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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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von weit her aus den Südlanden, eingelegte Früchte und vieles mehr) – erst da begann die Spannung zwischen den beiden Männern langsam an die Oberfläche zu dringen.
    Vielleicht lag es am Sprachproblem. Das hatte ihn vom ersten Moment an irritiert, und vielleicht hatte es schließlich zu dem Ausbruch geführt. Denn Salaman, der reinstes Koshmarisch sprach, schien wahrhaftig verärgert über die Worte und Klangfärbungen aus dem Bengischen, wie Thu-Kimnibol sie gewohnheitsmäßig gebrauchte. Thu-Kimnibol war nicht bewußt, wie stark die Sprache des VOLKS in Dawinno sich seit der Vereinigung mit den Beng gewandelt und wieviel Beng-Ausdrücke Eingang in sie gefunden hatten. Aber Salaman hatte die Bengs noch nie gemocht, und zwar seit die goldfelligen Helmträger seine Einladung abgelehnt hatten, sich in Yissou niederzulassen, nach der Vertreibung durch die Hjjks aus Vengiboneeza, und es statt dessen vorgezogen hatten, bei Hresh in seinem neugegründeten Dawinno zu leben… Anscheinend hatte der König seinen Groll nie überwunden, wenn ein paar Beng-Ausdrücke in Thu-Kimnibols Reden ihn dermaßen erzürnen konnten.
    Dennoch kam es für Thu-Kimnibol völlig überraschend nach dem langen nächtlichen Festgelage und vielerlei Lustbarkeit, als Salaman, während sie voll und bequem nebeneinander in den üppigen Pfühlen der Luxusdiwans ruhten, auf einmal unfein und direkt sagte: »Bei der Himmlischen Fünffaltigkeit, ich muß deine Kühnheit bewundern! Daß du so einfach mal frech wieder hier in Yissou antanzen würdest… nach allem, was du mir in der Nacht, in der du verduftet bist, ins Gesicht gesagt hast.«
    Thu-Kimnibols Rückgrat wurde steif. »Ach, das kratzt dich immer noch? Nach diesen vielen Jahren?«
    »Damals hast du gesagt, du schmeißt mich ganz oben von der Mauer runter. Na? Hast du das vergessen? Na, Thu-Kimnibol? Bei den Himmlischen Fünfern, ich hab es nicht vergessen! Und was hab ich aus deinen Reden gehört, he? Glaubst du wirklich, ich hätte das für einen leichten neckischen Spaß gehalten? O nein, nein, mein Bester. Nein! Die Mauer war damals zwar viel niedriger, aber ich hab das trotzdem als eine Morddrohung aufgefaßt. Und ich denke, ich hatte recht.«
    »Aber ich hätte sowas doch nie getan…«
    »Du hättest es nie tun können. Chham und Athimin hatten dich nämlich die ganze Zeit unter Beobachtung. Wenn du auch nur einen Finger gegen mich erhoben hättest, sie hätten dich in Stücke tranchiert.«
    Thu-Kimnibol hob den Wein an die Lippen und nahm einen tiefen Zug. Es war der süße starke Regionalanbau, und er hatte ihn seit vielen Jahren nicht mehr gekostet. Über den Becherrand beobachtete er den König. Außer ein paar erschöpften Tänzern des abendlichen Festes, die erschöpft wie fallen gelassene Kissen an der Wand gegenüber herumlagen, war niemand sonst bei ihnen. Lauerten die Söhne Salamans hinter den Vorhängen und schickten sich an, hervorzustürzen, um die uralte Unbill zu rächen, die er ihrem Vater zugefügt hatte? Oder würden die Tänzer plötzlich wieder lebendig werden mit Mordmessern und Würgeschlingen?
    Nein, dachte er, Salaman treibt nur seine Spielchen mit mir.
    »Auch du hast mich bedroht«, sprach er. »Du hast gesagt, du wirst mir jeden Rang und alle Prärogative aberkennen lassen und mich auf den Marktplatz schicken, damit ich dort die Futtertröge saubermache.«
    »Aber das war doch nur im Zorn so dahingesagt. Wenn ich bei Sinnen gewesen wäre, ich hätte einen Prachtkerl von deiner Größe und Kraft zum Mauerbau verdonnert, nicht als Viehknecht oder Straßenfeger auf den Markt.«
    Des Königs Augen funkelten. Er schien seine Witzigkeit ungeheuer zu genießen.
    Am besten, er ignorierte die Beleidigung. Er sagte bloß: »Wieso bringst du das alles jetzt wieder hoch, Salaman?«
    Salaman streichelte sein Kinn und lächelte. Dort sproßten lange weiße Haarbüschel, die ihm ein merkwürdig gutartiges, ja beinahe komisches Aussehen verliehen, das wahrscheinlich nicht in seiner Absicht lag. »Wir haben seit – na, wieviel Jahren? – zwanzig? – fünfundzwanzig? – nicht mehr miteinander gesprochen. Sollten wir da nicht wenigstens den Versuch machen und Klarheit zwischen uns schaffen?«
    »Und? Tust du das? Klarheit schaffen?«
    »Aber gewiß doch. Meinst du im Ernst, wir könnten das Geschehene einfach ignorieren? So tun, als wäre es nie gewesen?« Salaman schenkte in die Weinbecher nach. Er beugte sich herüber und fixierte ihn ganz nahe. Leise fragte er: »Hast

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