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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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glaube, ich werde ihnen eine Kostprobe von meinem Tamburlaine geben. Und dann etwas in der komischen Richtung spielen.«
      »Wie wär's mit Lady Brackneil?«
      Er stieß einen übertriebenen Schrei aus. »Nie im Leben, meine Liebe. Nein - ich hatte an Malvolio gedacht. Aber jeder spielt ihn. Vielleicht versuch ich's mit Garry Essendine.«
      »Und was werden Sie anziehen?«
      »Also.« Er schob seinen Stuhl nahe an ihren heran und sagte, als vertraute er einer Freundin ein Geheimnis an: »Ich hab' ein entzückendes kleines cachesex mit der Flagge von Nelson auf einem Fahnenmast drauf. Eine kleegrüne Strumpfhose und ein zitronengelbes Wams mit entzückend weiten Ärmeln.«
      Rosa lachte. »Was werden Sie wirklich tragen?«
      »Jeans und ein T-Shirt vom National Theatre. Ich will nicht, daß sie meinen, ich würde ihnen in den Arsch kriechen.«
      Nur wenige Minuten später, als er den Frühstückstisch abräumte, war Rosa auf die Katze zu sprechen gekommen. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich die Atmosphäre verdichtet, war angespannt.
      »Aber Sie müssen ihn hinausgelassen haben, Greg. Es tut mir leid. Ich weiß, das ist alles sehr unangenehm für Sie, aber versuchen Sie einfach zu verstehen, daß er unser Haustier ist und wir ihn sehr vermissen.«
      »Das brauchen Sie mir nicht zu sagen. Ich bin ebenfalls Mitglied der Fangemeinde, wissen Sie. Aber ich hab' die Tür nur einmal geöffnet, als irgendein Kerl vorbeikam, um sich nach dem Weg zu erkundigen. Und als ich wieder nach unten gekommen bin, war Madgers noch immer in seinem Körbchen.«
      Die Verniedlichung ärgerte Rosa ebensosehr wie die Lüge. »Nennen Sie ihn bitte nicht Madgers. Sein Name ist Madgewick.«
      »Okay, dann eben Madgewick. Und als ich aus dem Haus gegangen bin, war er immer noch in der Küche.«
      »Greg, wie können Sie solche Lügen erzählen? Er hätte keine Möglichkeit gehabt, das Haus zu verlassen, wenn Sie ihn in der Küche eingeschlossen hätten.«
      »Ich muß schon sehr bitten. Ich hab' bestimmt 'ne Menge kleiner Fehler, aber ich erzähle keine Lügen.«
      Rosa konnte nicht aufhören: »Ich nehme an, Sie trinken auch nicht.«
      »Ich verstehe zwar nicht ganz, was diese ziemlich verächtliche Bemerkung in diesem Moment soll, aber nein, um ehrlich zu sein, ich trinke nicht.«
      »Dann war es wohl Madgewick, der sich den Whisky in einem dermaßen rasanten Tempo hinter die Binde gekippt hat.«
      »Ich hab' keine Ahnung, wer es gewesen ist, aber ich war's bestimmt nicht. Vielleicht haben Sie selbst sich ja einen hinter die Binde gekippt, wie Sie so dezent sagen.«
      »Frecher Kerl!«
      Greg blähte seine Schaukelpferdnüstern auf, zog sich mit großem Geschick die Gummihandschuhe über und begann, das Frühstücksgeschirr in die Spüle zu stellen. »Ich werde die Jobvermittlung bitten, Ihnen morgen eine andere Hilfe zu schicken, Madame.«
      »Tun Sie das bitte.« Mit zitternden Händen nahm Rosa die Kaffeetasse vom Tisch und verließ den Raum. »Vorzugsweise einen Abstinenzler.«
      Als sie die Tür hinter sich schloß, hörte sie ihn murmeln: »Hochnäsige Kuh.«
      Die nächsten zwei Stunden hatte sie in ihrem Arbeitszimmer gesessen und vorgegeben zu arbeiten, bis sie hörte, wie die Haustür zugeschlagen wurde. Dann war sie nach unten gegangen und hatte eine Flasche Gewürztraminer geöffnet.
      Leo hörte sich ihre sorgfältig gekürzte Version dieses Schlagabtauschs an. »Ich weiß, das Ganze ist ein bißchen mysteriös, aber ich glaube, es war ein bißchen voreilig, ihn zu entlassen. Man kann nie wissen, wen wir als nächstes bekommen werden. Selbst wenn er sich den Alkohol unter den Nagel gerissen hat, war er freundlich und tüchtig.«
      Obwohl Rosa ihm innerlich zustimmte, schwieg sie beharrlich. Während sie die Karbonade aßen, wechselten sie kaum ein Wort. Das Fleisch war in einer Fertigsauce angerichtet. Rosa hatte jegliches Interesse am Essen verloren. Es war, als wäre sie schwanger. Die ganze Zeit verspürte sie eine leichte Übelkeit, die jedoch nicht von keimendem Leben, sondern von ihren dunklen Befürchtungen herrührte. Sie bemerkte, daß Leo zu seinem Essen keinen Wein trank, was höchst ungewöhnlich war. Wahrscheinlich versuchte er sie zu ermuntern, weniger zu trinken. Eine stichelnde Bemerkung lag ihr auf den Lippen. Sie preßte den Mund zusammen und biß sich auf die Unterlippe. Ein endloser Strom beleidigender Phrasen ging ihr durch den Kopf. Sie

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