Der Osmanische Staat 1300-1922
genealogisch-chronologisches Tafelwerk Takvim al-tevärih
wurde 1648 abgeschlossen, die Marine-Geschichte Tuhfat al-kibär fi asfär albihär 1656. Cihän-nümä ist das Hauptwerk der historischen Geographie des
17. Jahrhundert [vgl. den Art. Kätib Celebi in EI2]. Wenig bearbeitet wurde die
Historiographie das 18. Jahrhunderts, die besondere philologische Anforderungen an heutige Forscher stellt. In vielen Fällen bilden die soliden Artikel der
Ishim Ansiklopedisi und verstreute Aufsätze das Forschungsmaterial. Die umfangreichen, von E. Z. KARAL [229] und St. SHAW [448] benutzten Darstellungen
der Reformen Selim III. bleiben weithin ungedruckt. Eine wichtige Ausnahme ist
die Chronik des ÄsIM Efcndi (1755-1819), die vom Friedenschluß von Sistova
(1791) bis zum Thronantritt Mahmüd II. (1808) reicht. Über die Geschichtsschreibung unter seinem Nachfolger Mahmüd 11. kann nur auf einen
Aufsatz verwiesen werden [125: M. KÜTÜKO LU].
19. Jahrhundert
Die osmanische Historiographie des 19. Jahrhunderts wurde noch nicht zusammenfassend behandelt [vgl. als Skizze den Art. von E. KURAN in LEwis u.
HoLT (Hg.): 1081. Unter den Geschichtsschreibern hat v.a. AHMED CEVDET
PASCHA (1822-1895) die Forschung beschäftigt. Die Tärih-i Cevdet als Hauptwerk des prominenten Rechtsgelehrten, Historikers, Philologen und Staatsmanns
behandelt auf über 4000 Druckseiten die Jahre 1774-1826. Ihrer Entstehungsgeschichte über drei Jahrzehnte geht CH. K. NEUMANN nach, wobei sich
der Vergleich der zwei Ausgaben der Tärih als sinnvoll erwies. Hier wird versucht,
ohne ein eigentlich quellenkritisches Interesse zu verfolgen, das Werk dem
Spannungsfeld von Fortschrittlichkeit und Reaktion entziehen und die Chronik
am Beispiel von drei Themenkomplexen (1. ilmiye, 2. Absetzung Selim III.,
3. Geschichtswissenschaft) als „Plädoyer für die Tanzimät" zu lesen [126]. Der
umfassend gebildete Arzt und Historiker HAYRULLÄH (St. 1866) benutzte als erster
moderner türkischer Verfasser in größerem Umfang westliche Quellen (unter
anderem HAMMER). Sein Werk führt aber nicht über das frühe 17. Jahrhundert
hinaus.
Lokalchroniken
Zu Ortsgeschichten, die teilweise eng mit eher literarischen Genres (wie den
sogenannten jehrengiz, eine Art „Städtelob") und Sammelbiographien verbunden
sind, fehlen allgemeine Untersuchungen. Beispielhaft sei wegen seiner minutiösen
Journalführung der sogenannte BASESKIJA für Sarajevo im 18. Jahrhundert hervorgehoben [127: M. MuJEZINov1 ]. An der Schwelle zur modernen „Heimatkunde" steht HÜSEYIN HUSÄMEDDINS sehr umfangreiche Geschichte von
Amasya [128].
Biobibliographische
Sammelwerke
Die sogenannten tezkires bilden einen bis heute nur sehr unvollkommen
genutzten Fundus bio-bibliographischen Materials v.a. zu den Mitglieder des
ulemä-Korps und ihrer Karrierewege [129: ZILFI]. Allein ATÄ`i (St. 1635) hat für
einen Zeitraum von 78 Jahren ca. 1000 Biographen von ulemä und Ordensscheichen zusammengestellt, sein Nachfolger $EYHI [768: UGUR] mehr als 2000 (unter Einschluß von Dichtern). Als Zugang zu diesem Genre eignet sich die
Einleitung zu H. G. MA1r:RS Buch über die Familie der U~äki-Zäde. Eine inhaltliche Aufschlüsselung der tezkires enthält der erste und einzige Band von
LEVENDS Literaturgeschichte [131]. Einige wichtige tezkire-Werke sind jetzt im
Faksimile herausgeben und durch Indices erschlossen. In den Einleitungen dazu
hat A. OZCAN auch wichtige Beobachtungen zu diesen durchaus nicht trockenen
Materialsammlungen festgehalten [132]. Die deutsche Übersetzung des
TMKÖPRÜ-ZÄDE von O. RESCHER vermittelt auch Nichtorientalisten eine Vorstellung von diesem wichtigen Genre. Ein postosmanisches ulemä-Werk beruht
ausschließlich auf Personalakten des Bäb-1 Fetva [133: ALBAYRAK].
Reisebeschreibungen
Zum monumentalen Seyähat-näme des EVLIYÄ (ELEB1 (st. nach 1683), der zu
den neuzeitlichen Reisenden im Weltmaßstab gehört, existiert eine wachsende
Forschungsliteratur [als Schlüssel 134: DANKOFF u. KREISER]. Eine gute kartographische Darstellung seiner Pilgerfahrten gibt es vorerst nur für Anatolien
[65: LAUT]. Von einigen Werkteilen sind verläßliche Ausgaben und Übersetzungen
(u. a. Bitlis, Diyarbekir, Manisa, Albanien; Wien, Sudan) erschienen. Sehr wenig
herangezogen wurde das zu einem beträchtlichen Teil noch unveröffentlichte
osmanische Material des 19. Jahrhundert über periphere Provinzen (Jemen, Trablus), Teile Afrikas und Asien, aber
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