Der Nobelpreis
vergeuden.
Das Brownie war gut. Hans-Olof sah sich kauend um …
Und erblickte den Mann mit den weit auseinander stehenden Augen.
Diesmal war er nicht in Polizistenuniform. Er trug eine graue Jacke und eine schwarze Strickmütze, die ihn bis zur Unkenntlichkeit entstellt hätte, wäre diese unverkennbare Augenpartie nicht gewesen. Raschen Schrittes kam er die Passage entlang, tief in Gedanken versunken und in Eile. Er schien Hans-Olof nicht bemerkt zu haben. Er schien überhaupt weder nach rechts noch nach links zu schauen.
Hans-Olof duckte sich über seine Tasse, nahm einen Schluck, verfolgte aus den Augenwinkeln und in den dunkel spiegelnden Schaufenstern des Cafes und der Modegeschäfte ringsumher den Weg des Mannes, der seine Stimme für drei Millionen Kronen hatte kaufen wollen.
Wo um alles in der Welt kam der Mann jetzt her? Hatte das etwas mit ihm zu tun? Aber so sah es nicht aus. Das war eine zufällige Begegnung, und vielleicht … eine Chance! Hans-Olof wartete, bis der Mann im nächsten Durchgang verschwand, dann sprang er auf, ließ Kaffee und Brownie stehen, schnappte seinen Schal und machte sich an die Verfolgung.
Schritte, Schritte – überlaut klangen sie ihm in den Ohren, während er dem anderen folgte. Der musste sich doch jeden Moment umdrehen, ihn entdecken, und dann? Aber er drehte sich nicht um. Kümmerte sich nicht. Eilte pfeilgerade auf das Ende der Passage zu, wo die Schiebetür vor ihm aufging und ihn in das Gewimmel der Menschen draußen auf der Sergelgatan entließ.
Draußen war es leichter, ihm unauffällig zu folgen, aber schwerer, mit ihm Schritt zu halten. Hans-Olof drängte sich zwischen Passanten hindurch, hörte weg, wenn jemand murrte, sagte Ursäkta! und Förlåt! und natürlich Tack! zu – wie es ihm vorkam – jedem zweiten Einwohner Stockholms, aber so sehr er sich auch beeilte, die schwarze Strickmütze entfernte sich immer weiter, und als er sie schließlich doch noch einholte, war es jemand anders, eine stämmige Frau mit aufgedunsenem Gesicht.
Verdammt! Hans-Olof blieb stehen, stand umströmt von Leuten mit Einkaufstüten, Jugendlichen mit Kopfhörern und plappernden Pärchen, und begriff nichts. Was konnte der Mann hier gewollt haben? Vielleicht etwas, das mit ihm und Kristina überhaupt nichts zu tun hatte. Schließlich brauchten auch Verschwörer, Entführer und Erpresser ihr Privatleben.
Endlich beschloss er, da er sowieso keine andere Idee hatte, wieder nach Hause zu fahren. Schade um den Kaffee und den Kuchen, aber alle Lust auf Entspannung war ihm gründlich vergangen. Es gab anscheinend kein Entkommen vor seinen Peinigern.
Er stapfte zurück zum Parkhaus, ärgerte sich über die hohen Parkgebühren – er hatte mit dem für ihn typischen »Glück« die nächste halbe Stunde um gerade eine einzige Minute angebrochen – und holte sein Auto. Wie immer atmete er auf, als er zurück ins Freie kam. In den engen Parkdecks konnte man sich meist nur mühsam zwischen den Wagen hindurch und durch nur halb zu öffnende Türen auf den Fahrersitz zwängen, und jetzt drückte sein Mantel im Rücken. Die nächste rote Ampel nutzte er, ihn zurechtzuziehen, den Rückspiegel ordentlich einzustellen …
Da. In dem Auto hinter ihm.
Der Mann mit den fischigen Augen.
Es durchfuhr Hans-Olof wie ein Stromschlag. Was hatte das zu bedeuten? Verfolgte der Mann ihn also doch? Aber es sah nicht so aus. Der Unbekannte telefonierte, schrie in sein Handy, regte sich auf.
Grün. Hans-Olof fuhr langsam an, spürte, dass seine Hände am Lenkrad bebten, konnte den Blick kaum vom Rückspiegel wenden. Er war es, kein Zweifel. Am Steuer eines dunkelroten Volvo, dessen Nummernschild von hier aus nicht zu erkennen war.
Was jetzt? Wer verfolgte wen? Auf jeden Fall langsam fahren. Keinen Unfall riskieren. Nachdenken.
Der Volvo blieb hinter ihm, während es die Vasagatan entlang ging. Der Mann schien weiterhin anderweitig beschäftigt. Nein, das war kein Verfolger. Der hatte ihn noch nicht einmal bemerkt. Wenn er ihn dazu brachte, zu überholen, und sich dann an seine Rücklichter heftete, dann würde er ihn womöglich zu überaus interessanten Entdeckungen führen …
Jetzt hörte der Mann auf zu telefonieren, starrte finster ins Leere, während der Verkehr sich um Bantorget herum in die Torsgatan wälzte, die am Bahndamm entlangführte. Hans-Olof duckte sich, musste dauernd daran denken, dass der Mann mit den fischigen Augen unter Garantie sein Nummernschild kannte und jeden Moment
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