mich fest“, wim­mer­te sie. Sie preß­te sich an ihn, als sei er ein Schild ge­gen die Schwär­ze drau­ßen und die Dun­kel­heit im In­nern und die Din­ge, die sich aus ihr er­ho­ben: „Laß mich nie im Stich!“
    „Shei­la“, sag­te er. (Mein Lieb­ling: Frau, Ge­lieb­te, Part­ne­rin, Ka­me­ra­din.) „Shei­la, du mußt ein­fach wei­ter­ma­chen. All das ist nur ei­ne er­höh­te Denk­fä­hig­keit die Mög­lich­keit, die Din­ge kla­rer zu se­hen, In­for­ma­tio­nen und die Träu­me, die du selbst er­schaf­fen hast, zu hand­ha­ben. Nicht mehr.“
    „Aber es ver­än­dert mich!“ Die Angst vor dem Tod sprach jetzt aus ihr. Sie be­kämpf­te sie mit ei­ner Art Nach­denk­lich­keit: „… und wo­hin ist un­se­re Welt ge­gan­gen? Wo sind un­se­re Hoff­nun­gen und Plä­ne, un­se­re Ge­mein­schaft?“
    „Wir kön­nen sie nicht zu­rück­ho­len“, ant­wor­te­te er. Un­wi­der­ruf­li­che Lee­re: „Wir müs­sen mit dem zu­recht­kom­men, was wir jetzt ha­ben.“
    „Ich weiß, ich weiß – und ich kann es nicht!“ Trä­nen roll­ten über ih­re Wan­gen. „Oh, Pe­te, ich wei­ne jetzt mehr um dich“ -(Viel­leicht wer­de ich dich so­gar nicht mehr lie­ben kön­nen.) – „als um mich.“
    Er ver­such­te ru­hig zu blei­ben. „Ein zu großes Zu­rück­wei­chen vor der Wirk­lich­keit be­deu­tet Wahn­sinn. Wenn das pas­siert …“ Ei­ne Un­denk­bar­keit.
    „Ich weiß, ich weiß“, sag­te sie. „Nur zu gut, Pe­te. Halt mich fest.“
    „Und es hilft dir nicht, daß du es weißt …“ sag­te er und frag­te sich, wo die Be­las­tungs­gren­ze des Men­schen lag. Er war na­he dar­an nach­zu­ge­ben.

 
11
     
    Der Som­mer ver­ging, als sich der Pla­net dem Win­ter zu­dreh­te. An ei­nem war­men Abend, spät im Sep­tem­ber, saß Man­del­baum mit Ross­man am Fens­ter und tausch­te ei­ni­ge lei­se Wor­te mit ihm aus. Der Raum war un­be­leuch­tet, er­füllt von Nacht. Weit un­ter ih­nen schim­mer­te Man­hat­tan in strah­len­den Leucht­punk­ten – nicht in dem be­ses­se­nen Glit­zern und Blit­zen frü­he­rer Ta­ge, son­dern nur mit den Lich­tern aus ei­ner Mil­li­on Woh­nun­gen. Über ih­nen stand fla­ckernd, glim­mend und kaum wahr­nehm­bar ein ver­wisch­tes blau­es Leuch­ten am Him­mel. Das Em­pi­re State Buil­ding wur­de von ei­ner strah­len­den Ku­gel ge­krönt, wie von ei­ner klei­nen Son­ne, die sich dort aus­ruh­te, und die Luft brach­te einen fei­nen Hauch von Ozon mit sich.
    Die bei­den Män­ner sa­ßen schwei­gend und ent­spannt in ih­ren Ses­seln; sie rauch­ten, es gab nun end­lich wie­der Ta­bak in klei­nen Men­gen. Man­del­baums Pfei­fe und Ross­mans Zi­ga­ret­te

Weitere Kostenlose Bücher