Der Oligarch
zwei Range Rover, die vor dem Landhaus geparkt waren. Neben den Autos standen zwei Männer.
»Unsere Bildauswerter glauben, dass hinter der Datscha weitere Wachposten stehen …« – der rote Punkt des Laserpointers bezeichnete drei Stellen – »… hier, hier und hier. Außerdem ist für sie offensichtlich, dass die Range Rover mal kommen, mal wegfahren. Vorgestern hat es dort zehn Zentimeter geschneit. Aber auf diesem Bild sind frische Reifenspuren zu sehen.«
»Von wann ist diese Aufnahme?«
»Von heute Mittag. Unsere Auswerter sehen Spuren, die in beide Richtungen führen.«
»Schichtwechsel?«
»Vermutlich. Oder Verstärkung.«
»Wie sieht’s mit Nachrichtenmitteln aus?«
»Obwohl die Datscha Strom hat, haben die Techniker der NSA bisher kein Festnetztelefon aufspüren können. Aber irgendjemand dort drinnen benutzt ein Satellitentelefon. Und sie haben Handysignale empfangen.«
»Können sie die Gespräche aufzeichnen?«
»Sie arbeiten daran.«
»Was wissen wir über Grundstück und Haus?«
»Sie sind auf eine Moskauer Holdinggesellschaft eingetragen.«
»Wer kontrolliert diese Holding?«
»Drei Mal dürfen Sie raten.«
»Iwan Charkow?«
»Aber natürlich«, sagte Carter.
»Wann hat er den Besitz gekauft?«
»In den neunziger Jahren, nicht lange nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.«
»Wozu um Himmels willen hat Charkow ein über zweihundert Kilometer von Moskau entferntes Stück Sumpfland mit Birken gekauft?«
»Vermutlich hat er es spottbillig bekommen.«
»Er war schon damals ein reicher Mann. Wozu diese Datscha?«
»CIA und NSA können alles Mögliche, Gabriel, aber Gedankenleser sind sie keine.«
»Wie groß ist der Besitz?«
»Mehrere hundert Hektar.«
»Was macht er damit?«
»Anscheinend nichts.«
Gabriel stand vom Tisch auf und ging zu der Projektionswand hinüber. Er blieb schweigend davor stehen, umfasste sein Kinn mit einer Hand und hielt den Kopf leicht schief, als betrachte er ein Gemälde. Sein Blick war auf eine Stelle im Wald gerichtet, die etwa zweihundert Meter von der Datscha entfernt war. Obwohl die Bäume verschneit waren und einen Großteil der Sicht versperrten, ließ das Satellitenbild drei parallele, genau gleich lange Vertiefungen im Waldboden erkennen. Sie waren zu gleichmäßig, um auf natürliche Weise entstanden zu sein. Carter kam Gabriels nächster Frage zuvor.
»Was diese Vertiefungen bedeuten, wissen die Auswerter noch nicht. Sie vermuten, dass sie von irgendeinem Bauprojekt stammen. Ganz in der Nähe haben sie weitere entdeckt.«
»Gibt’s davon ein Foto?«
Carter drückte auf eine Taste seiner Fernbedienung. Das nächste Bild zeigte die gleiche Erscheinung: drei von Birken überwachsene parallele Vertiefungen. Gabriel warf Schamron einen langen Blick zu, dann kehrte er an seinen Platz zurück. Carter schaltete den Laserpointer aus und legte ihn auf den Tisch.
»Die Fahrzeuge und die Anwesenheit so vieler Wachposten zeigen, dass sich eine wichtige Person in der Datscha aufhält. Ob das jedoch Chiara oder Grigorij ist …« Carter zuckte mit den Schultern. »Sicher feststellen lässt sich das vermutlich nur, indem wir Leute hinschicken. Die Frage ist nur: Sollen wir das aufgrund der Aussage eines russischen Killers und Entführers tun?« Sein Blick glitt über die Gesichter vor ihm. »Ich gehe wohl richtig in der Annahme, dass Sie nicht im Detail erörtern wollen, wie Sie Petrow so rasch aufspüren konnten?«
Seine Frage stieß auf drückendes Schweigen. Carter wandte sich an Gabriel.
»Muss ich annehmen, dass Sarah auch an Straftaten beteiligt war?«
»Mehrfach.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Das darf ich nicht sagen.«
»Bei Petrow?«
Gabriel nickte.
»Ich möchte sie wiederhaben. Und Petrow am liebsten auch – wenn Sie mit ihm fertig sind, versteht sich. Vielleicht kann er uns bei einigen ungelösten Fällen helfen.«
Carter deutete mit dem Kopf zu dem Satellitenfoto hinüber. »Sie haben jetzt zwei Optionen, glaube ich. Die erste Möglichkeit: Sie wenden sich an den Kreml, legen den Russen Beweise für Iwan Charkows Verbrechen vor und bitten sie, zu intervenieren.«
Diesmal antwortete Schamron. »Die Russen haben unmissverständlich klargemacht, dass sie nicht die Absicht haben, uns zu helfen. Außerdem könnten wir statt zum Kreml gleich zu Charkow gehen. Wenn wir dieses Thema bei dem russischen Präsidenten ansprechen …«
»… informiert der russische Präsident sofort Charkow«, warf Gabriel ein. »Und Charkow reagiert
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