Der normale Wahnsinn - Roman
haben.«
»Zum Beispiel?«
»Keine Ahnung. Bin ja schließlich nicht in dieser scheiß Sonderkommission. Ich weiß nur, dass er das Mädchen mit ’nem Stück Wäscheleine erwürgt hat. Das hat mir Sparky erzählt.«
Sparky ist unsere Klatschtante vom Dienst. Wenn man von der Presse ist und Informationen braucht, führt kein Weg an Sparky vorbei – er ist die personifizierte undichte Stelle. »Wissen ist Macht«, sagt er immer. Der Idiot hat nur noch nicht kapiert, dass Wissen nur dann Macht ist, wenn man dieses Wissen für sich behält. Mit Flachwichsern wie Sparkes, die in Zivil einfach ihr Maul nicht halten können, grenzt es fast schon an ein Wunder, dass in diesem Land überhaupt noch jemand eines Verbrechens überführt wird.
»Ach so. Dann haben sie also ein Stück Wäscheleine und ein unterschriebenes Geständnis in der Tasche dieses Typen gefunden?«, frage ich.
Rob windet sich wie ein Aal. Das macht er immer, wenn er mit stichhaltigen Argumenten konfrontiert wird. »Nee, natürlich nicht«, sagt er. »Aber ich wette, die machen schon bald ’ne Hausdurchsuchung bei ihm.«
»Genau«, sage ich. »Am besten rufst du Newman gleich an und sagst ihm, sie sollen den Garten nicht vergessen. Höchstwahrscheinlich hängt da auch ’ne Wäscheleine zwischen den Bäumen. Und voilà: Fall gelöst.« Wieder breche ich in schallendes Gelächter aus, was Rob natürlich nicht gefällt.
»Ach, halt’s Maul«, sagt er. »Ich wette zwanzig Pfund, dass er es war.«
Ich bin kein Fan von Wetten, aber ich sage: »Mach liebergleich fünfzig daraus.« Dies nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Rob – ein gern gesehener Kunde in den Wettbüros – schon seit zehn Jahren nicht mehr gewonnen hat.
Er schlägt ein, doch er sieht mich nicht mehr dabei an. Starrt stattdessen rüber zu den drei Tussis, die am Nachbartisch in einer fremden Sprache plappern. Typisch Rob. Ein läppisches Workout, und schon denkt er, er wäre Ben Affleck.
»Was meinst du?«, sagt er nach einer Weile.
»Was meine ich wozu?«, frage ich.
»Na ja, wollen wir die drei da drüben nicht auf einen Drink einladen? Die mit der Riesennase ist zwar ein Abturner, aber ihre Freundinnen sehen doch ganz passabel aus.«
Rob ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Was ihn allerdings nie davon abgehalten hat, Frauen anzubaggern. Was mich betrifft … Nun ja, mein gestriger Auftritt beim Inder hat meiner Beziehung mit Sicherheit nicht gerade gutgetan. Wäre wohl nicht gerade schlau, jetzt noch einen anderen Kriegsschauplatz zu eröffnen, oder?
»Nur zu, Rob«, sage ich. »Ich trinke das hier noch aus und geh dann nach Hause.«
»Nach Hause zur kleinen Pammy. Das wird wohl alles andere als ein lustiger Abend heute, was?«
Da hat er nicht ganz Unrecht. Doch wann hatte ich eigentlich zum letzten Mal so richtig Spaß? Gestern Abend jedenfalls nicht. Dieses indische Restaurant war richtig scheiße. Ich hatte jedes Recht, mich zu beschweren. Okay, rückblickend betrachtet hab ich’s wohl ein bisschen übertrieben. Pam hätte durchaus sauer auf mich sein können, oder? Doch auf dem Heimweg hat sie nicht viel geredet. Und als wir dann zu Hause waren, hatte ich eigentlich erwartet, dass sie mit ’nem Kissen nach mir wirft und mir sagt, ich soll auf der Couch schlafen oder so. Doch das Gegenteil war der Fall: Sie hat mich praktisch ins Schlafzimmer gezerrt und wollte doch tatsächlich gefickt werden, die verrückte Kuh. Hat mir den ganzen Hals vollgesabbert und mir gesagt, dass wir »einander wieder annähern« müssten. Als ob wir einander jemals nah gewesen wären. Und an dem Punkt bin ich dann wieder sauer geworden. Ich meine, was soll das? Warum ist sie die ganze Zeit so verdammt … nett ? Ich hab gemerkt, wie mir – wie schon im Restaurant – wieder die Galle hochkam, und hab sie von mir weggeschubst. Hab sie nicht geschlagen, falls Sie das meinen. So was würde ich einer Frau niemals antun. Aber ich hab mir mein Kissen und meine Bettdecke geschnappt und mich aufs Sofa verzogen. »Was ist los, Keith, was hab ich denn gemacht?«, hat sie gefragt. »Nichts … lass mich einfach in Ruhe!«, hab ich gebrüllt. Hätte ihr in diesem Moment wirklich nicht sagen wollen, dass ich schon seit Monaten keinen Ständer mehr gehabt habe. Dann hätte sie wieder nur sich selbst die Schuld daran gegeben. Und – wer weiß – vielleicht hat sie damit ja auch nicht ganz Unrecht. Tag für Tag rennt sie wie ein kleiner Hamster auf ihrem Laufband, und doch
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