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Der Olivenhain

Der Olivenhain

Titel: Der Olivenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Miller Santo
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glaubte, dass die Freude ihrer Mutter daher kam, dass sie erfahren hatte, wer ihre leibliche Mutter war. Sie hatte erwartet, dass Anna ihr raten würde, ihr Gewissen zu erleichtern und ihren Söhnen dasselbe Geschenk zu machen. Die Welt war voller überraschender Antworten.

5.
    Sünden
    E l izabeth wusste so gut wie nichts über die Väter ihrer Söhne. Sie wünschte, sie hätte andere Möglichkeiten gehabt. Einer ihrer Enkel hatte ihr vor einigen Jahren an Weihnachten erzählt, wie er und seine Frau per Post Sperma bestellt hatten. Alles, was sie dafür hatten tun müssen, war, die gewünschten Eigenschaften auszuwählen und zweihundert Dollar an eine Samenbank zu überweisen. Er hatte auf seine Kinder gedeutet, die gerade mit ihren Cousins und Cousinen im Garten spielten – allesamt so blond wie er und seine Frau.
    Elizabeth hatte die Väter ihrer Söhne unter den Gästen des »Red Horseshoe« ausgewählt, einer Bar in Redding. Es war ein beliebter Treffpunkt für Cowboys und Frauen mit lockeren Moralvorstellungen, so zumindest konnte man es einige Jahre nach ihrem letzten Besuch dort in der Zeitung lesen. Die Bar war schon vor vielen Jahren geschlossen worden, als das ganze Land zunehmend prüde wurde.
    Sie ging in den hinteren Teil des Hauses, wo sie ihr Schlafzimmer hatte, seit sie denken konnte. Ganz hinten in ihrem Schrank bewahrte sie eine Hutschachtel auf, und in dieser Schachtel lag ein vergilbter, zweimal zusammengefalteter Zettel. Vier Namen standen auf dem Zettel, zusammen mit vier Geburtsdaten. Es waren die Namen der Männer, die ihre Söhne gezeugt hatten. Sie hatte ihre Geldbeutel durchsucht, die Daten von ihren Führerscheinen abgeschrieben und sich dann aus den Motel- oder Pensionszimmern geschlichen.
    Warum hatte sie das gemacht? Dutzende Namen hatte sie wieder vergessen müssen, weil sie trotz sorgfältiger Planung nicht schwanger geworden war. Allein sieben Männer brauchte es, bis eines verregneten Weihnachtsabends ihr letzter Sohn gezeugt wurde. Es waren letztlich so viele gewesen, dass sie schließlich angefangen hatte, sich zu amüsieren, sich darauf zu freuen, ein schönes Kleid anzuziehen und wegzufahren.
    Johnnys Vater war jung gewesen, und auch wenn Elizabeth bei dem Gedanken errötete, so glaubte sie, dass sie seine erste Frau gewesen war. Ganze drei Mal hatte er sie genommen und ihr anschließend vom Restaurant seines Vaters in Modesto erzählt, bis er schließlich einschlief und sie sich nach Hause zurückstehlen konnte.
    Frank sagte nie etwas, wenn sie ausging. Dennoch wartete er zwei Wochen nach ihren Ausflügen nach Redding immer genauso unruhig wie sie, ob ihre Periode einsetzte oder nicht. Er liebte es über alles, wenn sie schwanger war, hielt ihr die Tür auf, wenn sie aus dem Auto stieg, und scheuchte sie von der Plantage, wenn es wärmer als zwanzig Grad und zu sonnig war. Er kümmerte sich liebevoll um die Neugeborenen, wiegte sie in seinen Armen hin und her und sang ihnen etwas auf Italienisch vor, wie einst seine Großmutter ihm.
    Callie hingegen beäugte Elizabeths Schwangerschaften argwöhnisch. Als Mädchen knuffte sie ihr in den größer werdenden Bauch und zog eine Schnute. »Kein Baby«, sagte sie. »Ich bin genug.« Frank fand das urkomisch und brachte ihr bei zu sagen: »Ich bin einzigartig.« Er versprach ihr außerdem, dass sie das einzige Mädchen bleiben würde – Elizabeth betete, dass er damit recht behalten würde. Eine Schwester hätte Callies Kinderseele gebrochen, dessen war sie sich heute sicher.
    Die Namen auf dem Zettel erschienen Elizabeth wenig spektakulär. Nach all den Jahren, in denen sie sie immer wieder gelesen und sich gefragt hatte, was wohl aus ihnen geworden war, stellte sie nun überrascht fest, wie einfach diese Namen klangen: Joseph Appleton, Gary Chandler, Michael Adams, Elton Petrik. Sie wäre nicht überrascht, wenn sie inzwischen alle tot wären. Warum hatte sie die Namen eigentlich aufbewahrt? Damit ihre Söhne, deren Kinder oder Enkelkinder eines Tages Eltons Urenkel ausfindig machen und ihm sagen könnten, dass sie miteinander verwandt waren? Sie knüllte das Papier zusammen und ließ es auf den Boden fallen.
    »Grandma?« Erins Stimme hallte durch den Flur.
    Schnell tat Elizabeth einen Schritt zurück, um die Schranktür zu schließen. Dabei stolperte sie über die Hutschachtel, die sie neben das Bett gestellt hatte, fiel hintenüber und knallte mit dem Ellbogen gegen die Frisierkommode. Es tat einen heftigen Schlag, und im

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