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Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Titel: Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Bruton
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sprengt, eine Eruption von Farben, als Gäste und Büfett in die Luft wirbeln.
    »Das ist eine gute Neuigkeit«, sage ich.
    Einmal, als wir im Internet suchten, fand Priti etwas über hinterbliebene Kinder, die sich selbst für den Tod des Angehörigen verantwortlich machen, den sie verloren haben. »Manchmal redet man sich selbst Schuldgefühle ein. Hat man den Tod des Betreffenden verursacht?« , stand da. »Lag es an etwas, das du gedacht hast? Kam es so, weil du mit jemandem gestritten hast, zu lange aufgeblieben bist oder unordentlich oder laut warst? So etwas zu empfinden kann dich wütend auf dich selbst machen und auf jeden um dich herum. Aber du hast den Tod nicht verursacht, egal wie böse du damals gewesen zu sein glaubst, wie ungehorsam du vielleicht warst. Der Tod hat viele Ursachen, aber niemals ist er die Folge von etwas, das du gedacht hast, oder davon, ob du dich gut benommen hast oder nicht.«
    Priti hat gefragt, ob ich glaube, dass es meine Schuld war, dass mein Vater gestorben ist. Ob ich etwas wirklich Schlimmes getan hätte, das seinen Tod verursacht haben könnte? »Nein, natürlich nicht«, habe ich damals gesagt. Aber seitdem habe ich viel darüber nachgedacht, und egal, was auf der Website stand, ich habe mich gefragt, ob ich vielleicht tatsächlich schuld bin.
    Mum sagt, als ich klein war, hätte ich einmal neun Tasten von der Tastatur ihres Laptops abgerissen (ihre Abneigung gegen Computer bekam sie erst nach Dads Tod) und sie in einen Spalt zwischen den Bodendielen geworfen. Mein Vater war zu der Zeit beruflich unterwegs, und sie musste ihm eine E-Mail schicken, ohne die Tasten E , F, S , T, A , R , L , O und D zubenutzen, was ziemlich schwierig war, weil man nicht viele Wörter bilden kann, ohne wenigstens eine davon zu benutzen. Versucht es einmal, und ihr werdet schon sehen.
    Ein anderes Mal habe ich alle Blumenzwiebeln ausgegraben, die Dad in stundenlanger Arbeit im Garten gepflanzt hatte (er arbeitete gern im Garten; es gibt also doch etwas, das ich über ihn weiß), und sie über den ganzen Rasen verstreut. Und ein anderes Mal habe ich etwas aus der Waschmaschine ausgebaut – das Gummiding um die Tür, das das Wasser zurückhält –, und es gab eine Überschwemmung in der Küche. Ich habe auch mal auf den Boden gekackt und dann alles auf dem Teppich verteilt und meine Hände hineingesteckt und mir die Klamotten und das Gesicht und die Haare damit vollgeschmiert. Ich war damals noch ein Kleinkind und hatte es offenbar noch nicht so sehr mit der Sauberkeit wie heute.
    Also war ich unartig, aber unartig sind schließlich alle Kleinkinder, oder? So sind sie eben. Schließlich nennt man diese Phase das Trotzalter. Und was ich getan habe, war zwar bestimmt ganz schön ärgerlich, aber es klingt einfach nicht schlimm genug, um meinen Dad getötet zu haben. Oder?
    Meine Mum hat mir einmal erzählt, dass Dad kurz vor seinem Tod seine Stellung gekündigt hat. Er hatte sein Kündigungsschreiben im August abgegeben und war nur noch dabei, seine Kündigungsfrist abzuarbeiten. Er wollte wegen der Arbeit nicht mehr so viel von der Familie weg sein, hatte er gesagt. Er wollte mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Mit mir.
    Wäre ich ein braveres Kind gewesen, hätte es vielleicht mehr Spaß gemacht, bei mir zu sein, und er hätte seine Kündigung schon einen Monat früher eingereicht und wäre am 11. September gar nicht in New York gewesen, sondern bei uns zu Hause.
    Vielleicht ist es wie bei einem Fußballspiel, wenn die eigene Mannschaft spielt und man nicht aufs Klo gehen will, weil die anderen ausgerechnet dann ein Tor schießen könnten, wenn man nicht zusieht. Vielleicht war es so auch mit Dad: Ich behielt den Ball nicht im Auge, wünschte mir nicht genug, dass er am Leben blieb. Denn wenn ich es getan hätte, wäre er nicht gestorben.
    Was meine Mum anging, habe ich immer versucht, ganz, ganz umsichtig zu sein. Ich habe versucht, für sie zu sorgen: Ich habe mich darum gekümmert, dass sie isst, auch wenn das hieß, über eine Stunde lang mit ihr am Tisch zu sitzen; ich habe ihr wenigstens einmal am Tag gesagt, dass ich sie lieb habe; ich habe ihr gesagt, dass sie schön ist und eine großartige Mutter.
    Und ich habe immer versucht, brav zu sein, nie Ärger zu bekommen und nie etwas Verbotenes zu tun. Weil ich nicht noch einen Elternteil verlieren will.
    Aber vielleicht ist es jetzt trotzdem passiert.

14. August
    Trotz all seiner Bemerkungen über orientalische Hochzeiten ist Onkel Ian

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