Der Neid eines Fremden
und ihren Kalenderweisheiten ausgesprochen selten ausgesetzt war. Seine riesigen, pinkfarbenen Nasenlöcher schlossen sich, und rötliche Haarbüschel kamen zum Vorschein. Tobys Nase wirkte unnachgiebig.
»Das gezierte Lächeln einer albernen Schnepfe.«
Rosa schwieg noch eine Weile und sagte dann ruhig: »Es sind immer mindestens sechs Mädchen da, Toby. Wie in Gottes Namen soll sie da überhaupt auffallen?«
»Sie? Auffallen? Sie wird den Leuten verdammt noch mal ins Auge springen wie 'ne verfluchte Zuckerrübe in 'nem Hochzeitsstrauß.« Doch seine Wut hatte sich gelegt. »Wen haben wir am Samstag auf dem Programm?«
»Dave Winch als Moderator. Ein paar Kids aus der Schauspielschule im Holland Park und das Straßentheater von Brixton. Und Viridiana.«
»Viridiana? Ist das nicht Heavy Metal?«
»Ich glaub' schon. Du weißt doch, das ist nicht ganz meine Richtung.«
»Mein Sohn steht auf Heavy Metal. Ist sozusagen unerbittlich. Ich sehe nicht ein, wieso die nicht mal zur Abwechslung leiden sollen.«
»Oh, danke, Toby. Das ist sehr nett von dir.«
»Aber sicher bin ich nett, meine Süße, sicher. Nur weiß das keiner zu schätzen.«
Es war nicht so einfach, wie er sich das vorgestellt hatte. Fenn saß, tief in seinen Sessel gedrückt, am Ende der zweiten Reihe. Ursprünglich war ihm die Idee, zur Saturday Show zu gehen, einfach genial vorgekommen. Zusammen mit den anderen Zuschauern würde er in das Gebäude gelangen und sich dann, wenn die Menge dem Studio zuströmte, absetzen, um Rosa Gilmours Büro zu finden. Er nahm an, daß an den Bürotüren Namensschilder angebracht wären. Ansonsten müßten kleine dreieckige Plastikschilder auf den Schreibtischen verraten, wer in dem jeweiligen Zimmer arbeitete. Doch alles war gründlich schiefgelaufen.
Zunächst waren zig Leute um die wartende Menge geschlichen und hatten sie argwöhnisch bespitzelt. Bespitzelt war das richtige Wort dafür. Als er schließlich im Gebäude war, hatte er versucht, sich einen Sitzplatz in der Nähe des Ausgangs zu ergattern, war aber gebeten (nun, eher gezwungen) worden, sich weiter vorn hinzusetzen. Als das Publikum Platz genommen hatte, war er aufgestanden und hatte dem Kerl an der Tür gesagt, er müsse zur Toilette. Der hatte ihm den Weg gewiesen, doch als er die Toilette verlassen hatte, war der Kerl immer noch da gewesen, um ihn zum Studio zurückzubegleiten. Widerwillig hatte er Platz genommen, und schon bald hatte ihn unendliche Langeweile überkommen. Schon vor Beginn der Show war ein übergewichtiger Idiot mit einer Dauerwelle und Tonnen von Tönungscreme im Gesicht auf die Bühne gekommen und hatte sich als »Ihr netter Stimmungsmacher von nebenan« vorgestellt. Mit dem Mikro in der Hand war er auf- und abgehüpft, hatte Fragen ins Publikum gestellt und schlechte Witze gerissen. Er war in Schweiß gebadet. Wenn er sich über die Leute lustig machte, lachten sie unterwürfig, um ihm zu beweisen, wie dankbar sie waren, hier sein zu können. Speichellecker, dachte Fenn. Er verzog keine Miene, warf dem Witzbold aber einen verächtlichen Blick zu. Der Mann hielt sich auf Distanz.
Die eigentliche Show war auch nicht viel besser. Kleine Leuchten, die wiederum andere kleine Leuchten vorstellten, schraubten ihre transatlantischen Stimmen in hysterische Höhen, als könnten sie ihre Studiogäste damit in Leute verwandeln, denen zuzuhören sich lohnte.
Die Reaktion der weiblichen Zuschauer auf Viridiana widerte ihn an. Die Mädchen machten sich vor Begeisterung förmlich ins Hemd. Dann fand auf der Bühne eine Konfrontation zwischen einer Theatergruppe aus dem East End und ein paar Kids von einer richtigen Schauspielschule statt, die anfangs vielversprechend wirkte. Das Straßentheater betonte, wie wichtig ihnen die Verbindung von Drama und wirklichem Leben sei, weshalb sie versuchen würden, die Wut und die Angst der Menschen zum Ausdruck zu bringen, und die Schauspielschüler erwiderten darauf, das wahre Theater der Leute sei der Fernseher, und zudem komme kein Schauspieler ohne Übung, Disziplin und Hartnäckigkeit aus. Plötzlich meinte einer von ihnen, jeder Idiot könne sich mit einer Pappnase auf den Marktplatz stellen und die Trommel schlagen, was einen schwarzen Jungen vom Straßentheater wiederum dazu veranlaßte, die anderen als einen Haufen Wichser zu bezeichnen. Fenn (und der Rest der Zuschauer) merkte auf, doch Dave Winch hatte die Wogen innerhalb kürzester Zeit
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