Der Nebel weicht
leuchteten wie zwei rote Augen im Halbdunkel auf. Sie warteten auf den Tod.
„Frau“, sagte Rossman im Tonfall leichten Tadels, was meinte: (Ich begreife immer noch nicht, warum Sie Ihrer Frau nichts davon gesagt haben und diese Nacht nicht bei ihr sind. Es könnte die letzte Nacht Ihres Lebens sein.) „Arbeit, Stadt, Zeit.“ Das immer noch lebendige Schulterzucken und ein nachdenklicher Tonfall: (Wir haben beide unsere Arbeit, sie im Entlastungszentrum, ich in der Verteidigungszentrale. Wir haben es ja auch dem Rest der Stadt nicht gesagt, Sie und ich und die paar anderen, die es wissen. Es ist besser so, oder?) Wir konnten sie nicht evakuieren, sie können nirgendwohin, und schon der Versuch wäre ein Hinweis für den Feind gewesen, eine Einladung, die Raketen sofort abzuschießen. Entweder können wir die Stadt retten oder nicht; im Augenblick können wir nur warten und hoffen, daß die Verteidigung funktioniert. (Ich wollte Sarah nicht beunruhigen, sie würde sich Sorgen um mich, um die Kinder und unsere Enkel machen. Nein, es muß eben passieren, so oder so. Es wäre mir natürlich lieber, wir könnten Zusammensein, Sarah und ich, die ganze Familie …) Mandelbaum drückte mit seinen schwieligen Daumen den Tabak fester in die Pfeife.
(Die Brookhavener glauben, daß das Feld den Explosionsdruck und die Strahlung aufhalten wird), bedeutete Rossman. Wir haben sie den vergangenen Monat im geheimen daran arbeiten lassen, da wir mit einem Angriff rechnen. Die Städte, von denen wir glauben, daß sie angegriffen werden, sind jetzt geschützt – hoffentlich. (Aber es ist problematisch, mir wäre es lieber, wenn wir eine andere Möglichkeit hätten.)
„Welche?“ Wir wissen durch unsere Spione und durch Schlußfolgerungen, daß die Sowjets ihre Interkontinentalraketen weiterentwickelt haben und daß sie verzweifelt sind. Aufstände zu Haus, Waffen und Hilfsmittel für die Rebellen werden aus Amerika eingeschmuggelt. Sie werden einen letzten Versuch unternehmen, uns auszulöschen, und wir gehen davon aus, daß der Angriff heute nacht erfolgen wird. Aber wenn der fehlschlägt, haben sie ihr Pulver verschossen. Es muß ihre letzten Reserven verschlungen haben, diese Raketen zu entwickeln und zu bauen.
„Laß sie sich im Kampf gegen uns erschöpfen, während die Rebellen ihr Land übernehmen. Diktaturen sind überlebt.“
„Aber was wird an ihre Stelle treten?“
„Das weiß ich nicht. Die Raketen, auf die wir jetzt warten, sind meiner Meinung nach das letzte Aufbäumen des primitiven Menschen. Haben Sie nicht das zwanzigste Jahrhundert einmal als die Ära der schlechten Manieren bezeichnet? Bisher waren wir alle dumm – unglaublich dumm! Aber das verschwindet jetzt alles.“
„Und hinterläßt … nichts.“ Rossman zündete sich eine weitere Zigarette am Stummel der anderen an. Das kurze rote Aufleuchten ließ sein feingeschnittenes Gesicht scharf aus der Dunkelheit hervortreten.
„O ja“, fuhr er fort, „die Zukunft wird keine Ähnlichkeit mit der Vergangenheit haben. Wahrscheinlich wird es immer noch eine Gesellschaft – oder Gesellschaften – geben, aber sie werden nicht von der Art sein, wie wir sie bisher kennen. Vielleicht wird es sich um rein abstrakte, geistige Gebilde handeln – Interaktion auf symbolischer, Ebene. Trotzdem können sich aus unseren neuen Fähigkeiten bessere oder schlechtere Gesellschaftsformen entwickeln, und ich glaube, daß die schlechteren sich durchsetzen werden.“
„Hm“, Mandelbaum zog kräftig an seiner Pfeife. „Abgesehen von dem Umstand, daß wir wieder bei Null anfangen müssen und daher Fehler unvermeidbar sind – warum sollte das notwendigerweise
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