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Der Omega-Punkt: Roman (German Edition)

Der Omega-Punkt: Roman (German Edition)

Titel: Der Omega-Punkt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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etwas Physiologisches, jedes Mal dasselbe Auge, eine routinemäßige Funktionsstörung, unbedeutend, kommt bei Menschen eines gewissen Alters vor. Er drehte sich um und schaute. Jemand da, aber dann war sie’s nicht.
    Ich zählte wieder die Tage, wie ich es am Anfang getan hatte. Vermisst gemeldete Tage. Einer von uns war fast immer auf der Terrasse und hielt Wache. Wir taten das bis weit in die Nacht hinein. Es wurde zu einem Ritual, einem religiösen Gebot, und oft, wenn wir beide da draußen standen, völlig ohne Worte.
    Wir hielten die Tür zu ihrem Zimmer geschlossen.
    Er glich allmählich einem Einsiedler, der etwa in einer Hütte auf einem verlassenen Bergwerksgelände hauste, ein ungewaschener alter Mann, zittrig, stopplig, Argwohn im Blick, Angst vor jedem Schritt, dass da jemand oder etwas warten könnte.
    Er nannte sie jetzt Jessica, bei ihrem echten Namen, ihrem Geburtsnamen. Er sprach in Bruchstücken, öffnete und schloss ständig die Hand. Ich konnte dabei zusehen, wie er beharrlich immer weiter nach innen getrieben wurde. Die Wüste war hellseherisch, daran hatte er immer geglaubt, dass die Landschaft entfaltet und enthüllt, dass sie die Zukunft ebenso kennt wie die Vergangenheit. Aber jetzt fühlte er sich von ihr eingeschlossen, und das konnte ich verstehen, eingekeilt, bedrängt. Wir standen draußen und spürten, wie die Wüste immer näher auf uns zukam. Steriler Donner schien über den Hügeln zu hängen, Sturmlicht rauschte auf uns zu. Hundert Kindheiten, sagte er dunkel. Was meinte er, den Donner vielleicht, ein leises erinnerungsträchtiges Rumpeln, das an den Jahren entlang zurückhallte.
    Er fragte mich zum ersten Mal, was geschehen sei. Nicht was ich dächte oder vermutete oder mir vorstellte. Was ist geschehen, Jimmy? Ich wusste nicht, was ich zu ihm sagen sollte. Nichts, was ich zu ihm hätte sagen können, wäre wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher gewesen als etwas anderes. Es war geschehen, was immer es war, und es hatte keinen Sinn, sich rückwärts hineinzudenken, obwohl wir das natürlich weiter tun würden, ich jedenfalls. Er hatte die vertraute Vergangenheit, an die er zurückdenken konnte, seine und ihre und die ihrer Mutter. Das war ihm übrig geblieben, verlorene Zeiten und Orte, das wahre Leben, immer wieder.
    Ein Anruf, spät eines Nachts, die Mutter.
    »Ich glaube, ich weiß seinen Namen.«
    »Sie glauben, Sie wissen ihn.«
    »Ich habe geschlafen. Und dann wach ich mit seinem Namen auf. Er heißt Dennis.«
    »Sie glauben, er heißt Dennis.«
    »Er heißt Dennis, ganz sicher.«
    »Vorname Dennis.«
    »Sonst habe ich nichts gehört, Vorname. Ich bin eben aufgewacht, er heißt Dennis«, sagte sie.
    Nachts waren die Zimmer Uhren. Die Stille war nahezu vollkommen, kahle Wände, Dielenböden, Zeit hier und da draußen, auf den hohen Pfaden, jede vergehende Minute eine Funktion unseres Wartens. Ich trank, er nicht. Ich wollte es nicht zulassen, dass er trank, und ihm schien es egal zu sein. Sonnenuntergänge waren jetzt nur noch ersterbendes Licht, nichts sonst, das Ausblenden des glücklichen Zufalls. Wochenlang hatte es nichts anderes zu tun gegeben als Reden. Jetzt: nichts zu sagen.
    Der Name klang ominös, Jessica, klang nach einer förmlichen Kapitulation. Ich war der Mann, der beobachtend im Dunkel gestanden hatte, während sie im Bett lag. Was immer Elsters Gefühl der Betroffenheit war, das Wesen seiner Schuld und seines Scheiterns, ich teilte es. Er saß da, öffnete und schloss die Hand. Als er Helikopter hörte, deren Knattern aus dem Sonnenlicht herunterschlug, schaute er überrascht hoch, immer, dann fiel ihm wieder ein, warum sie da waren.
    Wir testeten oft, wo der Handyempfang am besten war, der eine hierhin schauend, der andere dorthin, im Haus, draußen, anrufend und angerufen werdend, Telefon an einem Ohr, freie Hand am anderen, er auf der Terrasse, ich vierzig Meter entfernt auf dem Pfad. Ich versuchte, uns nicht zu beobachten, während wir das taten. Ich wollte drinbleiben, wo dieser Tanz nichts als eine praktische Angelegenheit war. Ich wollte mich vom Sehen befreien.
    Ich fing an, die Hanteln zu benutzen, die er vorher gefunden hatte. Ich stand in meinem Zimmer, stemmte und zählte. Ich rief die Parkranger und den Sheriff an. Ich konnte nicht vergessen, was der Sheriff gesagt hatte. Leute kommen in die Wüste, um sich umzubringen. Ich wusste, ich musste Elster fragen, ob sie jemals Tendenzen dazu gezeigt hatte. Jessica. War sie bei einem Arzt in

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