Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
noch einmal über Nacht geblieben und gammelt den ganzen Tag hier herum, weil er auf das Straßenfest gehen will. Und aus irgendeinem Grund hat er richtig gute Laune. Jed hingegen benimmt sich komischer denn je. Ich frage ihn, wie das Treffen mit Onkel Ians Kollegen gewesen ist und ob sie von irgendwelchen Terrorverdächtigen gesprochen haben, die von ihnen festgenommen worden sind. Aber er sagt nur: »Das ist vertraulich. Information nur bei Notwendigkeit, okay?«
»Also sind sie wirklich beim Bombenkommando?«
»Das habe ich dir doch gesagt, oder?«
»Na ja – so ähnlich«, erwidere ich. »Worüber haben sie also gesprochen?«
»Tja, das darf ich dir ja nicht sagen, oder? Es ist geheim.«
»Sag mir nur, ob es etwas mit Shakeel zu tun hatte«, bitte ich ihn.
»Ich fürchte, für solche Informationen brauchst du eine höhere Ermächtigungsstufe«, sagt er selbstgefällig. Danach weigert er sich, noch weiter darüber zu sprechen.
Wir helfen dann Priti und ihren Brüdern, alles für die Party vorzubereiten. Am Ende der Sackgasse, wo die Leute normalerweise ihre Autos wenden, stellen wir lange Tische auf und hängen Wimpel von den Laternenpfählen. Wir dürfen Mik helfen, zwei große Lautsprecher zu installieren, die blecherne Musik mit einer jammernden Frauenstimme (die in Pakistan offenbar als wirklich toll gilt) herausplärren. Dann kommt einweißer Imbisswagen, und alle bekommen Curry aus riesigen dampfenden Kasserollen, den größten, die ich je gesehen habe; wie Hexenkessel sehen sie aus.
Haufenweise treffen dann die Gäste ein – darunter auch alte Damen und kleine Kinder, und alle haben sich fein gemacht für die Hochzeit. Mehr Orientalen, als ich je gesehen habe. Zara ist mit einem Haufen Mädchen in Saris da. Ihr Sari ist himmelblau, und sie sieht darin so schön aus, dass ich kaum hinsehen kann. Mik – der in einem Kaftan, wie auch Shakeel ihn trägt, völlig anders aussieht – lungert in der Nähe der Mädchen in den Saris herum und versucht mit ihnen zu sprechen, bis Zara ihm sagt, er solle verschwinden.
Dann kommen die Nachbarn aus dem Haus. Sie tragen ein komisches Durcheinander an Kleidung, als wären sie sich alle unschlüssig gewesen, was man zu einer orientalischen Hochzeit anziehen soll. Oma, die ihren Sonntagsstaat trägt, allerdings auf Opas Rat hin keinen Hut, sagt, es ist wie ein Straßenfest zum Krönungsjubiläum der Königin. Opa trägt Schlips und Kragen (wie immer, das will er wegen einem Haufen »Ausländer« auch nicht ändern) und schnaubt nur, aber ich glaube, auch er ist beeindruckt.
Onkel Ian (in Jeans und Polohemd) stellt sich zu Stevies Eltern (die Mutter im Strandkleid, der Vater mit T-Shirt und Shorts), die in ihrer Einfahrt Liegestühle aufgestellt haben und Bier trinken. Der Rest der Nachbarn (in einer Mischung aus Sonntagsgarderobe und Strandkleidung) hält sich am Rand, sie warten vor ihren Einfahrten und mischen sich nicht unter die Gäste an den Tischen.
Doch dann wird das Curry serviert, und alles setzt sich in Bewegung, denn es riecht einfach zu gut, um ihm zu widerstehen.Von da an vermischen sich die Farben ein wenig. Ich sehe sogar meinen Opa einen Schwatz mit Ameenah halten (sie trägt einen roten Sari, so rot wie Klatschmohn oder wie der Lippenstift, den meine Mutter an dem Tag aufgetragen hatte, an dem sie ins Krankenhaus ging), während Oma sich mit den Damen, die das Curry gemacht haben, über die verwendeten Zutaten unterhält.
Hier sind so viele Leute, dass niemand so richtig auf Priti, Jed und mich achtet, und das ist das Beste an dem Straßenfest, denn so können wir tun, was wir wollen. Wir lassen das Curry aus und essen nur schüsselweise Pudding, dann kriechen wir unter die Tische, um Bombenjäger zu spielen, und Pritis schöner Sari ist bald völlig dreckig. Wir errichten unsere Basis unter dem größten Tisch und überprüfen als Erstes die Beine der Leute. (Ich erinnere mich an das, was Priti von der Persönlichkeit der Schuhe erzählt hat, und stelle sie mir mit Gesichtern, Perücken und Accessoires vor.) Dann schlägt Jed vor, dass wir Minen räumen sollten.
»Was ist denn das?«, frage ich.
»Wenn du die Reste aus den Bierdosen trinkst, die die Erwachsenen rumstehen lassen«, erklärt er. »Das ist toll. Du kannst davon richtig blau werden.«
»Gut«, sage ich.
»Ich wette, du hast noch nie Bier getrunken«, sagt Jed.
»Habe ich wohl«, lüge ich.
»Na, und wie schmeckt es?«
»Gut«, sage ich in dem verzweifelten Versuch,
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