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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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ballten sich zu Fäusten und er neigte ganz leicht den Kopf. Er konnte die Umarmung akzeptieren oder sie schlagen.
    Doch dann sah Sin, wie er sich aufrichtete, als ihm einfiel, dass er kein Mensch war und noch andere Möglichkeiten hatte.
    Â»Mae«, sagte er mit der tonlosen Stimme, mit der er sprach, seit sich Alan in der Morgensonne umgedreht hatte, »ich will, dass du gehst.«
    Aus hundert Nächten auf dem Jahrmarkt der Kobolde kannte Sin das Gefühl der Magie, die schwer in der Luft hing. Sie wusste zwischen kleiner Magie, die sanft wie ein Leuchtkäfer über die Haut schwirrte, und starker Magie zu unterscheiden, die wie Wind in den Ohren rauschte. Und sie kannte das Gefühl, wenn Magie sich veränderte und dunkel wurde.
    Und sie wusste sofort, dass Mae nicht aus freiem Willen erstarrte und steif von Nick zurücktrat.
    Â»Nick«, sagte Mae entsetzt und legte die Hand an das Dämonenmal an ihrer Kehle.
    Sie machte einen weiteren Schritt zurück, sodass Nick an ihr vorbeigehen konnte.
    Dazu hatte er kein Recht. Mit zitternden Fingern zog Sin ihr Messer, doch es glitt ihr aus der Hand wie eine flüchtende Schlange und schlug gegen die Wand.
    Â»Nick«, wiederholte Mae, und als sie das Ausmaß seines Verrats begriff, war kein Schluchzen mehr in ihrer Stimme. Sie war wütend.
    Ihre Füße zogen sie weiter Richtung Tür, einen Schritt nach dem anderen, so ungelenk wie eine Puppe. Sie versuchte, sich an den Wänden festzuhalten und griff danach, bis ihre Arme neben ihren Körper gezwungen wurden.
    Selbst als ihre Finger nach dem Türschloss griffen, wandte sie noch den Kopf.
    Â»Das verzeihe ich dir nie!«, erklärte sie.
    Nick sah sie nicht einmal an. »Ist mir egal.«
    Die Tür schlug hinter Mae zu. Sin sah Nick an, der an ihr vorbei in die Küche ging. Sie stand in der Tür und beobachtete ihn.
    Â»Das war …«
    Â»Unmenschlich?« Nick nahm sich einen Stuhl und ließ sich darauf fallen. »Na sieh mal einer an.«
    Â»Grausam.«
    Nick zeigte die Zähne.
    Â»So sind wir nun mal«, antwortete er. »Willst du wissen, wie es ist, besessen zu sein?«
    Sin konnte nicht antworten. Ihr Mund war plötzlich trocken geworden. Sie lehnte sich an den Küchentresen und hielt sich daran fest, denn eine Stütze oder etwas, woran sie sich festhalten konnte, war das Einzige, was ihr Trost bieten konnte.
    Â»Ich weiß genug über Besessenheit«, sagte sie schließlich mit brüchiger, papierdünner Stimme. »Ich war jeden Tag bei meiner Mutter, bis sie starb.«
    Sie versuchte, nicht an die hallenden weißen Gänge im Haus des Mezentius zu denken, nicht an die Schreie aus den anderen Zimmern. Sie versuchte, nicht an die Schreie aus ihrem eigenen Zimmer zu denken oder daran, welche Angst sie gehabt hatte, der Dämon könne sie selbst angreifen, sodass sie nicht mehr tanzen könnte; wie der Körper ihrer Mutter sich gewunden hatte wie der eines Gefangenen auf der Folterbank und wie sie sich so furchtbar schnell verändert hatte. Ihre wunderschöne Mutter.
    Oh Gott, Alan.
    Sin hielt sich am Tresen fest, bis ihr die Knochen wehtaten. Sie durfte sich nicht gehen lassen. Gleich würde sie zu den Kindern gehen.
    Nein, erst würde sie ins Bad gehen und sich die Spuren von Asche und Tränen abwaschen. Sie durften sie so nicht sehen.
    Â»Du kennst Besessenheit nicht so wie ich«, sagte Nick. Er saß am Tisch, den Kopf über die Arme gesenkt, und betrachtete seine Fingerknöchel. Seine Stimme klang gemessen und furchtbar kalt. »Du kennst sie nicht von der Innenseite.«
    Â»Hör auf!«
    Â»Zuerst schlüpft man hinein, und sie wehren sich unglaublich, weil sie nicht fassen können, dass ihnen so etwas geschieht. Also foltert man sie. Man martert sie, und sie schreien in ihren eigenen Köpfen, und man lacht über sie, weil man der Einzige ist, der sie je wieder hören kann.«
    Sin schloss die Augen und atmete konzentriert ein und aus. Sie würde nicht über Alan nachdenken, sie würde nicht die Fassung verlieren. Sie musste an die Kinder denken.
    Â»Dann fangen sie an zu betteln und der Teil ist wirklich lustig. Man hasst sie schon allein dafür, dass sie Menschen sind und die Wärme der Welt seit Jahren in sich aufgenommen haben, ohne dass sie es zu schätzen wussten. Man will, dass sie kriechen. Und dann foltert man sie noch ein wenig mehr, nur weil es so viel Spaß

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