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Der Nebelkönig (German Edition)

Der Nebelkönig (German Edition)

Titel: Der Nebelkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sie
knapp. »Ich werde nicht meutern. Noch nicht!« Sie drehte sich auf dem Absatz
herum und ging.
    Sallie sah ihr nach. Die Art,
wie sie sich bewegte, erinnerte sie an die echte Kaltrina. Sie wandte sich
energisch zu Uhl um. »Ich hätte gerne eine Erklärung«, forderte sie ihn auf.
    Uhl riss die hellen Augen weit
auf. »Wie redest du denn mit mir?«
    Trotzig verschränkte Sallie
die Arme. »Wer ist diese Frau und worüber habt ihr geredet? Ihr habt über mich
geredet, das weiß ich!«
    Uhl schüttelte stur den Kopf.
»Du würdest es nicht verstehen. Ich habe hier ein Buch für dich herausgesucht.
Es wird dir helfen ...«
    Sallie schlug auf den Tisch.
»Ich will keine Bücher«, rief sie. »Die erzählen nur irgendwelche Geschichten!
Ich will wissen, wer ER ist und warum da oben im Turm ein Wolf eingesperrt
ist!«
    Uhl krächzte entsetzt. Er
breitete die Flügel aus und flog auf das Regal. »Verloren«, schuhuhte er. »Wir
sind alle verloren. Der Wolf!« Er schüttelte sich heftig und flog durch das
offen stehende Oberlicht.
    Sallie stampfte fest mit dem
Fuß auf. »Was für ein Theater«, schimpfte sie. »Dummer Vogel. Dummer, alberner
alter Vogel!«
    Das Schimpfen erleichterte sie
für den Moment. Sie griff nach dem kleinen Buch, das Uhl ihr hingelegt hatte.
Es war in weiches, aber schon etwas abgegriffenes dunkelrotes Leder eingebunden
und trug keinen Titel. Sie schlug es auf.
    Liebe Sallie , las sie. Wenn
du das hier liest, haben alle unsere Pläne sich in Luft aufgelöst und wir sind
im Haus gefangen .
    Sallie riss den Kopf hoch. Was
war denn das für ein Buch, das sie ansprach wie eine alte Freundin? »Uhl«, rief
sie, »komm zurück! Was ist das hier?«
    Stille. Durch das Oberlicht
zogen ein paar Nebelfetzen.
    Einen Anflug von Panik
niederkämpfend zwang Sallie ihren Blick auf die Buchseite zurück. Die Worte
warteten geduldig auf sie.
    Sei ohne Furcht , las
sie besorgt . Ich bin deine Freundin und werde immer an deiner
Seite sein. Vielleicht sollte ich mich aber erst einmal vorstellen, damit du
weißt, wer dir hier schreibt.
    »Ja bitte«, sagte Sallie.
    Mein Name ist Sarah. Ich werde auch die Katzenkönigin genannt.
    »Oh«, sagte Sallie. »Oh, das
ist aber seltsam.« Vor Aufregung musste sie aufstehen und ein wenig umherlaufen,
während sie weiterlas.
    Wie ich meinen Feind besiegen konnte, darüber hat Uhl dir inzwischen
sicher schon alles erzählt, was du wissen musst. Aber der Sieg war löchrig wie
ein alter Eimer. Das Gefängnis, in dem ich den Nebelkönig eingesperrt habe, ist
ein Gefängnis in der Zeit. Niemand, der dort gefangen ist, verändert sich oder
wird älter.
    Sallie schlug das Buch zu.
»Wir verändern uns nicht mehr, hat Uhl gesagt.« Sie drückte das Büchlein
zwischen den Händen zusammen, als könnte sie die richtigen Worte aus ihm herauspressen.
»Wir sind in diesem Gefängnis? Bedeutet es das?«
    Das Buch gab keine Antwort,
also schlug Sallie es wieder auf. Die Worte sprangen ihr entgegen: Der Zauber, der die Zeit anhält, beeinflusst auch
die Welt, in der er wirkt. Die Zeit, die in der Welt vergeht, beginnt Falten zu
schlagen und rissig zu werden. In der Umgebung des Gefängnisses werden Menschen
alt geboren und sterben als Säuglinge. Uhren gehen seitwärts, Häuser sind
gleichzeitig Ruinen und frisch bewohnt. Die Menschen und Geschöpfe werden
verrückt davon, und die verrückt gewordene Zeit breitet sich aus wie eine
Seuche. Das alles bringt das Gefüge der Welt durcheinander. Du und ich, wir
beide müssen das beenden, Sallie. Ich brauche deine Hilfe!
    Sallie klappte das Buch zu.
Sie sah sich Hilfe suchend um. »Uhl?« Der Bibliothekar tauchte nicht wieder
auf. Gerade jetzt, wo sie ihn so dringend gebraucht hätte. Wen konnte sie denn
fragen, was sie tun sollte?
    Sallie verließ die Bibliothek
und blieb eine Weile vor deren Tür stehen. Sie befühlte die Drachenkopfklinke.
»Drachen und Wölfe«, sagte sie laut. »Katzen und Eulen.«
    »Und Raben und Ratten«, fügte
jemand hinzu.
    Sallie hatte keine Schritte
gehört, also musste er neben der Tür gestanden haben. Sie schaffte es, nicht
zusammenzuzucken, sondern einen artigen Knicks zu machen.
    »Hallo Sallie«, sagte der
Graue Herr. »Hast du das Buch ausgelesen?«
    »Ja danke. Es war sehr
interessant.«
    Er nickte, und sie konnte
sehen, dass er in Gedanken ganz weit weg war. »Ratten«, wiederholte er sein
letztes Wort. »Bist du in letzter Zeit einer Ratte begegnet?«
    Sallie schüttelte den Kopf.
    »Solltest du sie sehen,

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