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Der Olivenhain

Der Olivenhain

Titel: Der Olivenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Miller Santo
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verhielten sich goldrichtig und würden es im wirklichen Leben draußen auch schaffen. Die dritte Frau schien trotzig und aggressiv. Herausfordernd starrte sie in die Runde; ihr kleiner, drahtiger Körper wirkte verkrampft. Im Knast hatte Deborah gelernt, andere Menschen schnell einzuschätzen. Die kleine Latina kam vermutlich aus Guatemala, jedenfalls deuteten ihr flächiges Gesicht, die breiten Wangenknochen und die glatten, schwarzen Haare darauf hin.
    Ein Beamter kam hinter dem Schalter hervor und taxierte die Frauen, als wollte er sie ausziehen. Dann tippte er den beiden Schwarzen auf die Schulter und sagte: »Ferris und Sutton, in den Besucherbereich. Dort wartet schon die Familie. Ripplinger und Serna, Sie werden zur Greyhound-Station nach Fresno gebracht, dort nehmen Sie den nächsten Bus in den für Sie zuständigen Bezirk. Sie haben genau vierundzwanzig Stunden Zeit, sich bei Ihrem Bewährungshelfer zu melden.«
    Deborah erstarrte. Ihr Hirn raste, doch ihr wollte einfach keine plausible Erklärung einfallen, warum Erin nicht auf sie wartete.
    Er nahm ihr als Vorletzter die Handschellen ab. Im freundlichsten Ton, zu dem sie fähig war, versuchte sie dem Beamten klarzumachen, dass es sich um ein Missverständnis handeln musste. »Ich bin sicher, dass meine Tochter im Besucherbereich auf mich wartet. Wir haben gestern noch miteinander telefoniert, sie weiß, dass ich heute entlassen werde. Vielleicht ist sie nur etwas spät dran, sie ist schwanger, und die Fahrt von Kidron ist ziemlich weit …«
    »Sie ist nicht da.«
    »Aber sie muss da sein! Können Sie sie nicht ausrufen lassen?«
    »Sie hätte sich bis spätestens neun Uhr am Tor melden müssen, das ist Vorschrift. Hat sie aber nicht. Also fahren Sie zusammen mit Serna nach Fresno.«
    Er packte Serna roh bei den Schultern, um ihr ebenfalls die Handschellen abzunehmen. »Denk nicht mal dran«, zischte er warnend, als Serna die Lippen gefährlich kräuselte und drauf und dran war, ihm ins Gesicht zu spucken.
    Dann warf er den Frauen Pakete mit Kleidung zu, die Freunde oder Familienangehörige geschickt hatten. Für Serna aus Guatemala war keines dabei. Alle bekamen eine Mappe ausgehändigt mit zweihundert Dollar Entlassungsgeld, einem Lichtbildausweis und einer Informationsbroschüre über die Bewährungsauflagen.
    Um ihren hochkochenden Zorn zu unterdrücken, umklammerte Deborah die Mappe so fest, dass die Pappe einknickte. Serna drückte ihr sanft die Schulter. Lass dich von diesen Hurensöhnen nicht provozieren, sagte ihr Blick.
    Gerade kamen die beiden Schwarzen aus dem Umkleideraum und wurden in Straßenkleidung zum Besucherbereich geführt. Mit einer Kopfbewegung bedeutete der Beamte nun Deborah, sich umzuziehen. Frustriert trat sie in der Kabine gegen die Wand und überlegte fieberhaft, wie Erin ihr das antun konnte. Deborah hatte ihr wochenlang eingebläut, sich unbedingt bis neun Uhr früh am Tor zu melden. Sie zog die schlabberige Leinenhose hoch, die garantiert Bets ausgesucht hatte, und versuchte, sich Gründe für Erins Ausbleiben auszumalen. Gab es ein Problem wegen der Schwangerschaft? Oder einen unvorhersehbaren Notfall bei Anna oder Frank? Sie glaubte nicht.
    Sie schämten sich ihretwegen. Ihre Familie hatte sich immer wegen ihr geschämt. Dafür, dass sie so früh schwanger geworden war, dann die Sache mit Carl, und nun fürchteten sie wohl, dass Deborah ihr wohlgeordnetes kleines Leben in Hill House stören könnte. Sie stopfte sich den Ärmel des Anstaltsoveralls in den Mund und schrie aus Leibeskräften.
    Da hörte sie eine Stimme mit leichtem Akzent sagen: »Wenigstens musst du nicht das hier anziehen.« Serna trat hinter einer Trennwand hervor und zeigte ihr ein unförmiges, quietschbunt geblümtes Hawaii-Kleid. »Dafür haben die mir vierzig Dollar abgeknöpft, und dann wollten sie noch fünf extra für Unterwäsche. Ich hab ihnen erklärt, dass ich keine Unterwäsche trage, aber blechen musste ich trotzdem.«
    »Das ist echt Scheiße«, sagte Deborah, spritzte sich Wasser ins Gesicht und zog dann ein gelbes T-Shirt über den Kopf.
    »Hast recht, alles Scheiße«, knurrte Serna. »Warum hast du gesessen?«
    »Hab meinen Typen erschossen.«
    Serna zog die schmalen Brauen hoch. »Echt? Hätte ich nicht gedacht. So fies siehst du gar nicht aus, eher nach Kreditkartenbetrug oder so was in der Art.«
    »Und du?«
    »Die haben mich wegen einem Sexualdelikt festgenagelt.« Serna schälte sich aus ihrem Overall und warf sich das weite Kleid

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