Der neue Frühling
brauchte und das ihn von diesen unmöglichen wilden quälenden Gedanken befreien würde. Von der zwanghaften Besessenheit, die ihn schon so lange in den Klauen hielt. Seit Tagen schon kein anderer Gedanke in seinem Hirn als der an Nialli Apuilana. Kaum ein wenig Schlaf und niemals Ruhe: Nialli und Kundalimon, Kundalimon und Nialli… fieberische Wahnvorstellungen… wie sie in diesem kleinen Zimmer mit dem Hjjk-Gesandten zusammen war, und wie der sie mit perversen Zärtlichkeiten überschüttete, die er im Nest gelernt hatte, sie mit irgendwelchen exotischen abscheulichen und abstoßenden hjjkischen Liebestechniken begattete, die sie in seiner Umarmung zu ekstatischen keuchenden Lustschreien brachte…
Höchstwahrscheinlich waren auch Husathirn Mueris Gründe, warum er die Tat wünschte, irgendwie mit Nialli verknüpft und hatten überhaupt nichts mit der ‚Verderbnis der Jugend’ zu tun. Denn warum sollte sich Husathirn Mueri einen Hjjkfurz um sowas kümmern? Nein, die Tatsache, daß die Kleine und Kundalimon ein Liebespaar waren, das war wichtig! Zweifellos konnte Husathirn Mueri das nicht schlucken! Und deshalb war er zu ihm gekommen, weil er wußte, daß er die Sache besser erledigen konnte als irgendwer sonst. Wer würde schließlich schon den Wachhauptmann eines derartigen Verbrechens verdächtigen? Wer überhaupt auf solch einen Gedanken kommen?
Er überlegte, was er als Belohnung fordern sollte. Seine Verhandlungsposition würde ziemlich stark sein. Ein Wort aus seinem Mund, und die Stadt würde von einem Riesenskandal erschüttert werden. Und das war denen bestimmt bewußt. Also, er würde bestimmt auf Tauscheinheiten bestehen, und zwar einem ganzen Packen. Und auf einer Beförderung in einen höheren Rang. Und auf Weibern – nein, nicht Nialli, natürlich, denn sie würden sie ihm niemals preisgeben, keiner würde so etwas können, aber schließlich gab es ja noch viele andere ‚höhere’ Damen, die in ihrer Gunst weniger exklusiv waren, und eine davon, doch, die konnten sie ihm schon erlauben, wenigstens für eine Weile.
Doch. Ja.
Alles rückte in Sekundenschnelle in Curabayn Bangkeas Kopf an den rechten Ort.
Er erhob sich, stülpte sich den Helm über und erledigte den Rest seiner morgendlichen Aufgaben. Danach brachte ihn ein Wagen der Stadtwache zum Stadion, und er nahm in dem leichten Regen, der fiel, an der Eröffnungszeremonie und den ersten Wettkämpfen teil.
Taniane präsidierte, und neben ihr saß Nialli Apuilana. Das machte ihm seine Aufgabe viel einfacher, daß sie hier war und nicht bei Kundalimon. Wie schön sie ist, dachte er. Ihr Pelz war regendurchnäßt, man sah jede Schwingung ihres Körpers darunter. In der Häuptlingsloge hockte auch der Chronist Hresh bei ihnen, gelangweilt in sich zusammengesunken, als liege ihm ganz und gar nichts daran, vor aller Welt zu verheimlichen, wie sehr ihn dies alles anödete. Doch Nialli Apuilana saß kerzengerade da, ihre Augen blitzten hellwach, und sie schnatterte fröhlich vor sich hin.
Er starrte sie so lange an, bis er es nicht mehr aushalten konnte, dann wandte er sich ab. Er ertrug es einfach nicht, sie längere Zeit zu sehen. Diese ganze unerreichbare Schönheit – es war zu frustrierend, zu beunruhigend für ihn, der Anblick Niallis bewirkte, daß seine Eingeweide sich verkrampften.
Später ließ der Regen dann wieder nach. Er verließ das Stadion durch einen der unterirdischen Zugänge und begab sich zurück ins Stadtzentrum. Um diese Stunde machte Kundalimon gewöhnlich seinen Spaziergang den Mueri-Weg hinunter und in den Park. Curabayn Bangkea war bereit. Er postierte sich am Ausgang eines schmalen Gäßchens im Schatten einer Straße direkt unterhalb des Mueri-Hauses. Zehn Minuten, fünfzehn, eine halbe Stunde lang. Die Straße war verlassen. Fast alle waren im Stadion bei den Spielen.
Und da kam er auch schon, der Junge. Und er war ganz allein.
»Kundalimon?« rief Curabayn Bangkea leise.
»Wer ist da? Was…?«
»Hier bin ich. Mich schickt Nialli Apuilana zu dir. Mit einem Zeichen ihrer Liebe.«
»Ich kenne dich. Du bist Cura…«
»Genau der. Da, laß es mich dir übergeben.«
»Sie ist heute bei den Spielen. Ich hab mir gedacht, ich gehe später dann zu ihr.«
»Geh statt dessen lieber zu deiner Königin!« sagte Curabayn Bangkea und schlang Kundalimon den seidenen Würgeschal um den Hals. Der Gesandte setzte sich zur Wehr, er stieß mit den Füßen und den Ellbogen, doch nutzte dies nichts gegen Curabayn Bangkeas
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