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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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ein, was Michail über die Chemikalien erzählt hatte, die die Russen auf ihre Straßen und Gehsteige sprühten. Das Zeug konnte ein Paar Schuhe binnen weniger Tage zerfressen. Sogar die Hunde weigerten sich, auf den besprühten Straßen herumzulaufen. Im Frühjahr gingen immer wieder Straßenbahnen in Flammen auf, weil nach monatelanger Säureeinwirkung viele Kabel blank lagen. So hatte sich für Michail als Kind in Russland der Frühling angekündigt – durch brennende Straßenbahnen.
    Gabriel entdeckte ihn einen Augenblick später: gleich außerhalb des Auferstehungstors neben Eli Lavon. Lavon trug seinen Aktenkoffer in der rechten Hand, um zu signalisieren, dass Gabriel nach Verlassen des Hotels nicht beschattet worden war. Moskauer Regeln … Gabriel ging durch den düsteren Torbogen nach links weiter und betrat den ungeheuer weiten Roten Platz. Am Fuß des Erlöserturms stand Uzi Navot, der zu einem schweren Wintermantel eine Pelzmütze mit Ohrenklappen trug. Die gold-schwarze Turmuhr zeigte 11.23 Uhr an. Navot gab vor, seine Armbanduhr danach zu stellen.
    »Wie war die Einreise in Scheremetjewo?«
    »Kein Problem.«
    »Und das Hotel?«
    »Kein Problem.«
    »Gut.« Navot schob die Hände in die Manteltaschen. »Kommen Sie, wir machen einen Spaziergang, Mr. Davis. Wir sollten in Bewegung bleiben.«
     
    Sie hielten auf die Basiliuskathedrale zu – indem sie wie Moskauer durch die Kälte schlurften: mit gesenkten Köpfen und gegen den eisigen Wind hochgezogenen Schultern. Navot wollte so kurz wie möglich mit Gabriel zusammen gesehen werden. Deshalb kam er sofort zur Sache.
    »Wir sind letzte Nacht zu der Datscha rausgefahren, um uns dort umzusehen.«
    »Wer ist wir?«
    »Michail und Schmuel Peled von der hiesigen Station.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Und ich.«
    Gabriel sah ihn von der Seite an. »Du bist hier, um zu überwachen, Uzi. Schamron hat deutlich gesagt, dass er dich keinesfalls in einer operativen Rolle sehen will. Du bist zu wichtig, als dass wir eine Verhaftung riskieren könnten.«
    »Mal sehen, ob ich alles richtig verstanden habe. Ich darf in einer Schweizer Bank mit einem russischen Profikiller kämpfen, aber hier nicht mal einen Waldspaziergang machen?«
    »War es das, Uzi? Nur ein Waldspaziergang?«
    »Na ja, nicht ganz. Die Datscha steht einen Kilometer von der Straße entfernt. Die Zufahrt führt durch einen Birkenwald. Sie ist so eng, dass keine zwei Wagen nebeneinander passen.«
    »Gibt es ein Tor?«
    »Kein Tor, aber die Zufahrt wird ständig von Wachleuten in einem Range Rover blockiert.«
    »Wie dicht seid ihr an die Datscha rangekommen?«
    »Dicht genug, um zu sehen, dass Charkow ständig zwei arme Schweine draußen Wache halten lässt. Und dicht genug, um eine Kamera mit Funkübertragung aufzustellen.«
    »Wie ist die Signalstärke?«
    »Nicht schlecht. Sie reicht aus, wenn wir heute Nacht nicht zwei Meter Schnee bekommen. Wir können die Haustür sehen und jeden beobachten, der kommt oder geht.«
    »Wer überwacht die Kamera?«
    »Schmuel und eine junge Frau von der hiesigen Station.«
    »Wo sind sie?«
    »In einem schäbigen kleinen Hotel in der nächsten Kleinstadt untergekrochen. Sie geben sich als Liebespaar aus. Ihr Ehemann trinkt angeblich und ist gewalttätig. Schmuel will sie retten und mit ihr ein neues Leben beginnen. Du kennst die Story, Gabriel.«
    »Die Satellitenfotos zeigen Wachen hinter dem Haus.«
    »Die haben wir auch gesehen. Dort sind ständig mindestens drei Männer stationiert. Sie stehen ungefähr hundert Meter auseinander auf zugewiesenen Posten. Mit unseren Nachtsichtgeräten konnten wir sie mühelos erkennen. Bei Tageslicht …« – Navot zuckte mit seinen schweren Schultern – »… werden sie wie Schießbudenfiguren umkippen. Wir müssen uns nur bei Dunkelheit anschleichen und versuchen, bis neun Uhr morgens durchzuhalten, ohne zu erfrieren.«
    Sie waren an der Basiliuskathedrale vorbei und näherten sich der Südostecke des Kremls. Vor ihnen lag die zugefrorene und mit grauweißem Schnee bedeckte Moskwa. Navot dirigierte Gabriel nach rechts und führte ihn den Uferkai entlang. Der Wind kam jetzt von hinten. Als sie an zwei gelangweilt wirkenden Milizionären vorbei waren, fragte Gabriel, ob Navot im Umfeld der Datscha etwas gesehen habe, das eine Änderung des Einsatzplans erfordere. Navot schüttelte den Kopf.
    »Wie sieht’s mit Waffen aus?«
    »In der Waffenkammer der Botschaft gibt es alles. Sag mir einfach, was du brauchst.«
    »Eine

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