Der Oligarch
darauf, indem er Grigorij und meine Frau ermordet.«
Carter nickte zustimmend. »Dann bleibt wohl nur die zweite Möglichkeit: Sie müssen nach Russland und sie selbst rausholen. Ehrlich gesagt haben der Präsident und ich damit gerechnet, dass Sie sich so entscheiden würden. Und er ist bereit, Ihnen beträchtliche Unterstützung zu gewähren.«
Schamron beugte sich vor und sagte heiser zwei Wörter: »Kachol velavan. «
Carter lächelte schwach. »Entschuldigen Sie, Ari. Ich spreche fast so viele Sprachen wie Sie, aber Hebräisch gehört leider nicht dazu.«
»Kachol velavan« ,wiederholte Gabriel. »Das heißt ›Blau und Weiß‹ – die Farben der israelischen Fahne. Aber für Dinosaurier wie Ari bedeutet es viel mehr. Es bedeutet, dass wir uns auf die eigene Kraft verlassen und nicht darauf zählen, dass andere uns bei selbst verschuldeten Problemen helfen.«
»Aber dieses Problem haben Sie nicht wirklich selbst verschuldet. Sie sind gegen Charkow vorgegangen, weil wir Sie darum gebeten haben. Der Präsident findet, dass wir eine gewisse Mitverantwortung tragen. Und der Präsident will Freunde auf keinen Fall im Stich lassen.«
»Welche Hilfe bietet er uns denn an?«
»Aus verständlichen Gründen können wir uns nicht an der eigentlichen Befreiung beteiligen. Da die Vereinigten Staaten und Russland einander noch mit mehreren tausend Atomraketen bedrohen, wäre es vielleicht keine gute Idee, einander auf russischem Boden zu beschießen. Aber wir können auf andere Weise helfen. Zum Beispiel können wir sie so ins Land bringen, dass Sie nicht wieder in den Kellern der Lubjanka landen.«
»Und?«
»Und wir können Sie wieder rausholen. Mit den befreiten Geiseln, versteht sich.«
»Wie?«
Carter warf einen US-Reisepass auf den Tisch. Er war burgunderrot statt blau und trug den Aufdruck OFFICIAL.
»Das ist eine Stufe unterhalb eines Diplomatenpasses. Damit genießen Sie nicht volle Immunität, aber die Russen werden es sich zwei Mal überlegen, ob sie sich mit Ihnen anlegen sollen.«
Gabriel schlug den Pass auf. Auf der Seite mit den Angaben zur Person fehlte das Foto, aber dort stand ein Name: AARON DAVIS.
»Was macht Mr. Davis?«
»Er arbeitet im Weißen Haus in dem Team, das Auslandsbesuche des Präsidenten vorbereitet. Wie Sie bestimmt wissen, ist der Präsident am Donnerstag und Freitag zum G8-Sondergipfel in Moskau. Das Vorauskommando des Weißen Hauses ist größtenteils schon dort. Ich habe veranlasst, dass es um eine Person verstärkt wird.«
»Aaron Davis?«
Carter nickte.
»Wie kommt er hin?«
»Mit dem Autoflugzeug.«
»Wie bitte?«
»Das ist die inoffizielle Bezeichnung für die C-17-Globemaster, die die Limousine des Präsidenten transportiert. Außerdem fliegt eine größere Gruppe von Secret-Service-Agenten mit. Aaron Davis geht bei einem Tankstopp im irischen Shannon an Bord. Sechs Stunden später landet er auf dem Flughafen Scheremetjewo und wird von einem Fahrzeug der US-Botschaft abgeholt und ins Hotel Metropol gebracht.«
»Und der Notausstieg?«
»Dieselbe Route, aber in Gegenrichtung. Nach Abschluss der Gespräche gibt der russische Präsident am Freitagabend ein Galadiner. Anschließend fliegt der Präsident mit dem Rest seiner Delegation und den mitreisenden Journalisten nach Washington zurück. Die Busse fahren pünktlich um zweiundzwanzig Uhr vor dem Metropol ab. Für alle Fälle halten wir falsche Pässe für Grigorij und Chiara bereit. Aber vermutlich werden die Russen keine Ausweise kontrollieren.«
»Wann bin ich in Moskau?«
»Das Autoflugzeug soll am Donnerstag kurz nach vier Uhr morgens in Scheremetjewo landen. Nach meinen Berechnungen bleiben Ihnen dann zweiundvierzig Stunden in Russland. Sie müssen nur eine Möglichkeit finden, Chiara und Grigorij aus dieser Datscha zu holen und bis Freitagabend zweiundzwanzig Uhr wieder im Metropol zu sein.«
»Ohne verhaftet oder von Charkows Heer von Killern umgelegt zu werden.«
»Dabei kann ich Ihnen nicht behilflich sein, fürchte ich. Außerdem stehen Sie vor einem dringenderen Problem. Charkows Abgesandter will morgen Nachmittag in Paris eine Antwort auf seine Forderungen hören. Wenn Sie es nicht schaffen, eine mehrtägige Fristverlängerung zu erreichen …«
Carter brachte es nicht über sich, die Konsequenz auszusprechen. Gabriel sprach sie für ihn aus.
»Dann ist dieses ganze Gespräch für die Katz.«
»Ja, das stimmt leider.«
Gabriel starrte das Satellitenfoto der Datscha unter den Bäumen an.
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