Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)
besorgt um seinen Sohn.
Die Bewegungen des Kleinen Kawabata waren gequält und schwerfällig, seine Augen halb geschlossen. Das Blut war bis zu seinem weiten Hakama hinabgesickert. Er schlug nur noch halbherzig mit dem Schwert nach Tarō, als sei es sehr schwer.
Tarō hatte das Gefühl, dass es an der Zeit war, diesen Kampf zu beenden. Er sandte eine letzte Bitte an den Mitfühlenden Buddha aus.
Bitte, lass es funktionieren – um seinetwillen, wenn nicht um meinetwillen.
Er parierte einen schwachen Hieb des anderen Jungen und stieß dann mit aller Kraft und Entschlossenheit zu. Sein Schwert flog mit einer tödlichen, schnurgeraden Bewegung nach vorn wie ein Pfeil und bohrte sich in den Bauch des Kleinen Kawabata. Der Sohn des Anführers blinzelte einmal, öffnete weit den Mund, als wollte er etwas sagen, und kippte dann vornüber.
Er blieb reglos auf dem harten Boden liegen, und eine Blutlache breitete sich um ihn aus.
Kapitel 52
Mit nur leicht zitternder Stimme rief Shūsaku: »Tarō ist der Sieger!«
Tarō blickte auf. Kawabata, der Ältere, rannte von den Bänken herbei, das Gesicht kalkweiß. Heikō starrte Tarō fassungslos an. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich Aufregung, Entsetzen und Enttäuschung auf einmal. Sie sah ihn an, als sei er ein Fremder, als hätte sie es nicht für möglich gehalten, dass er es tatsächlich zu Ende bringen würde.
Tarō ignorierte alle beide. Er durfte keine Zeit verlieren.
Als Kawabata herbeieilte, beugte sich Tarō über seinen Sohn, der leblos vor ihm lag. Er erinnerte sich daran, was bei ihm zu Hause geschehen war, als Shūsaku ihn verwandelt hatte, nachdem er tödlich verwundet worden war. Und er dachte an Shūsakus Worte über das Mädchen, das ihn gerettet hatte, als er im Sterben gelegen hatte – oder vielleicht schon tot gewesen war.
Er hoffte, dass es beim Kleinen Kawabata genauso funktionieren würde.
Er beugte sich dicht hinab und biss in den Hals des Kleinen Kawabata. Das Herz des Jungen schlug nicht mehr, deshalb musste Tarō saugen, um von seinem Blut zu trinken. Es war warm und klebrig, mit einem metallenen, rostigen Beigeschmack. Hitze breitete sich in seinem Körper aus, ein Gefühl wachsender Kraft. Er war nicht ganz sicher, was er tun musste, doch er griff nach seinem Schwert und zog die Klinge quer über seine Handfläche. Blut quoll hervor. Dann drehte er über dem Mund des Kleinen Kawabata die Hand um.
»Was tust du da?«, schrie Kawabata, der die Mitte des Kreises erreicht hatte, und packte Tarō an der Schulter. Tarō schüttelte ihn ab, presste seinem Sohn die Hand auf den Mund und stemmte die Zähne mit den Fingern auseinander. Er spannte sich an, spürte das Blut von seiner Hand tropfen und wiederholte im Geiste wie ein Mantra nur drei Worte: Lass es gelingen, lass es gelingen …
Kawabata zerrte ihn grob beiseite, und Tarō fiel auf den Rücken. Er blickte zu den künstlichen Sternen auf und hoffte immer noch. Er rollte sich herum, bis er den Jungen sehen konnte, neben dem der weinende Vater kniete. Kawabata hob seinen Sohn hoch und wiegte ihn in den Armen. Die ungewohnte Zärtlichkeit des Anführers hatte etwas Peinliches, zu Persönliches.
Tarō starrte den Jungen an. Es hatte nicht funktioniert.
Dann hustete der Kleine Kawabata und erbebte in den Armen seines Vaters. Er sog tief und rasselnd den Atem ein. Entsetzt ließ Kawabata ihn fallen, und der Junge schlug ein weiteres Mal auf dem Boden auf. Doch er zuckte weiter, und dann rappelte er sich mit ruckartigen Bewegungen in eine sitzende Position hoch. Er wandte Tarō das Gesicht zu und bleckte die Zähne.
Reißzähne glitzerten im Feuerschein.
Kapitel 53
Tarō und der Kleine Kawabata wurden zu den Bänken geführt, wo Heikō weinend die Arme um Tarōs Hals schlang.
»Als du … ihn getötet hast …«, stammelte Heikō. »Ich wusste ja nicht, was du vorhattest. Ich dachte … Und ich habe dir angesehen, wie sehr mein mangelndes Vertrauen dich verletzt haben muss. Es tut mir leid. Ich hätte dir vertrauen sollen.«
Tarō legte den Zeigefinger an die Lippen. »Ich konnte es dir nicht sagen. Es tut mir leid.«
Kawabata zeterte hinter ihm herum. Sein rotes Gesicht war tränennass, und seine Stimme zitterte. »Das ist eine Schande!«, rief er. »In all den Jahren des Vulkans ist so etwas noch nie vorgekommen! Tarō muss bestraft werden. Dies sollte ein Kampf auf Leben und Tod sein. Das Gesetz schreibt eindeutig vor –«
»Wenn es nach dem Gesetz ginge, wäre Euer
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