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Der Olivenhain

Der Olivenhain

Titel: Der Olivenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Miller Santo
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aufreißen konnte. »Ich hätte am Busbahnhof am besten ein Ticket zurück nach Chowchilla lösen sollen.«
    »Dort hast du den Stress mit der Auswahl sicher nicht, das stimmt«, sagte Erin und versuchte zu lächeln. »Sandwich oder Eintopf, Tee oder Kaffee, zum Mitnehmen oder Hieressen …«
    »Könntest du mich bitte ernst nehmen? Hier läuft gerade einiges schief, und das liegt nicht daran, dass eine von uns heute früh mit dem falschen Fuß aufgestanden ist.«
    »Jetzt wirst du aber ungerecht«, sagte Erin und schlürfte ihren Milchshake.
    »Warum warst du heute früh nicht am Tor in Chowchilla?«
    »Ich sagte doch schon, ich bin nicht in die Gänge gekommen.«
    »Und woran lag das? Heute ist ein wichtiger Tag für uns beide!«
    Erin erhob sich und griff nach dem Nummernschild. »Ich möchte nicht darüber reden.«
    »Setz dich sofort wieder hin.« Deborahs schrille Stimme übertönte das geschäftige Hintergrundraunen.
    Von hinten sah man ihrer Tochter nicht an, dass sie schwanger war. Sie ging auf die Theke zu. Deborah merkte, dass die Leute sie anstarrten, als sie versuchte, ihre Tochter zurückzupfeifen. »Erin Elizabeth Ripplinger, komm sofort zurück.«
    Erin drehte sich nicht einmal um. Diese Zurückweisung traf Deborah wie ein Schlag. Sie musste sich buchstäblich an ihrem Glas festhalten, um nicht den Halt zu verlieren. Konzentriert nippte sie an ihrem Eistee und beobachtete ihre Tochter, die an der Theke aufs Essen wartete. Sie ließ sich die Speisen einpacken und ging dann ohne zu zögern hinaus.
    Ein älterer Mann am Nebentisch beugte sich zu Deborah hinüber und raunte ihr verschwörerisch zu, dass er die Erfahrung gemacht habe, es sei allemal besser nachzugeben, als stehen gelassen zu werden. Deborah nickte zustimmend und trank erst den Eistee und danach den suppigen Milchshake aus, den Erin einfach stehen gelassen hatte. Dann verließ sie das Café.
    Der Wagen stand nicht mehr dort, wo sie ihn abgestellt hatten. Hektisch suchte Deborah die belebte Hauptstraße nach ihm ab, dann hörte sie hinter sich ein lautes Hupen vom Parkplatz. Sie drehte sich um. Erin saß im Auto und aß ein Sandwich. Sie überlegte, ob ihre Tochter tatsächlich weggefahren und wiedergekommen war oder nur das Auto in den Schatten gestellt hatte.
    Im Wageninnern roch es nach Schinken. »Ich dachte, du bist Vegetarierin.«
    »Du kennst mich eben nicht«, erwiderte Erin und reichte ihr die Tüte mit dem Essen.
    Deborah inspizierte den Inhalt. »Murphey ist wohl Kartoffelsalat.«
    Erin zuckte mit den Schultern. »Wenn ich mit Grandma Bets hier war, hatte ich immer das Gefühl, dass sie eine Geheimsprache sprach.«
    »Ihr beide steht euch sehr nahe. Als du noch ein Baby warst, konnte nur sie dich beruhigen, wenn du eine Kolik hattest.«
    Deborah zupfte ein Stück vom Brot ab und suchte in der Tüte nach einem Löffel für den Eintopf. Erin rückte den Fahrersitz bis zum Anschlag nach hinten, dann wandte sie sich Deborah zu und sah ihr fest in die Augen. Plötzlich war es im Wagen sehr eng. »Bets hat heute Morgen dafür gesorgt, dass ich dich doch abhole, obwohl ich kalte Füße bekommen habe. Sie sagte, es sei an der Zeit, dass ich lerne, zu den Dingen zu stehen, die ich mir erkämpft habe.«
    »Du wolltest also gar nicht kommen?« Das beißende Gefühl, nicht willkommen zu sein, kroch unaufhaltsam in Deborah hoch, höher und höher.
    Erin sah auf ihren dicken Bauch.
    Deborah wiederholte die Frage. Mit jedem Mal wurde sie lauter.
    »Lass es mich erklären«, bat Erin. »Halte für eine Sekunde die Luft an und lass mich ausreden.«
    Die Stelle am Hals, an der Deborah seit der Bestellung unablässig herumgekratzt hatte, fing jetzt zu bluten an. Erin nahm ihr Halstuch ab und tupfte ihr behutsam das Blut ab. »Das darfst du nicht tun«, sagte sie leise. »Hör mir einfach mal zu.«
    Deborah bemühte sich, doch im Grunde kannte sie Erin nicht gut genug, um zu begreifen, was sie sagte. Ihre Gedanken schweiften ab in die Vergangenheit, als sie ihrer Tochter das letzte Mal eine richtige Mutter gewesen war. Damals, wenige Tage vor Carls letzter Heimkehr, hatten sie am Ufer des Sacramento River im Park gespielt. Der kleine Spielplatz dort war dick mit Sägespänen ausgelegt, die meist süßlich dufteten, doch weil es geregnet hatte, rochen sie modrig. Erin schaukelte, und Deborah schubste sie so lange an, bis beide keine Kraft mehr in den Armen hatten. Dann wollten sie Steine übers Wasser hüpfen lassen.
    Durch die Schneeschmelze war der

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