Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
Vom Netzwerk:
Schultern.
    »Nochmals vielen, vielen Dank«, fahre ich fort. »Ich denke, so mancher hätte die Brieftasche einfach behalten. Sie haben meinen Glauben an das Gute im Menschen wiederhergestellt.«
    »Na ja, ging ja nur um ’ne Brieftasche, Kumpel, nicht um den Frieden im Nahen Osten.«
    Und dann ist er auch schon mit quietschenden Reifen davon und im Feierabendverkehr untergetaucht. Ich schaue auf das Knöllchen, das in einer schmutzigen Pfütze liegt und hebe es auf. Ich schüttle das Wasser von der Plastikfolie und lese: 40 Pfund. Vielleicht bezahle ich es für ihn. Das ist ja wohl das Mindeste, was ich für ihn tun kann. Ich stecke den Strafzettel in meine Tasche. Dabei berühren meine Finger das Handy, das kurz vibriert. Ich hole das Telefon hervor und sehe, dass ich eine SMS von Ali bekommen habe: HAB MIR DIE SERIE FATHER TED AUF DVD AUSGELIEHEN ABER WILL SIE NICHT ALLEIN ANSEHEN.
    Ich fliege förmlich nach Hause.

    Paul : Gerade läuft die Episode, wo der Film Speed aufs Korn genommen wird und in der Father Dougal McGuire einen mit einer Bombe präparierten Milchwagen durch die Gegend kutschieren muss, die hochgeht, sobald er langsamer als sechs Kilometer pro Stunde fährt. Das ist schon die fünfte Folge, die wir uns ansehen, aber wir heben uns das Beste immer für den Schluss auf. Ali liegt eng an mich gekuschelt auf dem Sofa. Ihr Körper erbebt alle paar Sekunden unter ihrem Kichern und Prusten.
    So ist das mit Ali. Sie ist schnell auf 180, aber genauso schnell wieder friedlich wie ein Lämmchen. Insofern ist es die Sache wert, stets das Schlimmste zu erwarten, weil ihre Entschuldigungen einfach alles toppen.
    »Ich hab Angst, Paul«, sagt sie plötzlich.
    »Wovor?«
    »Dass ich eines Tages zu weit gehen könnte und dass du dann gehen und nie mehr zurückkommen wirst.«
    »Sei nicht dumm«, sage ich. »Ich komme immer wieder zurück.«
    Ali : Jetzt hat er so etwas Schönes zu mir gesagt, und ich biege mich vor Lachen. Natürlich nicht wegen seiner Worte, sondern wegen der DVD, die wir uns gerade ansehen. Gerade ist die witzigste Szene dieser Folge zu sehen: die Stelle mit dem Kistenstapel mitten auf der Straße, die Ted, der von der Bombe im Milchwagen erfahren hat, jetzt umständlich aus dem Weg räumt, damit Father Dougal, der Aushilfs-Milchmann, ungehindert weiterfahren kann – dies alles in dem Wissen, dass Dougal in die Luft fliegen wird, sobald die Geschwindigkeit seines Milchwagens unter die magische Sechs-Kilometer-pro-Stunde-Grenze fällt. Für mich eine der komischsten Szenen, die jemals im Fernsehen gezeigt wurden, aber man muss sie selbst gesehen haben. Ich könnte mir das tausend Mal anschauen und –
    »Aua«, kreische ich.
    »Was ist los, Ali?«
    »Keine Ahnung … hab gelacht und … dann kam wieder dieser stechende Schmerz.«
    Paul hält den DVD-Player an, und das Bild friert ein. Auf der Mattscheibe kommt der Milchwagen nur Zentimeter vor dem hektisch hantierenden Ted zum Stehen, der die letzte Kiste aus dem Weg räumt. »Wo tut es denn genau weh?«, fragt er.
    Ich lege meine Hand auf den Unterbauch. Das Ziehen ist immer noch da, doch das Gefühl, als ob Rasierklingen durch meinen Unterleib schneiden, ist Gott sei Dank abgeflaut. In dem Versuch, eine etwas bequemere Haltung einzunehmen, bewege ich mich, doch wieder durchzuckt mich ein so stechender Schmerz, dass es mir die Tränen in die Augen treibt.
    »Was kann ich tun?«, fragt Paul.
    »Nichts«, sage ich. »Schätze, es ist gleich vorbei. Ich denke, es ist nichts Ernstes.«
    »So sieht das aber für mich nicht aus, Liebes. Du bist schneeweiß geworden.«
    »Ich fühle mich … Ich denke, ich lege mich lieber ein bisschen hin …« Ich fühle mich schwach und schwindelig. »Ja, ich denke, ich muss mich einfach nur ein bisschen hinlegen und entspannen.«
    »Ich helfe dir die Treppe rauf.«
    Er stützt mich, als ich auf die Beine komme und langsam Richtung Treppe gehe. Mit jedem Schritt wächst die Angst, dass der schreckliche Schmerz zurückkommen könnte. Jetzt, da ich stehe, ist mir sogar noch schummeriger. Ich schlurfe aus dem Zimmer, durch den Flur und auf den Treppenabsatz. Wie in Zeitlupe nehme ich Stufe für Stufe für Stufe … Mann, so wird das ewig –
    Paul : Ich stehe hinter ihr, als sie umfällt, und ich hab keine Ahnung, wie ich es geschafft hab, sie trotzdem im rechten Moment aufzufangen. Sie ist kein Schwergewicht, aber ich bin auch kein Rugby-Spieler, sondern nur ein untrainierter Schreibtisch-Hengst. Ihre

Weitere Kostenlose Bücher