Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Titel: Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo
Vom Netzwerk:
Hand. »Für zu Hause!«
    »Danke!« Lotte steckte alles in den Schulranzen.
    »Bis zum nächsten Mal!«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen!«
    Der Opa stand an der Reling und winkte Lotte. Die Enten schnatterten wieder wie verrückt, und die Vögel flogen kreischend auf. Lotte drehte sich immer wieder mal um und winkte, bis der Opa nicht mehr zu sehen war.
    * * *
    »Sag dem Alten, wir brauchen seine Almosen nicht.«
    Lottes Mutter sagte es am Abend, als Lotte die Tomaten, Äpfel und das Ei auf den Tisch legte.
    »Sag es ihm doch selber!«
    »Ich bin froh, wenn ich mit dem gar nicht mehr reden muss!«
    »Du brauchst die Tomaten ja nicht zu essen. Ernst isst sie gerne.«
    Ernst bewegte kaum merklich den Kopf.
    »Ich glaube, wir haben uns verstanden, Fräulein. Ein für allemal, ich will weder Tomaten von ihm, noch will ich, dass du ständig bei ihm rumhängst. Ist das klar?«
    Ernst stieß Lotte unter dem Tisch heimlich mit dem Ellbogen in die Seite. Woraufhin Lotte widerwillig und leise, aber für die Mutter verständlich, Ja sagte.
    Natürlich hielt Lotte sich nicht daran. Mindestens einmal in der Woche war sie bei ihrem Großvater auf dem Boot. Auch Lebensmittel brachte sie nach wie vor mit, die sie der Mutter aber verheimlichte und zusammen mit Ernst verspeiste.
    * * *
    Als wir eines Nachmittags in der sowjetischen Zone am Gesundbrunnen nach mehreren Ring-Bahn-Fahrten ausstiegen und Lotte nicht weit von der Bahnstation entfernt inmitten von Bombenkratern und Häuserresten herumschnüffelte, hörte ich plötzlich ein leises Winseln. Lotte schien nichts zu hören.
    Ist die taub? , dachte ich, als sie schließlich fragte: »Was ist das für ein Geräusch?«
    Also doch nicht taub. Das Geräusch kam näher. Es drang unter einem Berg aus Steinen, zusammengestürzten Holzbalken und Eisenträgern hervor.
    Lotte klaubte die Steine auf, so wie die Trümmerfrauen, stapelte sie aber nicht aufeinander, sondern warf sie weit hinter sich. Dann drückte sie die Balken weg und versuchte, die Eisenträger zur Seite zu schieben, was nur in den seltensten Fällen gelang.
    Als sie schon ziemlich verschwitzt und außer Atem war und das Geräusch immer deutlicher wurde, stieß sie plötzlich auf eine Art Deckel, der groß war wie ein Tisch und fast waagerecht auf dem Boden lag.
    »Da ist eine Tür«, sagte Lotte erstaunt und lauschte. Hinter der Tür winselte es. »Mensch, das kommt von dahinter!«
    Die Tür hatte keine Klinke. Lotte hob ein armgroßes Eisenstück vom Boden auf und stieß es mehrmals gegen die Tür,so kräftig sie konnte, bis schließlich das Holz splitterte. Ein kleines Loch entstand, das immer größer wurde. Schließlich guckte zuerst eine kleine Schnauze hindurch, dann kam ein winziger, abgemagerter Hund hervorgeschlüpft. Er schleckte ganz aufgeregt an Lotte herum, die ihm immer wieder über das strubbelige, verdreckte Fell streichelte.
    »Wie bist du denn hier reingeraten?«
    Der Hund wedelte vor Freude mit dem Schwanz, als wollte er gleich abheben und davonfliegen.
    Nachdem er ausreichend gekrault war, nahm Lotte wieder die Eisenstange in die Hand und schlug weiter gegen die Tür. So lange, bis das Loch groß genug war, dass auch sie hindurchschlüpfen konnte. Eine steile Steintreppe führte unter die Erde. Es roch moderig und feucht. Lotte nahm die Streichhölzer und den Kerzenstummel heraus, der schon seit ewig langer Zeit im Ranzen steckte, und zündete ihn an. Sie blickte dabei zu mir, als wollte sie sagen: »Siehst du? Dafür trage ich das ganze Zeug im Ranzen mit mir herum!«
    Am Ende der Treppe befand sich eine dicke Stahltür, die einen Spaltbreit offen stand. Lotte schob sie vorsichtig auf und ging hindurch, mit schwitzenden Händen und pochendem Herzen. Hinter der Tür war ein langer, breiter Gang, an dessen Wänden sich ebenfalls schwere Stahltüren befanden, die zum Teil nur angelehnt waren.
    »Das ist ein Bunker!«, sagte Lotte leise, doch immer noch laut genug, dass ihre Stimme von den Wänden widerhallte.
    Hinter den Türen befanden sich kleine Zimmer. Sie waren komplett eingerichtet. In manchen standen Schreibtische mit Schreibmaschinen, Feldbetten und Regale, in denen sogar noch aufgereiht jede Menge Ordner lehnten. In anderenRegalen waren Konservendosen und unzählige Packungen Tütensuppen gestapelt.
    »Wahnsinn!«, flüsterte Lotte. »Das sind Lebensmittel in Hülle und Fülle!«
    Sie steckte von den Konservendosen und Tütensuppen so viel in den Ranzen, wie sie tragen konnte. Als die Kerze

Weitere Kostenlose Bücher