Der neunte Buddha - Thriller
einem Dutzend Himmel und einem Dutzend Höllen glitzerten wie Flitter in der Dunkelheit. Das Mädchen war wieder in dem Schatten verschwunden, der es zuvor freigegeben hatte.
26
Auf dem Weg zurück zu seinem Raum schlich Christopher durch das schlafende Kloster wie ein Phantom. Soweit er feststellen konnte, hatte ihn niemand gehen und kommen sehen. Etwa eine halbe Stunde nach seiner Rückkehr hörte er, dass sich erneut jemand an der Tür zu schaffen machte. Als er sie zu öffnen versuchte, stellte er fest, dass sie wieder verschlossen war.
Er legte sich ins Bett, versuchte, warm zu werden und seinewirren Gedanken zu ordnen. Es gab so viele Fragen. Wer war die Frau, die ihn in den Gön-kang gerufen hatte? Was hatte sie wirklich mit ihm vor? Und konnte sie in der Tat helfen, Willliam von diesem Ort fortzubringen? Er tappte im Dunkeln und quälte sich bis zur Erschöpfung, ohne einleuchtenden Antworten näherzukommen. Am Ende wurden aus seinen ruhelosen Gedanken unruhige Träume. Aber auch der Schlaf brachte ihm keine Antwort.
Er erwachte von einem Geräusch. Seine Lampe war erloschen, und undurchdringliche Dunkelheit herrschte im Raum. Er konnte seinen eigenen Atem hören, sonst nichts. Was hatte ihn aufgeweckt? Gleichmäßig atmend lag er da und lauschte gespannt. Ein leiser Ton an der Tür. Jemand oder etwas versuchte, zu ihm hereinzukommen. Es klang nicht so wie zuvor, als die Tür zunächst auf- und dann wieder zugeschlossen wurde. Der dieses Geräusch machte, wollte nicht gehört werden.
Ein Schlüssel drehte sich im Schloss. Wer immer da draußen hantierte, achtete sehr darauf, ihn nicht zu wecken. Er schlug seine Decken zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Er ertastete seine Schuhe und schlüpfte hinein. Als der Schlüssel weitergedreht wurde, gab es ein fast unhörbares Kratzen. Er stand auf und achtete dabei darauf, dass das Bett nicht knarrte. Die Tür öffnete sich ganz langsam, zentimeterweise. Auf allen Vieren kroch er auf die andere Seite des Raumes und hockte sich neben dem Altar nieder. Der Eindringling kam ohne Licht. Christopher konnte nichts sehen und nichts hören. Er drückte sich gegen die Wand. Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte er, dass ein wenig Licht durch den Fensterladen fiel, den er nicht sorgfältig genug geschlossen hatte. Ein leichtes Knarren lenkte seine Aufmerksamkeit zurück zur Tür. Dort zwängte sich ein Schatten hindurch. Christopher hielt den Atem an.
Auf leisen Sohlen schlich sich der Schatten zum Bett. Mit einem Sprung stürzte er sich darauf. Dann sah Christopher, wie er verwirrt in den Decken wühlte. Etwas Metallisches blitzte auf – eine Messerklinge. Christopher wartete ab, bis sich die Gestalt wieder aufrichtete, stürzte dann vorwärts und packte den Mann beim Genick.
Der Eindringling stöhnte auf, als Christopher ihm seinen Arm um die Kehle schlang. Er hörte, wie das Messer zu Boden fiel. Dann machte der Mann eine jähe Bewegung, und Christopher wurde herumgeschleudert. Ein Tritt traf ihn in die Nierengegend. Als er zurückwich, drehte sich der Mann noch einmal und konnte sich Christophers Griff entwinden. Ein Schlag traf ihn in den Magen und warf ihn gegen den Schrein. Schüsseln fielen zu Boden und klangen in der Stille wie Glocken, als sie zersprangen. Wasser spritzte nach allen Seiten. Der Fremde gab keinen Laut von sich.
Plötzlich machte der Angreifer einen Ausfallschritt, und Christopher fühlte, dass sich etwas um seinen Hals zusammenzog. Es war eine dünne Schnur, und der Mann zerrte heftig daran. Ihn schwindelte, als ihm Luft und Blut abgeschnürt wurden. Er spürte, wie er schwächer wurde. Mit letzter Kraft warf er sich nach vorn gegen den Angreifer, der strauchelte und auf das Bett fiel. Die Schnur lockerte sich. Christopher konnte sie greifen und dem Mann aus den Händen reißen. Er entfernte sie von seinem Hals.
Jetzt erkannte Christopher, dass sein Vorteil in seinem Gewicht lag. Der Mann unter ihm war wesentlich kleiner als er, aber sehr wendig. Ohne Vorwarnung machte sich der Angreifer wieder frei und führte einen Schlag gegen Christophers Kehle. Der traf nur das Kinn, aber Christopher spürte einen stechenden Schmerz in seinem Kiefer. Er erinnerte sich, wie der Mönch in Kalimpong ihn so mühelos außer Gefecht gesetzt hatte. Er sprang zurück, stieß gegen denStuhl und warf ihn um. Ohne nachzudenken, hob er ihn hoch.
»Wer bist du?«, zischte er. Aber der Angreifer blieb stumm. Christopher sah den
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