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Der Nebelkönig (German Edition)

Der Nebelkönig (German Edition)

Titel: Der Nebelkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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laut.
    »Was hast du vergessen?«
Meister Korben war überraschend eingetreten.
    Sie schlug das Buch zu. »Ich
habe vergessen, Frau Lulezime zu fragen, wann ich morgen im Blauen Saal sein
muss.«
    Die Miene des Apothekers
verdüsterte sich. »Was sollst du dort tun?«
    »Ich serviere beim Großen
Fest.«
    Sein Blick wurde noch
finsterer. »Das halte ich für keine gute Idee. Ich empfehle dir, dich von
dieser Veranstaltung fernzuhalten.«
    Sallie lachte über das
Ansinnen. »Das kann ich nicht tun. Frau Lulezime wünscht, dass ich serviere.«
Sie hob die verbundene Hand und hielt sie ihm hin. »Ihr wolltet mir heute den
Verband abnehmen, erinnert Ihr Euch?«
    Er räusperte sich ungehalten.
»Wenn ich ihr sage, dass du noch nicht wieder ...«
    »Nein, bitte«, unterbrach
Sallie ihn. »Ich möchte nicht, dass alle in der Küche denken, ich sei eine
Drückebergerin. Noch nicht einmal bei den Vorbereitungen habe ich geholfen.«
    Der Apotheker erwiderte darauf
nichts, aber sein Gesicht sprach deutliche Worte. Schweigend begann er ihren
Verband abzunehmen, stumm säuberte er die Hand, wortlos untersuchte er den gut
verheilten Schnitt und strich noch einmal eine Salbe darauf. Dann hob er den Blick
und sagte: »Pass auf dich auf, Sallie. Das Große Fest ist eine Lustbarkeit, die
dir wahrscheinlich nicht gefallen wird.«
    Sallie zuckte mit den
Schultern und bewegte prüfend ihre Hand, die sich ohne den Verband ganz nackt
und kalt anfühlte. »Ich habe ja auch nicht vor, mich zu amüsieren, sondern zu
servieren.« Sie lachte und erwartete ein Lächeln, aber Meister Korben blieb
ernst.
    »Pass auf dich auf«,
wiederholte er. »Versprich es mir.«
    Ein wenig ungeduldig nickte
Sallie und griff nach der Türklinke. Der Apotheker hielt sie auf: »Ich möchte
dich etwas fragen. Könntest du dir vorstellen, statt in der Küche hier zu arbeiten?«
    Sallie sah ihn verdutzt an.
»Nein«, sagte sie. »Oder – also, ich arbeite ganz gerne in der Küche.« Sie
legte einen Finger an die Nase. »Oh, deshalb hat mich Frau Lulezime gefragt, ob
ich die Küche verlassen will. Ihr habt schon mit ihr darüber gesprochen!« Sie
sah ihn aufgebracht an. Wie konnte er das einfach tun, ohne sie vorher zu
fragen?
    Er erwiderte ihren Blick und
sie fröstelte. Obwohl sie sich an den düsteren kleinen Mann inzwischen gewöhnt
hatte und gar nicht mehr richtig nachvollziehen konnte, warum sie sich am Anfang
so vor ihm gefürchtet hatte, gab es auch jetzt manchmal Momente, in denen ein
kalter Hauch von ihm ausging und sie zum Frieren brachte.
    »Nein«, sagte sie fest. »Ich
möchte Euer Angebot lieber nicht annehmen. Aber danke.«
    Der Apotheker nahm den
Salbentopf und verschloss ihn sorgfältig. Er wischte die am Rand verschmierte
Salbe fort und verrieb sie zwischen den bleichen Fingern. Ȇberlege es dir. Ich
kann dir viel beibringen. Du bist ein kluges Mädchen, viel zu aufgeweckt für
die stumpfsinnige Küchenarbeit.«
    Sallie nahm das als freundlich
gemeintes Kompliment, aber sie blieb dennoch skeptisch. Warum hatte sie nur das
Gefühl, dass der Apotheker Ziele verfolgte, die sie nicht kannte und für die
sie ein Mittel zum Zweck darstellte?
    »Nein danke«, wiederholte sie.
»Ihr habt es sicher nett gemeint, auch wenn Ihr zuerst mit mir darüber hättet
sprechen müssen.«
    Er verzog das Gesicht. »Ich
meine nie etwas ›nett‹. Überleg es dir, Sallie.« Dann lächelte er, aber seine
Augen blieben düster. »Ich hätte auch nichts dagegen, wenn du gelegentlich ein
Buch liest.« Bedeutungsvoll blickte er auf das Büchlein, das Sallies Schürzentasche
ausbeulte. Sie legte unwillkürlich die Hand schützend darüber.
    »Ich denke darüber nach«, gab
sie widerstrebend nach. Es hatte den Anschein, als würde er sie nicht gehen
lassen, bevor sie ihm das nicht versprach.
    »Tu das, Sallie.« Er wandte
sich ab. »Und denk daran, dass du morgen Abend vorsichtig sein wirst.«

 
     
     
     
     
    9
     
     
    Die Begegnung mit Meister
Korben hatte Sallie aufgewühlt, obwohl sie nicht hätte sagen können, warum das
so war.
    Sie wollte heute niemandem
mehr begegnen, weder Uhl noch dem Grauen Herrn oder sogar Kaltrina, denn auch
das seltsame Zusammentreffen mit der schönen rothaarigen Frau, die den Namen
ihrer Freundin trug, hatte sie verwirrt.
    Also versicherte sie sich,
dass sie eine Kerze bei sich trug, und ging auf die Suche nach einem
ungestörten Ort, an dem sie ihre Gedanken sortieren und weiter in dem Büchlein
der Katzenkönigin lesen konnte.
    War es

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