Der neue Frühling
nach dem merkwürdigen Gespräch irritiert… Die Umarmung eines jungen frischen Körpers im Dunkel der Nacht, ein bißchen heimliche Entspannung, ehe die wirkliche Arbeit begann… Warum denn nicht? Ja, wieso eigentlich nicht? Immerhin hatte er ja nicht die Absicht, für den Rest seines Lebens keusch und abstinent zu bleiben. Also sagte er: »Doch, ja. Ich glaube, das wäre mir angenehm.«
»Wie war es mit der da?« Salaman wies mit der Spitze seines Pantoffels auf ein Mädchen mit kastanienrotem Fell. »Auf, Kindchen! Hopp-hopp! Wach schon auf! Heut nacht gehörst du dem Prinzen Thu-Kimnibol!«
Und damit verzog sich der König. Er schlich langsam und kaum merklich gebückt.
Wortlos winkte das Mädchen Thu-Kimnibol zu dem für ihn bereiteten, mit Wandteppichen und Kissen wohlausgestatteten Bettgemach im rückwärtigen Teil des Palastes. In dem schwachen honiggoldenen Licht an dem Bettlager betrachtete er sich das Mädchen nicht ohne Interesse. Sie war klein und wirkte kräftig und für ein Mädchen ziemlich breit in den Schultern. Auch das Kinn war recht ausgeprägt. Die grauen Augen standen weit auseinander. Das Gesicht kam ihm bekannt vor. Plötzlich stieg ein wilder Verdacht in ihm empor.
»Wie heißt du, Mädchen?«
»Weiawala.«
»Den Namen hast du nach der Gefährtin des Königs?«
»Herr, der König ist mein Vater. Er nannte mich nach seiner ersten Liebe, doch in Wirklichkeit bin ich eine Tochter seiner dritten Gemahlin. Die Edle Sinithista ist meine Mutter.«
Ja, ja. Also die Tochter Salamans. Damit hatte er immerhin rechnen müssen. Aber es war verblüffend. Salaman, der ihm einst die Hand einer Tochter als feste Partnerin verweigerte, legte ihm jetzt eine Tochter als Spielzeug für eine Nacht ins Bett. Und das Kind war außerdem noch merkwürdig gelassen bei dem Ganzen. Oder hatte Salaman dabei tiefere Hintergedanken? Höchstwahrscheinlich war mit dem letzten Karawanenzug der Kaufleute aus Dawinno die Nachricht zu ihm gedrungen, daß Naarinta im Sterben liege. Aber falls er nun tatsächlich darauf abzielen sollte, die Beziehungen zwischen Yissou und Dawinno vermittels einer dynastischen ehelichen Verbindung zu verfestigen, dann war das doch eine recht merkwürdige Verfahrensweise. Aber schließlich – Salaman war seltsam geworden. Und er besaß zweifellos zahlreiche Töchter. Vielleicht waren es ihm mittlerweile zu viele geworden.
Ach was. Es war spät in der Nacht. Und das Mädchen war da und bereit.
»Komm näher zu mir, Weiawala«, flüsterte er. »Ja, ganz nah zu mir. So ist es schön. Ja.«
»Er predigt den Kindern«, sagte Curabayn Bangkea. »Meine Leute beschatten ihn überall, wohin er geht. Sie verfolgen alles, was er tut. Er zieht die Jugend an sich, er gibt ihnen Antwort auf alle ihre Fragen, er erzählt ihnen vom Leben im Nest. Er sagt, es ist falsch, daß wir die Hjjks als Feinde betrachten. Er setzt der Jugend Wahngespinste vor über die Königin und die unendliche Liebe, die sie für alle Lebewesen angeblich hat, nicht nur für die Geschöpfe ihrer eigenen Art.«
»Und die Kinder schlucken, was er ihnen da verzapft?« fragte Husathirn Mueri. »Sie glauben ihm?«
»Er ist ziemlich überzeugend…«
Sie befanden sich im Empfangszimmer in Husathirn Mueris prachtvollem Haus im Koshmari-Bezirk und genossen den Ausblick über die Meeresbucht. »Das kann man sich eigentlich kaum vorstellen«, sagte Husathirn Mueri. »Ich meine, daß er es tatsächlich schafft und unsre Kinder von ihren Vorurteilen gegen die Hjjks wegkriegt. Ich meine, Kinder haben doch scheußliche Angst vor denen. Immer schon haben sie die gehabt. Große gräßliche Käfermonster mit haarigen Beinen, die heimlich durch die Gegend kriechen und versuchen, kleine Jungen und Mädchen wegzuschnappen – wer würde sowas nicht für abscheulich halten? Ich fand sie in meiner Kindheit jedenfalls widerlich. Du wahrscheinlich bestimmt ebenfalls. Ich hatte Angstträume, als ich klein war, wegen dieser Hjjks, mit kaltem Schweiß, und wachte schreiend auf. Manchmal hab ich sie heute noch.«
»Ich auch«, gestand Curabayn Bangkea.
»Was also ist dann das Geheimnis von dem Kerl?«
»Er ist sehr sanft und sehr freundlich. Sie spüren, daß er harmlos und unschuldig ist. Sie sind gern in seiner Nähe. Er lehrt sie – zu meditieren – nachzudenken! Und dann fangen mehr und mehr von ihnen an und singen mit, wenn er singt. Ich glaube, er fängt mit dieser Singerei irgendwie ihr Bewußtsein ein. Und das macht er dermaßen
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