Der neutrale Planet
die ihnen bei dieser Reise begegnen mochten.
Aber wie schützt man jemanden wie Falk? fragte sich Warshow düster. Der Commander wußte keine Antwort darauf. Normalerweise schien es nicht erforderlich zu sein, Raumfahrer dagegen zu impfen, daß sie sich in Frauen von fremden Planeten verliebten, aber – »Guten Tag, Commander Warshow«, sagte eine trockene Stimme plötzlich.
Warshow schaute sich überrascht und verärgert um. Der Mann, der hinter ihm stand, war groß, mager, mit harten, wulstigen Backenknochen, die grotesk aus pergamentartiger, kreideweißer Haut ragten. Warshow erkannte die genetische Struktur und den Mann. Es war Domnik Kross, ein Händler von der früheren Terra-Kolonie auf Rigel IX.
»Hallo, Kross«, sagte Warshow mürrisch und blieb stehen.
»Was führt Sie in die Stadt, Commander? Ich dachte, Sie wollten packen und starten.«
»Wir – verschieben um vier Tage.«
»So? Haben Sie etwas Brauchbares, das zu berichten sich lohnt? Nicht, daß ich – «
»Geben Sie’s auf, Kross. Wir sind mit dem Handel für diese Saison fertig. Sie haben freies Feld. Lassen Sie mich jetzt in Ruhe, ja?« Er ging schneller, aber der Rigelaner hielt mit schiefem Lächeln Schritt.
»Sie wirken verstört, Commander.«
Warshow sah den anderen ungeduldig an und wünschte sich, vor dem Rigelaner offen reden zu können.
»Ich bin streng geheim unterwegs, Kross. Bestehen Sie darauf, mich zu begleiten?«
Die schmalen Lippen grinsten kalt.
»Durchaus nicht, Commander Warshow. Ich wollte nur höflich sein und Sie ein Stück begleiten, um Neuigkeiten auszutauschen. Wenn Sie in vier Tagen fliegen, sind wir schließlich keine Konkurrenten mehr, und – «
»Genau.«
»Was hört man von einem Ihrer Besatzungsmitglieder? Er soll mit einer Eingeborenen zusammenleben?« fragte Kross plötzlich.
Warshow fuhr herum und funkelte den anderen an.
»Nichts!« fauchte er. »Hören Sie? Nichts daran ist wahr!«
Kross lachte leise in sich hinein, und Warshow begriff, daß er in der tödlich-kalten Rivalität zwischen Terraner und Rigelaner, zwischen Mensch und Sohn des Menschen, eindeutig einen Punkt verloren hatte. Die genetische Drift war für die Domnik Krosses verantwortlich – ein wenig Chromosomenlooping auf einem kolonisierten Planeten, eine Spur Inzucht über zehn Generationen hinweg, und es war eine neue Nebengattung entstanden: eine fremde Nebengattung, die wenig Zuneigung für ihre Vorfahren aufbrachte.
Sie erreichten eine Gabelung, und der Commander wandte sich impulsiv nach links. Erleichtert stellte er fest, daß Kross ihm nicht folgte.
»Bis zum nächsten Jahr!« sagte der Rigelaner.
Warshow brummte etwas und ging die schmutzige Straße entlang, froh darüber, Kross so schnell losgeworden zu sein. Die Rigelaner waren üble Kunden, dachte er. Sie waren immer eifersüchtig auf die Mutterwelt und ihre Menschen, stets bemüht, ihnen auf Welten wie Kollidor bei gewinnbringenden Unternehmungen zuvorzukommen.
Wegen Kross gehe ich jetzt dorthin, wo ich hinwill, überlegte Warshow. Der Druck durch die Rigelaner zwang die Menschen, in der ganzen Galaxis den Schein zu wahren. Die Bürde der Erdbewohner, nannten die Terraner das inoffiziell. Einen Deserteur auf Kollidor zurückzulassen, würde das Prestige der Erde in den Augen des ganzen Universums gefährden – und die schlauen Rigelaner würden dafür sorgen, daß man es überall erfuhr.
Warshow kam sich eingeengt vor. Als er sich der Wohnung näherte, wo Falk untergekommen war, spürte er, wie ihm der Schweiß den Rücken herunterlief.
»Ja, bitte?«
Warshow stand an der Tür, ein wenig entsetzt von Anblick und Geruch. Eine Kollidorerin stand vor ihm. Guter Gott, dachte er. Eine Schönheit ist sie wirklich nicht.
»Ich bin – Commander Warshow«, sagte er, »Von der ›Magyar‹. Matts Schiff. Darf ich hereinkommen?«
Der schließmuskelartige Mund verzog sich zu dem, was Warshow wohl als freundliches Lächeln ansehen sollte.
»Gewiß. Ich hatte schon gehofft, daß Sie kommen. Matt spricht viel von Ihnen.« Sie trat von der Tür zurück, und Warshow trat ein. Der scharfe, durchdringende Geruch stieg ihm in die Nase. Es war eine ungestrichene Zweizimmerwohnung; hinter dem Zimmer, in dem sie standen, sah Warshow ein zweites, etwas größer und unordentlicher, mit Küchengeräten. Ungespültes Geschirr war im Spülbecken gestapelt. Zu seiner Überraschung sah er in dem zweiten Raum ein ungemachtes Bett… und ein zweites im Vorderzimmer. Einzelbetten. Er
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