Der neue Herrscher
Rauch stank.
»Dort ist das Schiff, Shallad!« bemerkte der Mann mit den unbestechlichen Augen. Es hätte auch Signale gegeben, aber Luxon wollte seinen morgendlichen Ritt nicht versäumen. Er hob die Hand über die Augen und verglich das Bild der Wirklichkeit mit den Bildern, die er von Necron hatte.
»Das ist es. Alles, was ich weiß, trifft darauf zu. Freunde – wir erwarten es später im Hafen.«
Wo waren die beiden anderen Schiffe?
Undeutlich erkannte Luxon die Riemen und die kleinen Wellen, die von den Blättern aufgeworfen wurden. Westwind blähte die Segel der beiden Masten. Auch die Leibwächter zogen die Schultern hoch, als Luxons fragender Blick sie traf. Es würde etwa drei, vier Stunden dauern, bis das bauchige Schiff im Hafen anlegte. Zeit genug. Luxon wandte sich ab, hob abermals den Becher und sagte entschlossen:
»Zurück zum Palast, meine Freunde. Zum Glück befinden sich genug kräftige, entschlossene Krieger in Logghard.«
Noch einige Augenblicke lang beobachteten sie das Schiff, das sich majestätisch durch die hochgehende Dünung bewegte. Dann ließen sie den Beobachter allein, rannten die Treppen im feuchtklammen Turm hinunter, schwangen sich in die Sättel und ritten, etwas weniger schnell, zurück zum Hafentor.
Auf der breiten Straße, kurz vor dem Tor Logghards, zügelte Luxon sein Pferd. Ein kurzer Zuruf hielt die Gardisten an. Schweigend und verwundert, fast entsetzt, deutete der Shallad auf die Säulen der Hafeneinfahrt.
»Magie!« schrie ein Leibwächter. »Da ist das Schiff!«
Sie konnten es nicht glauben, aber die Wirklichkeit war deutlich genug, sie zu überzeugen. Soeben rauschte der Fremde mit gleichmäßig eingesetzten Ruderschlägen und gerefften Segeln in den Hafen hinein. Die Fischerboote, die vor ihm eingelaufen waren, wirkten klein und bedeutungslos gegenüber dem wuchtigen Schiff. Luxon straffte die Zügel und setzte dann die Sporen ein. Sein Rappe trabte hinunter zum Hafen. Die Gardisten folgten. Luxon sah, während er ritt und ein wenig abgelenkt die Grüße der Menschen erwiderte, unausgesetzt zudem fremden Schiff hinunter. Es gab keinen Zweifel: Es war eines der Schiffe, die Necrons Guinhan angegriffen hatten. Luxon und seine Gardisten warteten, nachdem sie sich durch das geschäftige Gewimmel im Hafen hindurchgeschoben hatten, nicht mehr lange. Das Schiff legte mit einem gekonnten Manöver, das wie von Zauberhand ablief und nur durch ein paar halblaute Zurufe gesteuert wurde, mitten am größten Kai an.
»Herr«, sagte ein Leibwächter nachdenklich, »was wir sahen, ging nicht mit rechten Dingen zu.«
»Wenn ich nicht deiner Meinung wäre, Bruder der offenen Augen«, meinte Luxon mit einem schmallippigen Lächeln, »wäre ich nicht hier. Sieh genau hin.«
Die Besatzung des Schiffes ohne Namen und ohne Zeichen kam, nachdem breite Planken zwischen Schiffswand und Steinquadern ausgelegt worden waren, schweigend und mit großer Zielstrebigkeit an Land. Es war ein Mann, dem eine Frau folgte. Hinter ihnen tappten graugesichtige Galeerenruderer und einige Aufseher, die Peitschen schwangen. Luxon drängte sein Pferd auf die Anlegestelle zu und hob grüßend die Hand.
»Willkommen«, rief er. »Sagt uns, woher ihr kommt und was ihr in Logghard sucht, der Ewigen Stadt?«
Zu seiner Überraschung sprach der Mann ihn in Gorgan mit hartem, schnarrendem Akzent an. Er war von sehniger, schlanker Gestalt und eine Handbreit größer als sechs Fuß. Sein spitzes Kinn wurde von einem kurzgeschnittenen, mit Fett einmassierten Bart verdeckt. Er sagte nicht ohne überzeugende Würde:
»Ich bin Quaron, vom Volk der Zaketer. Mein Reich liegt weit im Westen. Wir sind Pilger, die Logghard gesucht und nunmehr gefunden haben. Mein sehnlichster Wunsch ist, das Grabmal des Lichtboten sehen zu dürfen. Nichts anderes wünscht sich Yzinda.«
»Ein Wunsch«, erwiderte Luxon, »der leicht zu erfüllen ist. Ihr seid nicht die ersten Pilger.«
Der Mann und die Frau – Luxon war sicher, daß sich hinter ihrem scheuen, zurückhaltenden Verhalten Leidenschaft und sprühendes Feuer verbargen – strahlten tatsächlich die ruhige Würde reicher, unabhängiger Fürsten aus. Yzinda schien in gewisser Weise von Quaron abhängig zu sein. Ihre großen Augen blickten Luxon prüfend und voller Anbetung an.
»Meine Ruderer schlafen dort«, sagte Quaron in bestimmtem Tonfall. »Wo können wir unsere müden Körper ausstrecken?«
Er zeigte auf ein Lagerhaus, in dem sich auch oft Mannschaften auf
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