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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Jasminblüten schrumpften und versanken, der Wind heulte in den Bergen wie eine verirrte Seele.
    Es gab keine Ordnung und kein System in dem, was er sagte. Seine Gedanken drängten chaotisch nach außen. Bald sprach er von seiner Kindheit in Indien, dann wieder von Tante Tabitha und den langen Sommern in Carfax, die ihm einst endlos erschienen waren. Er erzählte ihr von Männern, die er getötet oder verraten hatte. Von einer Frau, die er einst an einem kalten Winternachmittag verließ. Er sprach von Cormacs Tod und wie der ihn quälte, vom Summen der Fliegen, das er nicht vergessen konnte, von dem nackten Mädchen in dem Waisenhaus, von Lhaten, den man auf einem Schneefeld hoch oben in den Bergen wie ein Kalb hingemetzelt hatte.
    Sie hörte ihm schweigend zu wie ein Priester einer Beichte, ohne ihm Absolution zu erteilen, aber auch ohne ihn anzuklagen. Er erwartete keines von beiden. Er fand genügend Segen darin, dass sie bei ihm war. Am Ende erzählte er ihr von seinem Vater, von der geheimnisvollen, schrecklichen Wiedergeburt, die an diesem Nachmittag zwischen den Grabstätten stattgefunden hatte. Wieder saßen sie lange schweigend beisammen. Irgendwann hatte er ihre Hand in der seinen – klein und zerbrechlich wie eine Muschel oder ein Porzellangefäß, ein Bruchstück von etwas, das er vor langer Zeit gekannt und verloren hatte.
    »Wie ist der Junge hierhergekommen?«, fragte Christopher schließlich. »Der, den Samjatin gesucht hat.«
    »Sein Name ist Dorje Samdup Rinpoche«, sagte sie. »Er wurde vor über zehn Jahren in einem Dorf weit im Westen in der Nähe des heiligen Sees Manosarowar geboren. Als er noch ganz klein war, kamen Mönche aus der Mongolei in die Gegend. Sie fanden Anzeichen dafür, dass er die neue Inkarnation des Maidari Buddha sei.«
    Das musste um 1912 gewesen sein, dachte Christopher bei sich. Nun wusste er, was Maiski und Skrypnik am Manosarowar gefunden hatten und wonach sich später Samjatin auf die Suche machte.
    »Zuerst wollten die Mönche Samdup in die heilige Stadt Urga in der Mongolei mitnehmen. Andere rieten jedoch davon ab. Auf dem Thron von Urga sitzt immer noch ein Hutuktu. Wenn er von der Existenz des Jungen erfahren hätte, dann wäre er sicher versucht gewesen, ihn töten zu lassen, damit er nicht einmal an seine Stelle treten konnte.«
    »Ein Hutuktu?« Das Wort hatte Christopher noch nie gehört.
    »So nennen die Mongolen ihre Inkarnationen. Samdup ist der rechtmäßige Hutuktu von Urga. Der Jebtsun Damba Hutuktu. Der wahre Herrscher der Mongolei.«
    »Das verstehe ich nicht. Wie kann es zur selben Zeit zwei Hutuktus geben? Wie kann der eine den anderen ablösen, wenn beide noch am Leben sind?«
    »Es gibt keine zwei Hutuktus«, antwortete sie. »Sie sind ein und derselbe. Er lebt in verschiedenen Körpern, das ist alles. Aber der achte Körper ist heute kein passendes Gefäß mehr. Der Maidari Buddha hat entschieden, sich in einem neuen Körper zu reinkarnieren, bevor der alte zerstört ist. Eigentlich ganz einfach.«
    »Aber ich begreife nicht, warum Samjatin so viel Zeitdarauf verwendet, um dieses Kind zu finden. Warum geht er nicht einfach in die Mongolei und versucht, Einfluss auf den gegenwärtigen Hutuktu zu gewinnen?«
    Chindamani schüttelte den Kopf.
    »Der jetzige Hutuktu von Urga hat keine Macht. Ich verstehe nicht viel von diesen Dingen, aber ich habe gehört, wie der Abt mit anderen darüber gesprochen hat. So wie sie es darstellen, wurde im Geburtsjahr von Samdup der Kaiser von China in einem großen Aufstand besiegt. Stimmt das?«
    Christopher nickte. 1911 hatten die Chinesen die Dynastie der Mandschus gestürzt und in China die Republik ausgerufen.
    »Als das geschah«, fuhr Chindamani fort, »lehnte sich der Hutuktu von Urga gegen die Chinesen auf, die die Mongolei Jahrhunderte lang besetzt hatten. Er wurde zum Herrscher der Mongolei ausgerufen, und die Chinesen verließen das Land. Zum ersten Mal erhielt er von einem anderen Land im Norden Schutz. Es heißt, dies sei eines der Länder der Pee-lings, aber davon verstehe ich nichts.
    »Es ist Russland«, sagte Christopher. »Ihr König wollte Einfluss im Osten gewinnen. Erzählen Sie weiter.«
    »Mit deren Hilfe regierte der Hutuktu mehrere Jahre lang. Dann wurde der König dieser Pee-lings ebenfalls gestürzt wie der Kaiser von China. Stimmt das auch?«
    »Ja«, antwortete er. »So ist es gewesen.«
    »Als das geschehen war, kehrten die Chinesen in die Mongolei zurück. Sie zwangen den Hutuktu,

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