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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Autohändler von Volkswagen. Die jugendliche Stimme klang genau wie eine Werbesendung für energiespendende Frühstücksflocken oder ein Ginsengpräparat. Vielleicht sollte sie sich auch eine Packung Ginseng kaufen? Ob es die auch in Fünfkilopackungen gab? Ein neuerlicher Trompetenstoß weckte sie aus ihren Überlegungen.
    »Hallo! Ist da jemand?«
    »Wie, bitte? Oh, ja. Entschuldigung, ich war gerade mit etwas anderem beschäftigt! Ja, Herr Robert Skytter, ich wollte Sie sprechen, weil doch Charlotte von Knecht am Dienstagabend bei Ihnen im Geschäft war und ihren neuen Wagen abgeholt hat. Stimmt das?«
    »Ja, natürlich!«
    »Wann ist sie gekommen?«
    »Nun, ja, nach vier Uhr, eher gegen halb fünf.«
    »Wie spät war es, als sie wieder wegfuhr?«
    Einen kurzen Moment blieb es still. Und als er antwortete, war nicht mehr der vollkommene überzeugte Unterton in seiner Stimme zu vernehmen: »Das weiß ich nicht genau. Kurz nach fünf nehme ich an.«
    »Nicht vor fünf Uhr?«
    »Nein, da bin ich mir sicher. Ich erinnere mich noch daran, dass ich die Fünfuhrnachrichten im Radio gehört habe.«
    »Aber Sie haben doch das Auto verkauft? Wie konnten Sie dann die Zeit haben, um Radio zu hören?«
    »Ja, also, wir sind eine Runde in Charlottes neuem Wagen gefahren. Sie fühlte sich etwas unsicher. Ich habe ihr einiges gezeigt.«
    »Hatte sie nicht vorher auch schon einen Golf?«
    »Ja, aber dieser ist sehr viel neuer. Mit viel mehr Raffinessen. Denken Sie nur an den stärkeren Motor, einhundertfünfzehn PS …«
    »Danke, aber ich habe einen Wagen. Übrigens, wie alt sind Sie eigentlich?«
    Jetzt blieb es für eine ganze Weile still.
    »Was hat das denn damit zu tun … zweiundzwanzig.«
    »Verheiratet oder mit jemandem zusammenlebend?«
    »Weder noch. Und Sie selbst? Sind Sie interessiert, oder …?«
    Die Reaktion kam für sie selbst überraschend, ließ sich aber nicht zurückhalten. Das Lachen stieg ihr in den Bauch hoch und explodierte an der Luft. Sie musste den Hörer hinlegen. Sie lag halb über dem Schreibtisch, während die Lachtränen ihre schon fleckige Schreibtischunterlage tränkten. Zum Schluss bekam sie einen Krampf im Zwerchfell. Mit aller Kraft sammelte sie sich, wischte sich mit dem Pulloverärmel über Nase und Augen und nahm den Hörer wieder in die Hand.
    »Hallo, entschuldigen Sie, Robert. Aber das war einfach zu komisch. Ich könnte fast Ihre Mutter sein. Wenn ich rechtzeitig angefangen hätte.«
    »Geil ey. Das ist cool, wenn man jemanden so einfach eine Freude machen kann. Übrigens, ich steh auf reife Frauen.«
    »Auf solche wie Charlotte?«
    »Charlotte von Knecht ist wirklich was Besonderes. Und nett. Und wahnsinnig hübsch.«
    »Und Sie sind sicher, dass Sie die Fünfuhrnachrichten gehört haben, als Sie im Auto saßen?«
    »Ja. Obwohl, da habe ich nicht mehr im Auto gesessen. Ich war gerade ausgestiegen. Charlotte wollte sehen, wie man den Reservereifen losmacht. Die Wagentür war offen, und da haben wir die Nachrichten gehört. Charlotte hat etwas in der Art gesagt: ›Was, ist es schon fünf?‹ Ja, und dann haben wir überprüft, ob sie auch alle Papiere und so hatte. Und dann ist sie weggefahren.«
    »Da muss es ungefähr zehn nach fünf gewesen sein. Oder genauer: siebzehn Uhr zehn.«
    »Ja, das kann hinkommen.«
    »Danke, Robert Skytter. Und entschuldigen Sie meinen Lachanfall, aber Sie haben meinen Tag gerettet.«
    »Keine Ursache. Und kommen Sie doch vorbei, wenn Sie ein gutes Auto brauchen.«
    Ach, wie doch ein schwaches Licht am Horizont einen klaren Tag versprechen konnte. Ein wenig Sonne würde nicht schaden. Sie hatte sich jetzt seit zwei Wochen nicht gezeigt. Irene spürte, wie neue Energie ihren Körper durchfloss. Sprach man nicht von »erlösendem Lachen«? Wozu brauchte sie Ginseng, ein kleiner Flirt am Telefon wirkt bei Damen, die sich den vierzig nähern, doch schon Wunder.
    Andersson saß in seinem Zimmer. Als Irene leise an den Türrahmen klopfte, fuhr er auf seinem Stuhl hoch.
    »Meine Güte, hast du mich erschreckt!«
    »Ach, hast du versucht nachzudenken? Es riecht auch schon ganz angebrannt hier.«
    Irene schnüffelte in der Luft. Er warf ihr einen müden Blick zu.
    »Wie kannst du so früh am Morgen schon so witzig sein. Aber angebrannt ist das Stichwort. Der Brand in der Berzeliigatan passt nicht zu dem Mord an von Knecht. Und gleichzeitig kommt er verdammt passend. Und dann noch das Verschwinden der Putzfrau.«
    »Ich habe mit Hannus Kumpel in Stockholm

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