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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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niemandem trauen kann.«
    »Du siehst es allmählich ein«, sagte ich. Es war ein schaler Triumph. Und einer, der zu spät kam.
    Hans-Olof starrte blicklos ins Leere. »Ich wollte es nicht wahrhaben. Bosse …? Ich habe ihn für einen Freund gehalten. Wir haben so viel über unsere Kinder gesprochen. War das alles hohles Gerede?«
    »Das Geld, Hans-Olof«, sagte ich. Meine Augen fühlten sich schmerzhaft trocken an. Lag sicher an der Klimaanlage.
    »Geld verändert die Menschen. Wenn Geld ins Spiel kommt, hören alle Freundschaften auf.«
    Er nickte langsam. »Ich war blind, so blind …« Er sah mich an. »Weißt du, was ich glaube? Das ist keine kleine Bande. Das ist ein Sumpf, ein stinkender Morast. Die stecken alle unter einer Decke. Solche Aktionen wie ein Tonband zu installieren, Daten zu sammeln, sich langsam an die heranzutasten – das wird nichts bringen. Dazu sind die zu gut abgesichert.«
    »Ja«, sagte ich. Er hatte Recht. Und ich hätte das von Anfang an genauso sehen müssen.
    »Man müsste etwas Überraschendes tun. Etwas, womit sie nicht rechnen.«
    Ich spürte meinen Mund trocken werden. Ich betrachtete ihn mit einem schmerzhaften Gefühl in der Brust. Als sei die Innenseite meines Körpers eine Wunde und das, was er sagte, Säure, die darüber hinwegrann.
    »Ich setze immer noch meine ganze Hoffnung in dich, Gunnar«, sagte Hans-Olof, aber er sah dabei aus, als zweifle er mittlerweile daran, dass diese Hoffnung berechtigt war.
    Ich nickte nur. Woher kam bloß diese elende Verzweiflung? Sie stieg in mir auf wie giftiger Dampf aus einer tiefen Höhle.
    »Kristina ist nicht nur meine Tochter«, fuhr Hans-Olof flüsternd fort. »Sie ist auch deine Nichte. Das einzige Kind deiner Schwester.«
    Ich holte Luft, ballte die Fäuste, vertrieb das lähmende Gefühl mit einem entschlossenen Kopfschütteln. »Bosse Nordin ist im Urlaub, entsinne ich mich da richtig?«
    Hans-Olof nickte. »Er kommt Dienstagabend zurück. Gerade rechtzeitig für die Nobelfeier am nächsten Tag.«
    »Mit anderen Worten, wenn ich mich zum Beispiel morgen Abend bei ihm umsehen will, könnte ich das völlig ungestört tun, oder?«
    »Wieso erst morgen Abend?«
    »Weil ich mir das Haus und seine Umgebung vorher zumindest einmal bei Tageslicht anschauen muss. Außerdem muss ich noch ein bisschen einkaufen. Sachen, die man nicht im nächsten Supermarkt bekommt.« Dass ich jetzt von Ausrüstung redete, die ich für den Einbruch in die Nobelstiftung brauchen würde, musste ich ihm ja nicht auf die Nase binden. Zwei Aktionen waren auf jeden Fall besser als eine. Ich zückte mein Notizbuch. »Sag mir doch mal seine Adresse.«
    Er sagte sie mir, und ich schrieb sie auf. Bosse Nordin wohnte in Vaxholm, sieh an. Ziemliche Strecke, aber vermutlich beste Lage, teuer, direkt am Meer.
    »Bei Adresse fällt mir ein«, meinte Hans-Olof, »du könntest mir doch auch mal deine neue Adresse geben. Für alle Fälle.«
    Ich klappte das Notizbuch zu und schob es ein. »Nein. Besser, du weißt sie nicht. Ist auch belanglos.« Ich sah den Karton mit dem Wanzenaufspür-Equipment an. »Was machen wir damit? Ist es noch wichtig, ob in deinem Büro eine Wanze ist?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nimm’s wieder mit.«
    »Vielleicht besser so.« Ich legte alles wieder hinein und schloss den Deckel. »Kann auch gut sein, dass ich es selber noch brauche.«
    »Ich begleite dich hinaus.« Er stand auf. Und natürlich blieb die unvermeidliche Hans-Olof-›Ich muss alles unter Kontrolle haben‹-Andersson-Frage nicht aus: »Du gibst mir Bescheid, ehe du zu Bosses Haus aufbrichst?«
    Er mochte von Angst gebeutelt sein, er ging mir trotzdem auf den Wecker. »Ich kann dir den Zeitplan auch schon verraten«, sagte ich säuerlich. »Morgen Abend, zwei Stunden nach Mitternacht, stehe ich bei Professor Bosse Nordin im Arbeitszimmer. Und ich wäre dir verbunden, wenn du mich in der Zeit nicht vierundzwanzigmal anrufen würdest. Ein klingelndes Mobiltelefon in der Tasche stört enorm beim Einbrechen.«
    »Schon gut«, erwiderte Hans-Olof konsterniert. »Es ist ja nur, weil …«
    »Weil es abgemacht ist, schon klar. Du könntest mir die Türe öffnen und vorangehen.«
     
    Das Labyrinth war immer noch dunkel, still und menschenleer. Doch als wir uns dem Eingang näherten, durch den ich hereingekommen war, hörte man eine Stimme. Der Doktorand von vorhin, der lautstark mit jemandem telefonierte.
    Ich blieb stehen. » Skit. Hans-Olof! Der ist ja immer noch da.«
    Mein Schwager

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